Sozialstaat: MPK-Chef Schweitzer kritisiert „Kürzungsfetischismus“
Seit Wochen tobt eine öffentliche Debatte über die Zukunft des Sozialstaats. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Alexander Schweitzer, hat nun zu einer Versachlichung aufgerufen – und eigene Vorschläge angekündigt.
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Will sachlich über die Zukunft des Sozialstaats diskutieren: der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz Alexander Schweitzer
Bei der Jahreskonferenz der Ministerpräsident*innen in Mainz am Donnerstag und Freitag ging es um viele Themen. Eines war die Weiterentwicklung des Sozialstaats. „Es geht nicht um Kürzungen, sondern darum, einfacher und effektiver zu werden“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), Alexander Schweitzer, im Anschluss bei einer Pressekonferenz. In dieser kritisierte der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz einen „Kürzungsfetischismus“ und betonte: „Wir wollen die Debatte sachlich führen.“
Sozialstaatsreform: Arbeitsgruppen sollen Vorschläge erarbeiten
Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz hatte diese Ende August angestoßen. „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar“, sagte er beim Parteitag der niedersächsischen CDU. „Das Backoffice des Sozialstaats ist in den letzten Jahren etwas groß geworden“, gestand auch Alexander Schweitzer am Freitag ein, erteilte Leistungskürzungen jedoch eine Absage. Bis Anfang Dezember sollen Bund-Länder-Arbeitsgruppen Beschlüsse zur Reform des Sozialstaats und zur Staatsmodernisierung erarbeiten. Am 4. Dezember treffen sich die Ministerpräsident*innen mit dem Bundeskanzler in Berlin.
Dann wird es auch um das Thema Konnexität gehen, also die Frage, welche Ebene welche Dinge bezahlt. „Wir müssen raus aus dem Zirkel, dass der Bund gute Ideen hat, die zu Lasten der Länder und der Kommunen gehen“, betonte MPK-Chef Schweitzer am Freitag. Der zwischen Ländern und Kommunen geltende Konnexitätsgedanke „Wer bestellt, bezahlt“ müsse auch im Bund die Richtschnur sein. „Das bedeutet, wenn der Bund neue Aufgaben gesetzlich verankert, die von den Kommunen ausgeführt werden müssen, oder wenn der Bund höhere Standards insbesondere im Bereich sozialer Leistungen setzt, muss er sich auch für eine entsprechende auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen einsetzen“, so Schweitzer.
Schweitzer sieht Ministerpräsidenten als „Möglichmacher“
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident unterstrich dabei die „Scharnierfunktion“ der Länder zwischen Bundesebene und den Kommunen. „Die Ministerpräsidentenkonferenz ist der Kreis der Möglichmacher“, so Schweitzer. Trotz Unterschieden in der Parteizugehörigkeit seien die Länderchef*innen in der Lage, „tragfähige Kompromisse“ zu erarbeiten. „Wir haben die Aufgabe, uns die Hand zu reichen“, sagte Alexander Schweitzer. „Die großen Zukunftsaufgaben können nur im Schulterschluss aller staatlichen Ebenen gelingen.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.