Inland

Keine Aktivrente für Freiberufler: Ist das verfassungsrechtlich zulässig?

14. November 2025 09:46:14

Viele Ärzt*innen, Handwerker*innen und Bäuerinnen und Bauern finden es unfair, dass sie keinen Steuerbonus erhalten sollen. Eine Klage in Karlsruhe dürfte aber wenig Erfolgsaussichten haben.  

Ältere Menschen sollen künftig länger arbeiten können –  aber nur wenn sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.

Ältere Menschen sollen künftig länger arbeiten können –  aber nur wenn sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.

Mit der Aktivrente will die Bundesregierung ältere Arbeitnehmer ermuntern, länger zu arbeiten. Für Selbständige gilt der Plan jedoch nicht, was viele ungerecht finden. Aber nicht alles, was ungerecht wirkt, ist verfassungswidrig. 

Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf Mitte Oktober beschlossen. An diesem Freitag soll im Bundestag die erste Lesung stattfinden. Die 2. und 3. Lesung soll bald folgen, denn schon ab Jahreswechsel soll das Gesetz in Kraft treten. 

Bei der so genannten Aktivrente sollen Arbeitnehmer*innen, die das Rentenalter erreicht haben, bis zu 2.000 Euro pro Monat steuerfrei hinzuverdienen können. Es handelt sich also um einen Steuerbonus und nicht um eine zusätzliche Rentenzahlung. Der Wert des Steuerbonus hängt vom persönlichen Steuersatz ab.

Nur für Sozialversicherungspflichtige

Der Bonus soll allerdings nur für Beschäftigte gelten, die sozialversicherungspflichtig sind. Die Aktivrente gilt nicht für Selbständige, Unternehmer*innen, Freiberufler*innen, Landwirte und Beamt*innen. Viele Betroffenen finden es ungerecht, dass sie keinen Steuerbonus erhalten, wenn sie im Rentenalter noch arbeiten. 

Die Bundesregierung begründet die Ungleichbehandlung damit, dass ein Arbeitskräftemangel im Bereich der abhängigen Beschäftigungsverhältnisse bestehe, dem sie mit den Steueranreizen gezielt entgegenwirken will. Selbständige und Unternehmer*innen arbeiten, so die Bundesregierung, dagegen heute schon häufig nach Erreichen der Altersgrenze weiter. Hier sei deshalb kein Steueranreiz erforderlich. Auch aus Haushaltsgründen sei es „notwendig, steuerliche Anreize gezielt da zu setzen, wo sie besonders erforderlich sind.“

Aktivrente wird nach zwei Jahren überprüft

Verfassungsrechtlich dürfte diese Begründung für die Ungleichbehandlung ausreichen. Das Bundesverfassungsgericht räumt der Politik bei Subventionen eine „große Gestaltungsfreiheit“ ein. Es genüge, wenn der Kreis der Begünstigten „sachgerecht abgegrenzt“ werde, so das Gericht in einer Entscheidung von 2014. Auch für steuerliche Begünstigungen gelte nichts anderes.  

Verfassungsbeschwerden von Ärzt*innen oder Handwerker*innen dürften also keine großen Erfolgsaussichten haben. Sie müssen eher politischen Druck aufbauen, wenn sie die Aktivrente auch erhalten wollen. Oder sie warten, bis auch in ihrem Bereich ein Mangel festgestellt wird. Laut Gesetzentwurf soll nach zwei Jahren geprüft werden, ob sich die Aktivrente bewährt hat und ob durch die Einbeziehung von Selbständigen „zusätzliche Wachstumsimpulse“ erschlossen werden können. 

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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1 Kommentar

Gespeichert von Theo H. (nicht überprüft) am Fr., 14.11.2025 - 12:32

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