Warum die Sozialstaatskommission nicht über die Rente verhandelt
Eine neue von der Bundesregierung eingesetzte Kommission soll den Sozialstaat reformieren. Die Verwaltung soll bürgernäher werden, wenn es um Anträge für Bürger- oder Wohngeld geht. Über Rente, Pflege und Gesundheit entscheiden jeweils eigene Kommissionen.
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Bürokratieabbau in den Sozialverwaltungen: Die neue Sozialstaatskommission soll Vorschläge erarbeiten, damit staatliche Unterstützung wie Kinder- oder Wohngeld künftig unbürokratischer und schneller erfolgen kann
Am 1. September wird die neue Sozialstaatskommission zu ihrer ersten Sitzung zusammenkommen. Sie soll Vorschläge erarbeiten, die Verwaltung in Deutschland zu modernisieren und zu vereinfachen. Dabei geht es schwerpunktmäßig um steuerfinanzierte Leistungen wie Bürgergeld und Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss oder Elterngeld. Für Leistungen aus der Renten-, Gesundheits- und Pflegeversicherung sind wiederum eigene Kommissionen zuständig.
Sozialstaatskommission
Die Sozialstaatskommission war im Koalitionsvertrag vereinbart, Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas hat sie im August eingesetzt. Eine erweiterte Regierungskommission mit Vertreter*innen von Bund, Ländern und Kommunen soll Vorschläge erarbeiten, wie die Sozialverwaltungen bürgerfreundlicher und wirksamer werden können. Anders gesagt: Staatliche Unterstützung soll unbürokratischer und schneller erfolgen, so zumindest formuliert es die Arbeitsministerin. „Wer in Not gerät, muss sich auf den Sozialstaat verlassen können, ohne Wenn und Aber“, erklärte sie.
Tatsächlich aber sind viele Antragsstellungen kompliziert, weil unterschiedliche Behörden zuständig sind. Die Arbeit bleibt oftmals bei den Leistungsberechtigten hängen, viele nehmen die ihnen zuständige Hilfe gar nicht in Anspruch. Deshalb sollen die überwiegend steuerfinanzierten Leistungen wie etwa Wohngeld und Kinderzuschlag zusammengeführt und besser aufeinander abgestimmt werden. Verwaltungsabläufe sollen effizienter und beschleunigt werden.
Begleitet wird die Arbeit der von jeweils zwei Abgeordneten der Koalitionsfraktionen. Auch Exper*innen und Vertreter*innen der Sozialverbände und Sozialpartner werden eingebunden. Die Kommission soll bis Ende 2025 einen Bericht mit Empfehlungen und Prüfaufträgen vorlegen, die Anfang 2026 in den Ressorts konzeptionell weiterentwickelt werden. Die Federführung liegt beim Bundesarbeitsministerium.
Bund-Länder-Arbeitsgruppe Pflege
Im Koalitionsvertrag ist von einer „großen Pflegereform“ die Rede, die Union und SPD gemeinsam auf den Weg bringen wollen. Dazu hat bereits im Juli die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Pflege ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll zum einen Vorschläge erarbeiten, wie die Finanzierung der Pflege gesichert werden kann. Für das laufende Jahr wird in der Pflegeversicherung ein Minus von 1,65 Milliarden Euro erwartet, das sich 2026 auf 3,5 Milliarden Euro erhöhen könnte, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion Christos Pantazis dem vorwärts. Gleichzeitig ist Anfang des Jahres der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung von 3,4 auf 3,6 Prozent (Kinderlose zahlen 4,2 Prozent) gestiegen. Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen zahlen je zur Hälfte 1,8 Prozent des Grundbetrags.
Die Arbeitsgruppe wird sich zum anderen damit beschäftigen, wie die ambulante und häusliche Pflege gestärkt werden kann. Denn von den aktuell rund 5,7 Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland werden 86 Prozent, rund 4,9 Millionen Menschen, zu Hause versorgt.
Unter Federführung der Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sind die auf Länderebene für Pflege zuständigen Minister*innen Teil der Kommission. Hinzu kommen Mitglieder des Deutschen Städtetags, des Deutschen Landkreistags und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Ergebnisse sollen bereits im Dezember vorliegen, um möglicherweise bereits nach dem Jahreswechsel in die Gesetzgebung gehen zu können.
Rentenkommission
Auch wenn es um die Zukunftspläne für die gesetzliche Altersvorsorge geht, soll zunächst eine Kommission eingesetzt werden. Ihr Start ist aber erst für Angang 2026 geplant. Laut Koalitionsvertrag soll diese Kommission bis zur Mitte der Legislatur, das heißt im Frühjahr 2027, die „Alterssicherung für alle Generationen auf verlässliche Füße stellen“. Dabei wird es in erster Linie um die finanzielle Sicherung der Renten gehen. Aber auch um Fragen, wie das Rentenniveau und die Beiträge stabilisiert werden können, ob weitere Berufsgruppen aufgenommen werden oder das Renteneintrittsalter angehoben wird.
Anfang August hatte die Bundesregierung, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, das Rentenniveau bei 48 Prozent gesetzlich bis zum Jahr 2031 abgesichert. Auch diese Kommission wird unter der Federführung des Bundesarbeitsministeriums und der SPD-Ministerin Bärbel Bas liegen.
Kommission für die gesetzliche Krankenkasse
Auch die gesetzliche Krankenversicherung soll ihre Kommission erhalten. Die Beiträge zu den Krankenkassen sollen langfristig stabilisiert, eine hohe Qualität und ein hohes Niveau der Leistungen sollen gesichert werden. Um diese Aufgabe zu meistern, sieht der Koalitionsvertrag ebenfalls eine Kommission unter Beteiligung von Expert*innen sowie den Sozialpartnern vor. Auch wenn das zuständige Bundesgesundheitsministerium bislang noch keinen Startschuss erteilt hat, werden ebenso wie bei der Rentenkommission Vorschläge bis zum Frühjahr 2027 erwartet.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.
beispielgebend bei der Einbürgerung in Berlin bereits möglich gemacht wurden. Das brauchen wir auch in weiteren Sozialbereichen