Soziale Politik

Streit um's Bürgergeld: So hart sind die Sanktionen wirklich

Die Bundesregierung will bei der neuen Grundsicherung Arbeitsverweigerern die Leistungen entziehen. Dabei gibt es aber Grenzen. „Wer mitmacht, hat überhaupt nichts zu befürchten“, stellt SPD-Chefin und Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas klar.

von Lea Hensen · 4. November 2025
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas am Kabinettstisch in Berlin: Die SPD-Chefin betont, bei Sanktionen in der Grundsicherung wolle man „nicht die Falschen treffen“. Dazu gehören für sie Familien sowie Menschen mit gesundheitlichen Problemen und psychischen Erkrankungen.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas am Kabinettstisch in Berlin: Die SPD-Chefin betont, bei Sanktionen in der Grundsicherung wolle man „nicht die Falschen treffen“. Dazu gehören für sie Familien sowie Menschen mit gesundheitlichen Problemen und psychischen Erkrankungen.

Die Debatte um härtere Sanktionen beim Bürgergeld ist so alt wie das Bürgergeld selbst. Dieses löste nach einer Sozialreform der Ampel-Koalition im Januar 2023 das vormalige Arbeitslosengeld II ab. Die Grundidee war mehr Vertrauen statt Kontrolle: Erwerbslose sollten bei einer nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt unterstützt werden, damit sie nicht immer wieder neu in der Grundsicherung landen. Doch schnell wurden Rufe nach strengeren Regeln lauter.

Um das Gleichgewicht zwischen Solidarität und Eigenverantwortung zu stärken, dreht die schwarz-rote Bundesregierung die Reform nun teilweise zurück. Aus dem Bürgergeld soll im Jahr 2026 eine neue Grundsicherung werden, der Gesetzesentwurf soll noch dieses Jahr in den Bundestag gehen. Kernstück der Novelle sind verbindlichere Rechte und Pflichten. „Wer mitmacht, der hat überhaupt nichts zu befürchten“, sagte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), betonte aber an anderer Stelle: „Wer nicht mitmacht, wird es schwer haben.“

Bürgergeld geht auch an 1,5 Millionen Kinder und Jugendliche

Viele fragen sich: Wie groß sind die Unterschiede zum Bürgergeld wirklich? Um das einordnen zu können, lohnt sich ein Blick auf die Fakten: Das Bürgergeld soll Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum sichern. In Deutschland beziehen es rund 5,5 Millionen Personen, bei Weitem nicht alle von ihnen stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. 1,5 Millionen sind Kinder und Jugendliche. Weitere rund zwei Millionen sind nicht verfügbar, weil sie zum Beispiel eine Weiterbildung absolvieren, studieren oder in Ausbildung sind, Kinder erziehen oder Angehörige pflegen. Zu ihnen gehören auch die rund 800.000 „Aufstocker“, die bereits arbeiten, aber zu wenig verdienen. Bleiben rund 1,9 Millionen Arbeitslose, die tatsächlich arbeiten könnten.

Schwarz-Rot will diese Menschen schneller in Arbeit bringen. Insbesondere bei jungen Menschen werde man weiter auf eine nachhaltige Eingliederung in den Arbeitsmarkt achten, heißt es. Wer aber schon gute Chancen auf einen Job hat, soll ihn auch annehmen. Anderenfalls drohen Sanktionen. Der Begriff der „Totalverweigerer“ ist das politische Schlagwort der Debatte, auch wenn es nur sehr wenige Menschen betrifft. Nur rund 0,6 Prozent der insgesamt vier Millionen Erwerbsfähigen wurden 2024 wegen Verweigerung einer Arbeit oder Weiterbildung sanktioniert. Die weitaus meisten Sanktionen erfolgten wegen versäumter Termine.

Arbeitsverweigerern sollen Leistungen komplett gestrichen werden

Arbeitsverweigerern will die Bundesregierung die Leistungen vollständig streichen. Das klingt nach einer extremen Verschärfung – immerhin hatte das Bundesverfassungsgericht 2019 Kürzungen von höchstens 30 Prozent für zulässig erklärt. Die 100-Prozent-Sanktion war seitdem nur unter strengen Vorgaben möglich. Die Ampel-Koalition führte sie im Frühjahr 2024 für eine Dauer von bis zu zwei Monaten ein, wenn jemand zwei Jobs innerhalb eines Jahres ablehnte. Faktisch wurde sie fast nie verhängt. Schwarz-Rot will nun gesetzlich festlegen, dass beim ersten grundlos abgelehnten Job die Grundsicherung für mindestens einen Monat gestrichen wird. Länger als zwei Monate ist das auch in Zukunft nicht möglich.

Regierung auf
Reformkurs

 

Schwarz-Rot will mit der Reform der Grundsicherung den Sozialstaat effektiver und damit gerechter machen.

Das Bürgergeld ist eine Sozialleistung, die nicht nur Arbeitslose erhalten. Der Empfängerkreis ist viel größer. Von 5,4 Millionen Bezieher*innen sind rund 4 Millionen erwerbsfähig.

Kürzungen sollen künftig sofort greifen

Wegen des Karlsruher Urteils waren Kürzungen von maximal 30 Prozent erlaubt. Sie bildeten Stufe 3 in einer Staffelung von Sanktionen. Künftig greifen sie sofort. Wer keine Bewerbungen schreibt oder Schulungen nicht besucht, bekommt die Leistung für drei Monate um 30 Prozent gestrichen. Wer ohne guten Grund zwei Termine im Jobcenter versäumt, muss einen Monat lang mit 30 Prozent weniger auskommen. Beim dritten verpassten Termin wird die Geldzahlung komplett gestrichen, Mietzahlungen gehen dann direkt an den Vermieter. Stellt sich die Person auch im Folgemonat nicht vor, gilt sie als nicht erreichbar. Das Jobcenter sieht sich dann nicht mehr zuständig und stellt alle Zahlungen inklusive der Miete ein. So wird es schon jetzt vielerorts gehandhabt. Die Bundesregierung will dafür eine rechtssichere Regelung schaffen.

Strengere Regeln wird es auch beim Vermögen und den Wohnkosten geben. Bei den Ersparnissen entfällt die einjährige Schonfrist – Arbeitslose müssen direkt auf ihr Erspartes zurückgreifen. Auch die Wohnkosten werden im ersten Jahr nicht mehr vollständig übernommen. Jobcenter zahlen nur noch bis zu einem kommunalen „Quadratmeterdeckel“. Die Regierung geht damit gegen Betrugsbanden vor.

Auswirkungen auf Familien sollen vermieden werden

Die Gangart bei der Grundsicherung wird also durchaus strenger: Sanktionen sind höher, aber weiterhin begrenzt. Sie werden nur verhängt, wenn die Betreffenden keinen triftigen Grund für die Versäumnisse nennen und werden beendet, wenn sie ihr Verhalten ändern. „Wir wollen nicht die Falschen treffen“, so Bas. Menschen mit gesundheitlichen Problemen und psychischen Erkrankungen würden besonders berücksichtigt. Auswirkungen auf die Familie würden vermieden.

Ob das Gesetz möglichen Klagen standhält, wird sich zeigen. Ernüchterung gab es bei den Sparzielen des Bundeskanzlers. Statt der angepeilten fünf Milliarden Euro im Jahr lassen sich laut Bundesarbeitsministerium nicht einmal 0,2 Prozent der Gesamtausgaben von 52 Milliarden Euro einsparen.

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Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Di., 04.11.2025 - 11:36

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verträglich. Immerhin bleibt es den Betroffenen ja unbenommen, sich krank zu melden oder andere Gründe vorzutragen, die es der Behörde unmöglich machen, die Geldleistung zu entziehen. Dazu gibt es auch - jedenfalls in den größeren Städten, Hilfestellung von den Sozialverbänden, der Antifa und anderen NGOs , die auf Seiten der Unterdrückten agieren

Ich bin fassungslos das es wieder die armen Menschen trifft !
Punkt eins Die Regierung sollte mal endlich Steuern zahlen und in die Rentenkassr einzahlen !
Punkt 2 es sollte aufhören weiter Milliarden an die Ukraine zu schicken das hat ein enormes Loch in unsere Wirtschaft gebracht. Selensky selbst besitzt ein Milliarden Vermögen unglaublich aber nein die armen Bürger sollen leiden . Es werden immer mehr Obdachlose in Deutschland schämt ihr euch nicht Herr Merz einfach grausam do ein Karakter

Gespeichert von R.B (nicht überprüft) am Di., 04.11.2025 - 16:06

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