Inland

Koalitionsausschuss: Warum die SPD mit den gefundenen Lösungen zufrieden ist

Bürgergeld, Aktivrente, Verkehrsinvestitionen: Schwarz-Rot hat sich im Koalitionsausschuss über wichtige Projekte verständigt. Warum sie die Einigung in der SPD gut vertreten könne, erklärte Bärbel Bas.

von Lars Haferkamp · 9. Oktober 2025
Zufriedene Gesichter: SPD-Chefin und Bundesarbeitsministerin nimmt als erste Platz zur Pressekonferenz im Bundeskanzleramt am 9. Oktober 2025 über die Ergebnisse des Koalitionsausschusses, hinter ihr CSU-Chef Markus Söder, CDU-Chef und Kanzler Friedrich Merz sowie SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil (v.l.).

Zufriedene Gesichter: SPD-Chefin und Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas bei der Pressekonferenz im Bundeskanzleramt am 9. Oktober 2025, hinter ihr CSU-Chef Markus Söder, CDU-Chef und Kanzler Friedrich Merz sowie SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil (v.l.).

Bis zwei Uhr in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hat der Koalitionssauschuss getagt. Acht Stunden verhandelten SPD und Union intensiv miteinander. Es ging um wichtige Themen wie Bürgergeld, Rente und Verkehr. Dann waren „die Knoten durchgeschlagen“, wie es SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil am Donnerstagmorgen auf der Pressekonferenz im Kanzleramt formulierte. Es zeige „die Arbeitsfähigkeit“ der Koalition, „dass wir uns bewusst sind, wir sind in der Verantwortung, Probleme zu lösen, Kompromisse zu finden, Entscheidungen zu treffen“.

Dies ist etwa in der lange umstrittenen Frage des Bürgergeldes bzw. der Grundsicherung gelungen. SPD-Chefin und Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas lobte die gefundene Einigung auch deshalb, weil sie die Verunsicherung vieler Menschen durch die Debatten der letzten Zeit beende. So sei sich die Koalition einig, dass es spürbare Einsparungen bei der Grundsicherung nur dann gebe, wenn mit der Reform mehr Menschen in Arbeit kämen. Bas rechnete vor: 100.000 Menschen weniger in der staatlichen Hilfe bedeute eine Einsparung von rund einer Milliarde Euro.

Bärbel Bas: Wir stärken Vermittlung in Arbeit

Auch deshalb werde der Gesetzentwurf, „die Potentiale von Langzeitarbeitslosen heben“. Bas betonte: „Wir fördern Arbeit statt Arbeitslosigkeit. Wir stärken ausdrücklich den Vorrang der Vermittlung in Arbeit.“ Dafür werden die Jobcenter im Bundeshaushalt eine Milliarde Euro mehr erhalten. Für den gesamten Eingliederungsprozess gelte, „wer nicht mitmacht, wird es schwer haben“. Die Ministerin machte deutlich: „Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist.“

Bärbel
Bas

Jeder, der staatliche Leistungen beantragt, muss mitwirken.

Konkret bedeutet das: Leistungsberechtigte, die einen ersten Termin im Jobcenter versäumen, werden sofort zu einem zweiten Termin bestellt. Nehmen sie auch den nicht wahr, werden die Leistungen um 30 Prozent gekürzt. Versäumen sie noch einen dritten Termin, werden die Geldleistungen komplett eingestellt. Erscheint der Leistungsberechtigte dann auch im folgenden Monat nicht, werden alle Leistungen, dann auch einschließlich der Kosten für die Unterkunft, komplett beendet. Dies soll nicht in Fällen von Krankheit gelten, betonte Bärbel Bas. Man wolle „nicht die Falschen treffen“. Dies sei der SPD stets wichtig gewesen. 

SPD-Chefin sicher: Sanktionsverschärfung verfassungsgemäß

„Jeder, der staatliche Leistungen beantragt, muss mitwirken“, sagte Bas, so stehe es bereits im Sozialgesetzbuch. Auf die Frage, ob so weitgehende Sanktionen verfassungsgemäß seien, antwortete sie: „Wir sind fest davon überzeugt, das ist verfassungsrechtlich sicher.“ Sie verwies auf „eine sehr lange Strecke“ einer sich langsam steigernden „Kaskade“ von Sanktionen. 

Während für CDU-Chef und Bundeskanzler Friedrich Merz das Bürgergeld nach der gefundenen Einigung „der Vergangenheit angehört“ und für CSU-Chef Markus Söder dieses „Kapitel beendet“ ist, sagte Bas, sie habe in ihrer Wortwahl „schon ganz ganz lange nur von Grundsicherungsleistungen“ gesprochen. Es gehe nicht um Begriffe, sondern um Inhalte. Die SPD habe durchgesetzt, dass es beim Kooperationsplan „auf Augenhöhe“ zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Jobcenter bleibe. Das sofortige Drohen mit Sanktionen, wie im alten Hartz IV-System und von der Union gefordert, werde es weiter nicht geben. Deshalb könne sie die Einigung „auch in meiner Partei und auch in meiner Fraktion gut vertreten“.

Einigung bei Aktivrente und Verkehrsinvestitionen

Eine weitere wichtige Einigung im Koalitionsausschuss gab es bei der Aktivrente. Sie soll Ältere motivieren, auch nach der Regelaltersgrenze noch weiter zu arbeiten. Dafür soll es einen monatlichen Steuerfreibetrag von 2.000 Euro. Die Aktivrente kann nur von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten genutzt werden. Die gesetzliche Regelung dazu soll nach den Worten von Kanzler Merz zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Das Bundeskabinett soll bereits in der kommenden Woche darüber beraten.

Eine Lösung gab es auch bei den Verkehrsinvestitionen. Hier hatte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) zunächst rund 15 Milliarden Euro zusätzlich gefordert. Bundesfinanzminister Klingbeil stellte nun klar, der von Schnieder genannte Betrag habe sich nach einer Überprüfung „erheblich verringert“. Drei Milliarden Euro zusätzlich würden nun durch Umschichtungen in die Verkehrsinfrastruktur fließen. Er verwies darauf, dass schon bisher bis 2029 rund 166 Milliarden Euro für deren Ausbau eingeplant seien. Das seien „Rekordinvestitionen“. Klingbeil betonte, „am Ende steht die gute Nachricht für die Bürger, es gibt keine Gründe mehr, nicht zu bauen“. Baureife Projekte könnten nun „jetzt sofort“ realisiert werden. „Es geht jetzt also richtig los in diesem Land.“

„Ausgesprochen gute Atmosphäre“ zwischen SPD und Union 

Klingbeil, Bas, Merz und Söder betonten immer wieder, wie gut die Zusammenarbeit in der Koalition laufe und bedankten sich wiederholt bei allen Beteiligten. Merz sprach von einer „ausgesprochen guten Atmosphäre“ zwischen Union und SPD im Koalitionssauschuss. Dabei hob er besonders das vorherige Treffen mit Bärbel Bas zur Vorbereitung des Koalitionsausschusses hervor. „Auf dieser Basis“ sei dann die Einigung zwischen Union und SPD erzielt worden.

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.