„Stadtbild“-Debatte: Was Lars Klingbeil zur Äußerung von Friedrich Merz sagt
Beim Kongress der Industriegewerkschaft Bau, Chemie, Energie (IGBCE) in Hannover mischt sich Vizekanzler Lars Klingbeil in die von Kanzler Friedrich Merz angestoßene „Stadtbild“-Debatte ein. Der SPD-Chef findet dabei klare Worte.
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SPD-Bundesfinanzminister Lars Klingbeil äußert sich beim IGBCE-Kongress zur Stadtbild-Debatte. Er wünscht sich eine Politik, die Brücken baut und nicht polarisiert
Am Ende seiner 40-minütigen Rede vor den Delegierten des achten Kongresses der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) hatte SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil noch viele Themen auf dem Zettel. Ein Thema war ihm dann aber besonders wichtig. Es treibe ihn um, „wie polarisiert wir über Migration in unserer Gesellschaft reden,“ erklärte der Bundesfinanzminister.
Die IGBCE sei für ihn Vorbild, betonte Klingbeil. Sie habe Menschen aus 99 Nationen in ihrer Gewerkschaft. Für ihn sei die IGBCE „das moderne Deutschland, auf das wir stolz sein können“. In einem modernen Deutschland sei es laut Klingbeil egal, ob die Familie in der 20. oder in der 2. Generation in diesem Land lebt, ob jemand vor 15 oder vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen ist. „Das sind jetzt unsere Nachbarn, unsere Kollegen auf der Arbeit, im Betrieb. Das sind unsere Freunde im Sportverein.“
Klingbeil: nicht in „die“ und „wir“ unterteilen
Angesichts der Debatte, die nach Äußerungen von Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz gerade geführt würden, mahnte Klingbeil: „Wir müssen als Politik auch höllisch aufpassen, welche Diskussion wir gerade anstoßen.“ Er warnte davor, wieder in ein „die“ und „wir“ zu unterteilen, in Menschen mit Migrationsgeschichte und ohne. Klingbeil warb stattdessen für ein Land, in dem Politik Brücken baut, „die Gesellschaft zusammenführt, statt mit Sprache zu spalten“. Ein Land, wo nicht der Nachname darüber entscheide, ob man zu einer Wohnungsbesichtigung eingeladen werde.
Lars
Klingbeil
„Ich möchte in einem Land leben, wo nicht das Aussehen darüber entscheidet, ob man ins Stadtbild passt oder nicht.“
Mit Blick auf die Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz, dass Versäumnisse der Migrationspolitik immer noch im Stadtbild sichtbar seien, sagte Klingbeil wörtlich: „Ich möchte in einem Land leben, wo nicht das Aussehen darüber entscheidet, ob man ins Stadtbild passt oder nicht.“
Vielfalt als Stärke
Er sei dankbar, so Klingbeil, dass Deutschland ein so vielfältiges Land sei. Diese Vielfalt sei auch eine Stärke. Auch das Motto des Gewerkschaftskongresses „Das Richtige tun“ griff Klingbeil in diesem Zusammenhang auf. Viele Millionen Menschen machten das schon längst, wenn sie sich ehrenamtlich einsetzten „für den Zusammenhalt in unserem Land“, so Klingbeil. Aber, so betonte der SPD-Parteivorsitzende mit Blick auf die aktuelle Diskussion: „Das Richtige tun reicht manchmal nicht, man sollte auch nicht das falsche sagen.“
Der Kongress der drittgrößten Gewerkschaft Deutschlands geht am Freitag zu Ende. Am Donnerstag wird SPD-Bundearbeitsministerin Bärbel Bas vor den Delegierten in Hannover sprechen. Diese hatten am Dienstag mit 95 Prozent der Stimmen Michael Vassiliadis erneut zum Vorsitzenden gewählt.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.