Riester-Reform: Was Lars Klingbeil für die private Altersvorsorge plant
Nicht nur die gesetzliche Rentenversicherung wird reformiert. Die Bundesregierung will auch die private Altersvorsorge neu aufstellen. Was ist geplant? Ein Überblick
IMAGO/Michael Gstettenbauer
Ist die Rente auch in Zukunft noch sicher? Neben der gesetzlichen soll auch die private Rentenversicherung reformiert werden.
Die Debatte über eine Reform der Rente dreht sich vor allem um die gesetzliche Rentenversicherung. Sie ist für die meisten Rentner*innen in Deutschland die wichtigste der drei Säulen der Altersversorge. Doch perspektivisch wird sie den wenigsten Menschen im Ruhestand reichen. Deswegen möchte die Bundesregierung die private Altersvorsorge reformieren.
Die private Rentenversicherung soll „kostengünstiger, renditestärker, unbürokratischer, flexibler und einfacher“ werden – so der Anspruch von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD), der am Freitag einen Entwurf für eine Reform vorlegte. Am 17. Dezember soll das Kabinett ihn auf den Weg bringen.
Wieso soll die private Altersvorsorge reformiert werden ?
Laut der Deutschen Rentenversicherung verfügt mehr als ein Drittel der Deutschen neben der gesetzlichen Rentenversicherung über keine private oder betriebliche Altersvorsorge. Das will die Bundesregierung ändern. Grundgedanke ist, die private Altersvorsorge über kostengünstige Standardprodukte zu vereinfachen und dadurch zu fördern. Konkret will die Bundesregierung die Riester-Rente durch ein Standardprodukt ersetzen, das höhere Anlagerisiken möglich macht und dadurch mehr Rendite bringt.
Wie soll das neue Standardprodukt aussehen?
In der Ampel-Koalition hatte Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereits einen Entwurf erarbeitet, der wegen des vorzeitigen Endes der Regierung nicht mehr umgesetzt wurde. Geplant ist nun, über ein sogenanntes Altersvorsorgedepot erstmals staatlich geförderte Investitionen in den Aktienmarkt zu ermöglichen, etwa über sogenannte ETF (Exchange Traded Funds). Dabei können Anleger*innen bis zur Risikoklasse fünf (von insgesamt sieben) gehen. Dadurch gibt es langfristig eine höhere Rendite, allerdings keine Garantie dafür, wie viel am Ende ausgezahlt wird.
Es soll auch mehr Wahlfreiheit geben: zum Beispiel zwischen Produkten, die später nur die Auszahlung beinhalten oder Anleger*innen nicht auf eine lebenslange Rente festlegen. Dadurch wäre es zum Beispiel möglich, eine private Rente nur bis zum 85. Lebensjahr zu beziehen und nicht mehr zwangsläufig bis zum Lebensende. Das hebt die monatlichen Auszahlungsbeträge, steigert aber auch das Risiko, nach der festgesetzten Altersgrenze ohne zusätzliches Geld dazustehen.
Was ist mit Garantien gemeint?
Bei der Riester-Rente war eine staatliche Förderung bislang nur möglich, wenn der Anbieter garantiert, später mindestens die eingezahlten Sparbeträge inklusive staatlicher Zulagen auszuzahlen. Viel Risiko war dadurch nicht möglich, das schmälerte die Rendite. Weil die Riester-Rente außerdem hohe Gebühren mit sich bringt, ist sie seit Jahren umstritten, die Zahl der Verträge ist rückläufig, rund ein Viertel ruht.
Heißt das, die private Altersvorsorge wird in Zukunft risikoreicher?
Auf der einen Seite ja, denn mehr Risiko bedeutet auch mehr Rendite. Aber für Menschen, die viel Wert auf Sicherheit legen, will die Bundesregierung weiterhin Produkte mit hohen Garantien bieten: Es soll sowohl eine Garantie über 80 Prozent der eingezahlten Beträge, als auch über 100 Prozent bei Beginn der Auszahlung geben.
Wieviel soll das neue Standardprodukt kosten?
Die Kosten des geplanten Standardprodukts sollen auf maximal 1,5 Prozent gedeckelt werden. Kosten für Abschluss und Vertrieb sollen auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden. Das erleichtert Sparer*innen den Wechsel von Anbieter zu Anbieter.
Wie wird staatlich gefördert?
Wie schon bei der Riester-Rente können Anleger*innen ihre Beiträge in der Ansparphase steuerlich geltend machen, ihr zu versteuerndes Einkommen sinkt also um den Wert, den sie für ihre private Altersvorsorge anlegen. Im Rentenalter werden die Auszahlungen besteuert.
Jeden Euro, der in ein privates Vorsorgeprodukt investiert wird, fördert der Staat mit 30 Cent. Die Obergrenze liegt bei 1.200 Euro jährlich. Jeder Euro, der darüber hinausgeht, wird mit 20 Cent gefördert, bis zu einer Grenze von 1.800 Euro. Außerdem gibt es zusätzlich 25 Cent pro Euro, wenn die oder der Anlegende Kinder hat. Pro Kind wird eine Anlage von maximal 300 Euro gefördert.
Personen mit geringem Einkommen sollen außerdem Zulagen erhalten, um die private Altersvorsorge zu ermöglichen.
Wann soll die Reform umgesetzt werden?
Das neue private Altersvorsorgedepot soll im Januar 2027 an den Start gehen. Wer einen Riester-Rentenvertrag hat, kann zum neuen Modell wechseln.
Was ist die „Frühstart-Rente?“
Mit der Frühstart-Rente ist ein Altersvorsorgedepot für Kinder und Jugendliche geplant. Für jedes Kind, das in Deutschland zur Schule geht, will der Staat vom sechsten bis 18. Lebensjahr pro Monat zehn Euro anlegen. Eltern sollen das Depot bei einem Anbieter ihrer Wahl eröffnen und können auch selbst Geld einzahlen. Nutzen sie diese Möglichkeit nicht, wird der staatliche Förderbetrag bei der Bundesbank angelegt.
Die Jugendlichen können das angesparte Geld mit Beginn ihrer Volljährigkeit automatisch als Startkapital für einen selbst abgeschlossenen Altersvorsorgevertrag verwenden. Ausgezahlt wird das Geld erst mit Erreichen des Rentenalters, aktuell wäre das mit 67 Jahren.
Die Frühstart-Rente soll ebenfalls im Januar 2027 an den Start gehen, rückwirkend wird sie dann für den Jahrgang 2020 ausgezahlt. Anschließend soll jedes Jahr ein weiterer Jahrgang hinzukommen.