Inland

Bürgergeld-Reform: Welche strengeren Regeln bald für Wohnkosten gelten

Schwarz-Rot führt mit der neuen Grundsicherung nicht nur härtere Sanktionen für Menschen ein, die nicht genügend mit dem Jobcenter zusammenarbeiten. Die Jobcenter sollen künftig auch bei der Übernahme der Wohnkosten strenger sein. Was geplant ist

von Lea Hensen · 29. Oktober 2025
Jobcenter sollen künftig im ersten Jahr nicht mehr die vollen Wohnkosten übernehmen.

Jobcenter sollen künftig im ersten Jahr nicht mehr die vollen Wohnkosten übernehmen.

Die Bundesregierung führt mit der neuen Grundsicherung strengere Regeln bei der Übernahme von Wohnkosten ein. Damit will Schwarz-Rot den Anteil der Überweisungen der Jobcenter für die Unterkunftskosten reduzieren. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit flossen rund 20 Milliarden Euro im vergangenen Jahr in die Finanzierung der Unterkünfte von Bürgergeld-Empfänger*innen, was vor allem auf die steigenden Mietpreise in den Großstädten zurückzuführen ist. Insgesamt betrugen die Kosten für das Bürgergeld rund 50 Milliarden Euro. 

Wie wird die Übernahme der Wohnkosten zukünftig geregelt? Die folgenden Angaben gelten unter Vorbehalt, denn ein genauer Gesetzesentwurf steht noch aus.

Wie werden Wohnkosten ab 2026 übernommen?

Wie beim Bürgergeld werden die Jobcenter ab 2026 weiterhin die Kosten für Unterkunft und Heizung übernehmen, allerdings im ersten Jahr des Leistungsbezugs nur noch bis zum Eineinhalbfachen einer festgelegten „Angemessenheitsgrenze“. Diese soll sich an lokalen Richtwerten orientiert. Den Anteil, der diesen Wert übersteigt, müssen Bürgergeld-Empfänger*innen selbst tragen – oder umziehen.

Zudem wird stärker auf die Mietpreisbremse geachtet. Verstößt die Kaltmiete gegen die örtlich festgelegte Mietpreisbremse, wird die Person, die die Grundsicherung bezieht, dazu angehalten, bei der oder dem Vermieter*in eine Mietsenkung zu veranlassen. Hat das zunächst keinen Erfolg, zahlen die Jobcenter die Miete trotzdem, machen aber zivilrechtlich Rückforderungsansprüche gegen die oder den Vermieter*in geltend.

Wie sind die Unterschiede zum Bürgergeld?

Die lokal festgelegte „Angemessenheitsgrenze“ gibt es beim Bürgergeld auch. Allerdings erst ab dem zweiten Jahr. Für das erste Jahr des Bürgergeld-Bezugs hatte die Ampel-Koalition eine Karenzzeit eingeführt: Jobcenter übernehmen derzeit die Miete in diesem Zeitraum vollständig, egal wie hoch sie ist. Dadurch sollten sich Erwerbslose auf die Jobsuche konzentrieren können.

Die Karenzzeit wird mit der neuen Grundsicherung nicht abgeschafft, aber die Miete wird in dieser Zeit nicht mehr vollständig übernommen, sondern – wie bereits erwähnt – nur bis zum Eineinhalbfachem der „Angemessenheitsgrenze“.

Was hat es mit der „Quadratmeterhöchstmiete“ auf sich?

Bundessozialministerin Bärbel Bas (SPD) brachte eine „Quadratmeterhöchstmiete“ ins Spiel, um gezielt gegen Sozialmissbrauch vorzugehen. Jobcenter registrieren immer wieder Fälle, in denen kriminelle Banden Schrottimmobilien kaufen und zu hohen Preisen an Bürgergeld-Empfänger*innen vermieten. Die überteuerten Mietkosten werden dann über das Bürgergeld finanziert. Um diesen Mietwucher zu umgehen, könnten Kommunen, so Bas' Vorschlag, künftig eine „Quadratmeterhöchstmiete“ festlegen. Die Jobcenter könnten so kontrollieren, ob die Mietkosten im Verhältnis zur Wohnungsgröße stehen. Wird die Höchstmiete pro Quadratmeter überschritten, soll auch hier ein Verfahren zur Kostensenkung in Gang gesetzt werden. 

Was passiert, wenn die Vermieter*innen eine Kostensenkung verweigern?

Die Mietpreisbremse ist gesetzlich verankert, die „Quadratmeterhöchstmiete“ wäre es ebenfalls. Um geltendes Recht durchzusetzen, ist also geplant, dass sich die Jobcenter in einen Rechtsstreit begeben. Bis dieser entschieden ist, sollen sie die bestehenden Mietkosten übernehmen.

Wie ist die Reaktion auf die neuen Regeln?

Einerseits gibt es Stimmen, die begrüßen, dass der Staat stärker auf die Einhaltung der Mietpreisbremse pocht. Allerdings führt es natürlich zu einem höheren Verwaltungsaufwand, wenn die Mitarbeiter*innen in den Jobcentern die Mietpreise überprüfen und Ansprüche an die Vermieter*innen stellen müssen.

Kritik gibt es vor allem an den härteren Sanktionen, die die Regierung angekündigt hat. So sollen die Jobcenter die Übernahme der Wohnkosten einstellen, wenn Leistungsempfänger*innen nach mehreren versäumten Terminen nicht mehr im Jobcenter erscheinen. Sozialverbände wie die Diakonie, der Deutsche Mieterbund und die Gewerkschaft ver.di warnen diesbezüglich vor steigender Wohnungslosigkeit.

Der Deutsche Mieterbund fordert stattdessen, dass der Bund mehr in den Bau von bezahlbarem Wohnraum und insbesondere sozialen Wohnungsbau investiert. Heute gebe es bundesweit 1,1 Millionen solcher Wohnungen mit Mietpreisbindung. Bis 2030 müsste diese Zahl auf zwei Millionen steigen, so der Mieterbund.

Autor*in
Lea Hensen
Lea Hensen

ist Redakteurin des „vorwärts“.

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