Rentenreform: Diese Vorschläge zur Finanzierung der Rente sind im Gespräch
Am Mittwoch soll vorgestellt werden, wer in der künftigen Rentenkommission sitzt. Die 13 Mitglieder sollen Reformvorschläge für die Finanzierung der Rente entwerfen. Doch welche Maßnahmen kommen überhaupt in Frage?
IMAGO/Bihlmayerfotografie
Im kommenden Jahr wird eine von der Koalition eingesetzte Rentenkommission darüber entscheiden, wie es mit der Rente weitergeht
Am Mittwoch kommen die Koalitionspartner zu ihrer letzten Kabinettssitzung in diesem Jahr zusammen. Auf ihrem Programm steht unter anderem der Einsatz der Rentenkommission. Die insgesamt 13 Mitglieder sollen zügig ihre Arbeit aufnehmen und bis Sommer 2026 Vorschläge erarbeiten, wie das Rentensystem reformiert werden soll.
Es solle eine mutige Reform werden, „ohne Denkverbote“, hatte SPD-Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas im Anschluss an die Abstimmung des Rentenpakets Anfang Oktober im Bundestag erklärt. Im Kern geht es darum, die Rentenkasse finanziell zu stabilisieren. Die von der Rentenkommission vorgeschlagenen Maßnahmen sollen ab Sommer 2026 in Gesetzesvorhaben eingehen. Einige Vorschläge werden in der Öffentlichkeit bereits diskutiert. Hier eine Auswahl:
Lebenserwartung oder Beitragsjahre?
Es gibt verschiede Möglichkeiten am Renteneintrittsalter zu schrauben, um dadurch die Menschen länger in die Rentenkasse einzahlen zu lassen. Aktuell wird die Altersgrenze für die Regelaltersrente ohne Abschläge noch bis 2031 schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Im Wahlprogramm der Union findet sich bereits der Vorschlag, die Lebensarbeitszeit an die Lebenserwartung zu knüpfen. Damit ist nichts anderes gemeint, als das gesetzliche Renteneintrittsalter weiter anzuheben, etwa auf 70. Für die SPD galt bislang ein klares Nein zur „Rente mit 70“.
Auch könnte zur Disposition stehen, die vorgezogene Rente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Beitragsjahren wieder abzuschaffen. Sie wird oftmals noch als „Rente mit 63“ bezeichnet, obwohl auch diese vorgezogene abschlagsfreie Rente ebenfalls bis 2031 schrittweise auf 65 Jahre angehoben wird.
Als Kompromiss könnte ein neuer Vorschlag des Ökonomen Jens Südekum dienen. Der Berater im Finanzministerium von Lars Klingbeil (SPD) erklärte gegenüber der „Bild am Sonntag“, dass er es für falsch halte, das Renteneintrittsalter für alle pauschal auf 70 Jahre zu erhöhen. Besser sei es, „den Renteneintritt nicht an eine starre Alterszahl zu koppeln, sondern an eine Mindestanzahl von Beitragsjahren“.
Renteneintritt: Was sagt die SPD, was die Union?
Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) reagierte positiv auf diesen Vorstoß. „Ich finde die Idee grundsätzlich gut“, sagte sie im „ARD-Bericht aus Berlin“. Die Rentenkommission diskutiere zwei Modelle beim Renteneintrittsalter: Zum einen könne man es an die Lebenserwartung knüpfen, zum anderen an die geleisteten Beitragsjahre. Der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält die zweite Idee ebenfalls für einen Schritt in die richtige Richtung. „Akademiker, auch Beamte, gingen dann später in Rente. Sie haben eine höhere Lebenserwartung und sind im jetzigen System überproportional im Vorteil“, schrieb er auf X.
Auch CDU-Bundeskanzler Friedrich Merz scheint dieser Idee nicht völlig abgeneigt zu sein. In der ARD-Sendung „Arena“ sagte er mit Blick auf ein Renteneintrittsalter, das an die Zahl der Beitragsjahre geknüpft sein könnte: „Das ist durchaus erwägenswert“.
Andere Berufsgruppen einbeziehen?
Die Idee, neben sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten auch andere Berufsgruppen wie Selbstständige, Abgeordnete oder Beamt*innen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, ist nicht neu. SPD-Politikerin Bärbel Bas hatte den Vorschlag bereits kurz nach Amtseintritt als Bundesarbeitsministerin eingebracht. Der Gedanke dahinter: Die Einnahmeseite der Rentenversicherung würde verbessert, indem neue Beschäftigte in das Rentensystem einzahlen.
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Für ihren Appell zu überlegen, „ob man das nicht hinkriegt“, langfristig von der heutigen Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung zu kommen, die Beamt*innen und Selbstständige mit einschließt, erntete sie am beim Sozialstaatskongress der IG Metall im Juni viel Applaus. Die Union hingegen hält wenig von der Idee. Einige Unions-Vertreter*innen sowie der Deutsche Beamtenbund äußerten unmittelbar nach dem Vorstoß der Arbeitsministerin Kritik.
Andere Einkunftsarten einbeziehen?
Aber die gesetzliche Rentenversicherung ließe sich nicht nur stabilisieren, indem weitere Berufsgruppen einzahlen. Diskutiert wird auch die Möglichkeit, neben Arbeitseinkommen weitere Einkunftsarten in die Beitragsbemessung zur Rentenversicherung einzubeziehen. Das könnten Unternehmensgewinne, Kapitalerträge oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sein. Aktuell werden auf diese Einkunftsarten keine Sozialabgaben fällig, sie fallen lediglich auf Arbeitseinkommen und Entgeldersatzleistungen wie Arbeitslosengeld I oder Krankengeld an. Die Rentenkommission soll die Wirksamkeit durch das Einbeziehen weiterer Einkunftsarten prüfen.
Bundesmittel für den „Demografie-Berg“?
Eine weitere Idee stammt von der Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes Yasmin Fahim. Sie plädierte vergangene Woche für eine Erhöhung der Bundeszuschüsse in die Rentenkasse, um den sogenannten „Demografie-Berg“ zu finanzieren, der in den kommenden Jahren auf Deutschland zukomme. Gegenüber dem Magazin „Focus“ erklärte sie, dass keine Generation allein für die sogenannten Babyboomer-Jahrgänge aufkommen sollte. „Wir müssen diese besondere, zeitlich begrenzte Herausforderung mit einem zusätzlichen temporären Steuerzuschuss auffangen“, so Fahimi.
Doch wie lässt sich diese Herausforderung genauer bestimmen? Die Rentenexpertin Ulrike Stein vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erklärte, „dass wir etwa ab 2036/37 bis in die frühen 2050er-Jahre eine stabile Bevölkerungsentwicklung haben werden“. Dann seien die Auswirkungen des Geburtenanstiegs in der Babyboomer-Generation überwunden. Im Gegensatz zu heute werde die Gesellschaft in diesem Zeitraum also nicht weiter altern und danach allenfalls nur leicht, sagte die Ökonomin im „vorwärts“.
Demnach ist die Herausforderung, die aktuell durch die Babyboomer-Jahrgänge auf die gesetzliche Rentenversicherung zukommt, auf einen klar definierten Zeitraum begrenzt. Laut Stein gehe es darum, „diesen einen Berg zu meistern, wie es in der Vergangenheit bei zwei weiteren Anstiegen der Rentner*innen gelungen ist“. Gemeint sind die Anstiege der Rentner*innen-Zahlen Ende der 1960er/1970er Jahren und der frühen 2000er.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.