Parteileben

Lehren aus der Kommunalwahl: SPD in Nordrhein-Westfalen geht auf Zuhör-Tour

Nach dem historisch schlechten Ergebnis bei der Kommunalwahl im September will die SPD in Nordrhein-Westfalen verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Im Mittelpunkt steht dabei eine Kampagne mit dem Titel „Wir haben verstanden“. Am Montag wurde sie vorgestellt.

von Jonas Jordan · 27. Oktober 2025
Die NRWSPD-Vorsitzende Sarah Philipp und Generalsekretär Frederick Cordes stellen die Kampagne des Landesverbands vor.

Die NRWSPD-Vorsitzende Sarah Philipp und Generalsekretär Frederick Cordes stellen die Kampagne des Landesverbands vor.

„Selbstkritik ist in der Politik ungewöhnlich. Für uns ist sie aber die Voraussetzung, um Vertrauen zurückzugewinnen“, sagt die Vorsitzende der SPD in Nordrhein-Westfalen, Sarah Philipp, am Montagmittag im Johannes-Rau-Haus in Düsseldorf. Die Partei habe ihre Lehren aus der Kommunalwahl im September gezogen. 22,1 Prozent wären in manch anderem Landesverband wohl als respektabel durchgegangen, in der einstigen Herzkammer der Sozialdemokratie war es jedoch das historisch schlechteste Ergebnis. 

NRWSPD verspricht: „Wir werden uns ändern“

Die Partei verlor in vielen Teilen des Landes an Stimmen. Nicht nur in großen Städten des Ruhrgebiets, wie beispielsweise in Dortmund, wo die SPD nun erstmals seit fast 80 Jahren nicht mehr den Oberbürgermeister stellen wird, sondern auch in Universitätsstädten wie Düsseldorf, Aachen, Bonn oder Münster. Daher heißt es am Montag: „Wir haben verstanden.“ Die Partei verspricht: „Wir werden uns ändern.“

Parteichefin Philipp verspricht einen ehrlichen, mutigen und selbstkritischen Aufbruch. Auch ihr Generalsekretär Frederick Cordes betont: „In meinem politischen Leben habe ich so eine mutige Kampagne noch nicht gesehen.“ Doch was heißt das konkret? Zum Start der Kampagne ist bereits eine Homepage online gegangen. Unter „verstanden.nrw“ können die Bürger*innen nachlesen, was die SPD meint, verstanden zu haben. „Wir haben Fehler gemacht“, heißt es dort.

Zuhör-Tour startet im November

Im nächsten Schritt spielt die Partei den Ball aber direkt zurück: „Welche genau musst du uns sagen.“ Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: erstens ein maximal 10.000 Zeichen fassendes Textfeld auf eben jener Homepage, zweitens eine „Zuhör-Tour“ im November und Dezember. Dann will die SPD jene zehn Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen besuchen, in denen die Partei in den vergangenen 20 Jahren die meisten Stimmen verloren hat. Die genauen Termine stehen noch nicht fest, doch unter anderem die Ruhrgebietsstädte Gelsenkirchen, Herne, Dortmund und Duisburg sollen darunter sein.

Dort können die Bürger*innen dann an einem Foodtruck der SPD eine Currywurst essen, in einer Wahlkabine eine Sprachnachricht hinterlassen oder an einem „Hau den Lukas“-Gerät ihren Frust rauslassen. Wie die SPD ihren Kurs ändert, hänge maßgeblich von den entsprechenden Rückmeldungen ab, hieß es am Montag. Wenn die Bürger*innen Sauberkeit, Sicherheit und eine bessere Integration als wichtigste Themen für sich identifizierten, müsse die SPD ihnen auch entsprechende Antworten geben, merkte Philipp selbstkritisch an.

Philipp: Debatte über Stadtbild richtig

Insofern sei es auch richtig, über das Stadtbild in Deutschland zu diskutieren. Allerdings schränkt sie ein: „Es geht um die finanzielle Ausstattung unserer Kommunen und gleiche Lebensverhältnisse, die aktuell nicht gegeben sind. Das ist eine ehrliche Debatte um das Stadtbild und viel differenzierter, als es der Bundeskanzler getan hat.“ Den von Friedrich Merz geschaffenen Zusammenhang zwischen dem Stadtbild und Abschiebungen halte sie hingegen für falsch.

Die Ergebnisse der Zuhör-Tour sollen schließlich auf einer Klausurtagung des Landesvorstands Ende Januar ausgewertet werden, um dort die Grundlage für das SPD-Programm für die Landtagswahl 2027 zu legen. Klar ist schon jetzt: Dann soll es kein 100-seitiges Wahlprogramm mehr geben, sondern 27 konkrete Punkte, die spürbare Verbesserungen für die Bürger*innen bedeuten sollen. „Die Menschen sollen wieder sagen können, das ist meine SPD“, wünscht sich Cordes.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.