Rentenreform: Worum es im Streit mit der Jungen Union geht
Eigentlich war das Rentenpaket der Koalition schon auf dem Weg, doch nun wollen Unionspolitiker das Gesetz verhindern. Worum es im Rentenstreit geht und was eine neue Studie zur Finanzierung aus Bundesmitteln sagt
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Bundeszuschüsse sollen in die Gesetzliche Rentenversicherung fließen, damit die Renten stabil bleiben
Der Streit um die von der Koalition bereits beschlossene Rentenreform hält an. Schon bei der ersten Lesung im Bundestag am 16. Oktober stellte Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas klar, dass das Rentenpaket die Unterschrift aller Koalitionspartner trage. Es sei im Koalitionsvertrag verhandelt, im Koalitionsausschuss erneut geeint und im Kabinett beschlossen worden. „Das muss jetzt auch gelten“, betonte Bas. Vorausgegangen war die Kritik von 18 jungen Abgeordneten der Union, die damit drohten, das Gesetz zu blockieren. Ihre Kompromissbereitschaft ist weiterhin nicht in Sicht.
Was die Junge Union kritisiert
Dabei geht es konkret um einen Passus im Gesetzentwurf, in dem es heißt, dass auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher liegen soll als nach geltendem Recht. Das Gesetz, dass vorsieht, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent zu sichern, legt also auch im Anschluss daran fest, bei künftigen Berechnungen über das Jahr 2031 hinaus bei diesen 48 Prozent anzusetzen. Diese Regelung wollen die Politiker*innen der Jungen Union nicht anerkennen. Laut ihrer Argumentation ist sie zu teuer und schade den jungen Generationen, die die Kosten langfristig zu tragen haben.
Der stetige Streit um die Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung war auch am Montag bei der Anhörung zum Gesetzentwurf im Bundestag Thema. Die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Soziales diskutierten mit Expert*innen und Verbänden über die geplanten Reformen zur Rente. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) etwa sprach vom „teuersten Sozialgesetz dieses Jahrhunderts“ und bezifferte die zusätzlichen Kosten auf mehr als 200 Milliarden Euro in den nächsten 15 Jahren. In ihrer schriftlichen Stellungnahme lehnt die BDA es ab, das Rentenniveau, auch Haltelinie genannt, für weitere Jahre festzuschreiben und möchte schnellstmöglich wieder zum Rentenniveau zurückkehren, wie es sich ohne Sicherungsniveaugrenze durch den Gesetzgeber entwickeln würde.
Warum ohne Haltelinie Altersarmut droht
Das hätte jedoch Konsequenzen, denn das Rentenniveau spiegelt das Verhältnis zwischen Altersrente und aktuellem Durchschnittseinkommen wider. Würde das Niveau weiter sinken, wie nach 2031 ohne gesetzliche Regelung wahrscheinlich, würde die Lücke zwischen Rente und Durchschnittslohn ebenfalls größer.
Rentenexpert*innen des Deutschen Gewerkschaftsbundes oder des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung warnten am Montag dann auch vor zunehmender Altersarmut. Sie forderten, dass Niveau dauerhaft zu stabilisieren. Ein stabiles Rentenniveau sei entscheidend für die Sicherung des Lebensstandards über Generationen hinweg, erklärte IMK-Rentenexpertin Ulrike Stein mit Verweis auf eine Studie ihres Instituts. Diese zeige, dass alle heute Erwerbstätigen und auch junge Menschen, die aktuell kurz vor Eintritt ins Berufsleben stehen sowie ein wesentlicher Teil der heutigen Rentner*innen durch eine Stabilisierung im Verhältnis zu ihren Beiträgen überproportional mehr Rente erhalten würden.
Warum Bundeszuschüsse nicht automatisch junge Generationen belasten
Aus Sicht der Rentenexpertin sei es ebenfalls akzeptabel, dass sich der Bund im Rahmen des Rentenpakets 2025 stärker über Steuermittel an der Finanzierung beteiligen möchte. Stein betonte, dass der Anteil der Gesamtausgaben des Bundes an der Finanzierung der Rentenversicherung seit 2003, gemessen an der Wirtschaftsleistung, von 3,5 auf 2,7 Prozent des BIP sogar gesunken sei.
Wie es nun weitergeht mit dem Rentenpaket der Bundesregierung bleibt unklar. Ursprünglich sollte es bereits 2026 in Kraft treten. Neben der Stabilisierung des Rentenniveaus sollte auch die Mütterrente ausgeweitet und die Aktivrente eingeführt werden. Kompromisse bei der Rente wolle die SPD nicht machen, erklärte SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt im vorwärts-Interview mit Blick auf die Kritik der Abgeorndeten der Jungen Union. Was die zum Ausdruck brächten, „ist nichts anderes als zu sagen, dass die Menschen künftig niedrigere Renten haben sollen“. Sie erwarte von Unions-Fraktionschef Jens Spahn, dass er „seine Fraktion handlungsfähig kriegt“. Fakt ist aber auch, dass die 18 jungen Unionsabgeordneten das Gesetz stoppen könnten. Denn im Bundestag verfügen Union und SPD zusammen über 328 Stimmen und damit nur über zwölf mehr, als für eine absolute Mehrheit notwendig wären.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.