Inland

Sozialstaat reformieren: Warum die SPD eine eigene Kommission aufstellt

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an Vorschlägen für eine Reform des Sozialstaats. Die SPD wird die Arbeit mit einem eigenen Gremium begleiten. Neuigkeiten gibt es auch beim Bürgergeld.

von Lea Hensen · 29. September 2025
Die SPD bringt laut Co-Parteichefin Bärbel Bas eine eigene Sozialstaatskommission ein.

Die SPD bringt laut Co-Parteichefin Bärbel Bas eine eigene Sozialstaatskommission ein.

Schwarz-Rot will den Sozialstaat reformieren, da sind sich SPD und CDU/CSU einig. Wie SPD-Chefin Bärbel Bas am Montag bekannt gab, soll ein eigenes Gremium der SPD die Arbeit der Bundesregierung an einer Sozialstaatsreform begleiten. Die Bundesregierung hatte Anfang September eine Sozialstaatskommission mit Vertreter*innen aus Bund, Länder und Kommunen sowie Expert*innen eingesetzt, um Vorschläge für eine Reform zu erarbeiten. SPD-Chefin Bärbel Bas erklärte am Montag in Berlin: „Wir werden die Arbeit der Bundesregierung mit unseren eigenen Vorschlägen flankieren.“

Bas sagte, viele Bürger*innen würden den Sozialstaat heute als ungerecht empfinden. Während Teile der Union über zu hohe Kosten für Sozialleistungen klagen, will die SPD mehr Transparenz und Effizienz. Bas kommt in der Debatte eine Doppelrolle zu. Als Bundesarbeitsministerin steuert sie die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission. Als Parteivorsitzende sagte sie am Montag, die zusätzliche Arbeit des SPD-Gremiums sei notwendig, „weil ich als Partei immer mehr möchte, als die Kommission erarbeiten wird“. 

Sozialstaat effektiver und transparenter machen

Nach Angaben der SPD sind unter anderem die stellvertretenden Parteivorsitzenden und DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi Teil der Kommission, außerdem Vertreter*innen aus den SPD-Arbeitsgemeinschaften wie Jusos oder der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit. Die Kommission selbst ist in fünf Arbeitsgruppen organisiert. Eine setzt sich mit dem Bereich Erwerbsarbeit und soziale Sicherung auseinander, die anderen mit den Bereichen Gesundheit und Pflege, Rente sowie Kinder und Familie. Die fünfte Gruppe soll Vorschläge für einen bürgernahen Sozialstaat erarbeiten. Bas erwähnte, es gehe auch um einen neuen Einkommensbegriff. 

„Die SPD will den Sozialstaat, wie wir ihn kennen, behalten“, betonte sie am Montag in Berlin, „aber effektiver und transparenter machen.“ Die Menschen, die mehr beitragen könnten, sollen stärker einbezogen werden. Diejenigen, die den Sozialstaat missbrauchen, sollten Konsequenzen tragen. Die SPD-Kommission will ihre Ergebnisse – parallel zur Sozialstaatskommission der Bundesregierung – bis Ende Januar 2026 vorstellen.

Reform durch Umverteilung 

Das SPD-Gremium will Ideen für eine langfristige Reform des Sozialstaats erarbeiten. Dazu gehören Konzepte der Umverteilung zwischen den Berufsgruppen und eine Reform des Steuersystems. Bas hatte in der Vergangenheit zum Beispiel vorgeschlagen, die Rentenversicherung auf Selbstständige und Beamten auszudehnen, um die Rentenkasse zu entlasten.

Die Sozialstaatskommission der Bundesregierung prüft dagegen Schritte, die noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden können. Dazu gehört, Leistungen wie Bürgergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld zusammenzulegen, um Verwaltungskosten zu sparen. Bundeskanzler Merz hatte härtere Sanktionen beim Bürgergeld in Aussicht gestellt, außerdem soll die Obergrenze der Wohnkosten abgesenkt werden, die der Staat übernimmt. Die Sozialstaatskommission der Bundesregierung beschränkt sich zudem auf steuerfinanzierte Leistungen wie Bürgergeld und Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss oder Elterngeld. Für Leistungen aus der Renten-, Gesundheits- und Pflegeversicherung sind eigene Kommissionen zuständig.

Vorschlag für Bürgergeld-Reform in Sichtweite

Zur Reform des Bürgergelds sagte Bas am Montag, sie sei zuversichtlich, dass es „in den nächsten 14 Tagen spätestens“ gelingen werde, zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen. Die Debatte um eine Reform wurde in den vergangenen Tagen von einem Schlagabtausch zwischen dem Bundeskanzler und der SPD-Vorsitzenden begleitet. So hatte Friedrich Merz in der vergangenen Woche angedeutet, er wolle die Reform nicht dem Arbeitsministerium überlassen. Bas entgegnete daraufhin in der Haushaltsdebatte im Bundestag: „Wir machen das zur Chefinnen- und zur Chefsache. Wir machen das zusammen.“ 

Am Montag sagte sie, der Bundeskanzler habe sich „vielleicht falsch ausgedrückt“, und betonte erneut, man arbeite seit Wochen zusammen, um einen gemeinsamen Konsens in der Koalition zu finden. Den Angaben nach liegt ein Gesetzesentwurf für eine Bürgergeld-Reform bereits vor. Neben Merz und Bas sollen auch die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Carsten Linnemann (CDU) und Dagmar Schmidt (SPD) mit am Verhandlungstisch sitzen.

Schlagwörter
Autor*in
Lea Hensen
Lea Hensen

ist Redakteurin des „vorwärts“.

Weitere interessante Rubriken entdecken

12 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 30.09.2025 - 08:41

Permalink

Die SPD muss wieder erkennen, daß das Florieren der Wirtschaft und damit auch die Sicherung des Sozalstaates, von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängt und nicht wie es FDPCDSUAFD, Mainstream Medien, und leider auch Teile der SPD meinen von der Arbeitswilligkeit der Bürger.
Dies zu erkennen und ihne falsche Kpmpromisse auch in die Öffentlichkeit zu tragen ist Aufgabe der SOZIALDEMOKRATIE.

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Di., 30.09.2025 - 09:04

Permalink

Was die "CD"U/"CS"U als Reform darstellt, bedeutet nichts anderes als sozialer Kahlschlag und weitere Macht und Vermögenszuwächse bei den Reichen.
Damit fördert sie weitere Stimmenzuwächse bei der AfD, mit der sie dann gerne koaliert.

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Di., 30.09.2025 - 13:02

Permalink

Reformieren heißt erneuern. Im Politiksprech ist das Wort reformieren das Tarnwort für reduzieren/vermindern. In der Sozialpolitik ist damit regelmäßig ungerechtfertigter Sozialabbau gemeint. Beim Bürgergeld muss dem bandenmäßigen Betrug durch mafiöse Strukturen bei der Arbeitsbeschaffung für EU-Ausländer in der BRD (= Minijob + Aufstockung mit Bürgergeld + ggf. Wohngeld) sofort unterbunden werden!!! Wegen dieses offenkundigen Missstandes darf aber nicht die weit, weit überwiegende Mehrheit der Bürgergeldbezieher unter den Generalverdacht der geplanten Faulheit gestellt werden - wie dies sehr oft von CDU/CSU / FDP/ AfD wider besseres Wissen (aber auch von gewissen Personen aus der SPD) getan wird! Das ist regelmäßig verächtliches "Treten nach unten". Das Niveau des Bürgergeldes an sich ist nach Ansicht von Ulrich Schneider (Paritätischer Wohlfahrtsverband) zu gering. Das sollte vorurteilsfrei und ernsthaft geprüft werden. Bürgergeld ist kein Almosen, sondern dient der Menschenwürde!

Gespeichert von Britt Schröder (nicht überprüft) am Di., 30.09.2025 - 13:53

Permalink

Vielleicht wäre es sinnvoll, endlich mal die Vermögenden (ab 1 Million €) vernünftig zu besteruern, als immer nur an den Schwächsten der Gesllschaft sparen zu wollen. Und dass die Bürgergeldkosten gestiegen sind, hat nichts damit zu tun, dass diese Bevölkerungsschicht in "Saus und Braus" lebt, sondern unter anderem, dass vom Jobcenter Wuchermieten in Schrottimmobilien, die z.B. Vonovia und Konsorten gehören, übernommen werden, anstatt, den Wohnungsbaugesellschaften eine Sanierung und dem Wohnkomfort entsprechende Miethöhe vorzuschreiben. Aber solange, wie der ehemalige Arbeitgeber unsere Bundeskanzlers, Blackrock, an solchen Unternehmen Geld verdient, wird sich daran nichts ändern. Das hört sich an, als ob ich Mitglied der Linken bin, tatsächlich bin ich 1992 aus Überzeugung in die SPD eingetreten und suche seit Gerhard Schröder die soziale Komponente in der ältesten deutschen Arbeiterpartei!

Gespeichert von Kolb, Gerald (nicht überprüft) am Di., 30.09.2025 - 16:24

Permalink

Es ist eine Unterstellung, der CDU zu nachzusagen, Sie wolle eine Umverteilung von "unten" zu den Reichen, um dann mit der AfD zu koalieren. Es kann im Übrigen immer nur von den Habenden zu den nicht oder wenig Habenden verteilt werden. Dies geschieht über Steuern. Jede Verkehrung dieser Tatsache ist schlichtweg falsch, mathematisch absurd und Propaganda. Erbschafts- und Vermögensbesteuerung sind dem Grunde nach gesetzlich sanktionierte Enteignungen, auch wenn deren Propagierung noch so populär ist und immer lautstarker gefordert wird. Das Argument der "Gerechtigkeit" passt nicht dazu, es sei denn, man übersetzt Gerechtigkeit mit Gleichheit der Vermögen. Dieses Land ist keine Ständegesellschaft und sozial durchlässig. Dass der soziale Aufstieg an intrinsischen Faktiren in manchen Fällen scheitert liegt nicht an gesellschaftlichen Hürden und ist nicht durch immer mehr Umverteilung nach dem "Gießkannenprinzip" zu lösen,sondern durch Fördern und Fordern. Ersteres geschieht.
G. K.

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Mi., 01.10.2025 - 12:27

Antwort auf von Kolb, Gerald (nicht überprüft)

Permalink

Sehr geehrter Herr Kolb. Ich habe Ihren Kommentar zweimal in Ruhe gelesen.
Danach fiel mir spontan die ehemalige britische PM Margret Thatcher (eiserne Lady) ein:
"Es gibt k e i n e G e s e l l s c h a f t, es gibt nur I n d i v i d u e n" .

Herr Kolb, falls Sie noch kein Mitglied der BlackRock-Merz-CDU sind, sollen Sie unverzüglich der BlackRock-Merz-CDU beitreten.
(Nur zum Verständnis: Ich bin 1953 geboren. Noch nie im meinem Leben habe ich CDU gewählt und werde dies in meinem restlichen Leben auch nicht tun.
Aber ich hätte als letzte demokratische Möglichkeit keine Koalitionsprobleme z.B. mit einer ' Norbert Blüm/Rita Süssmut/Hanna-Renate Laurien/Hans Katzer-CDU ' .)

P.S. Peter Boettels Einlassung ist natürlich zulässig und seine Schlussfolgerung liegt n i c h t (!) außerhalb der Lebenserfahrung.

Gespeichert von Kolb, Gerald, … (nicht überprüft) am Mi., 01.10.2025 - 16:45

Antwort auf von Helmut Gelhardt (nicht überprüft)

Permalink

Ich gehöre ebenfalls dem Jahrgang 1953 an. Entstamme sog. "einfachen Verhältnissen" (Vater Arbeiter, Mutter kfm. Angestellte). Ehrliche und anständige Leute mit klaren Prinzipien u.a. Mein und Dein zu unterscheiden, galt auch für die Betrachtung der Gesellschaft. Förderung durch das Elternhaus: "Das Kind soll es besser haben" - durch sozialen Aufstieg. Der Staat tat in den späten 1960gern und Anfang 70gern das Seine (Bafög, sogar Schülerbafög u.a.), dies zu ermöglichen. Die Bundesrepublik Deutschland ist eine durchlässige Gesellschaft ohne Standesgrenzen, ich habe sie als solche im Vergleich zu etwa Frankreich und England nie anders erlebt. Und ich kenne viele, die ihren Weg ähnlich mit Aufstieg durch Bildung und Ausbildung gegangen sind. Beim Rückzahlen des Bafögdarlehns habe ich mich seinerzeit schriftlich über das zust. Amt beim Deutschen Volk bedankt, für die gebotenen Möglichkeiten. Bildung fördern und Leistung zulassen und die die fallen, auffangen, gelernt im Elternhaus.

Sehr geehrter Herr Kolb, ich stelle Ihre und Ihrer Eltern Unbescholtenheit absolut n i c h t in Frage. Aber ich glaube,
Sie haben eine inhaltlich 'verengte' Wahrnehmung der allgemeinen Verhältnisse.
Es gibt inhaltlich keinen Grund die BlackRock-Merz-CDU zu verteidigen.
Die Formel: 'Strengt Euch an und dann wird auch etwas aus euch'
stimmt gesamtgesellschaftlich schon lange nicht mehr.
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Gelhardt

Sehr geehrter Herr Freitag,
dann erlauben Sie bitte, dass ich ebenso verkürzt wie zugespitzt antworte: Immer mehr Klassenkampf durch ihre Mitglieder, sowie Mandats- und Amtsträger für immer weniger Wähler! Ist das die Zukunft der "Volkspartei" SPD? Na, dann ...

Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.