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Änderung der Geschäftsordnung: „Den Bundestag widerstandsfähiger machen“

SPD und Union wollen die Geschäftsordnung des Bundestages verschärfen. Zugleich sollen Volksverhetzer*innen nicht mehr für öffentliche Ämter kandidieren dürfen. Was genau geplant ist, erklärt der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner im Interview.

von Lars Haferkamp · 11. September 2025
Stein des Anstoßes: „Es ist vor allem die AfD-Fraktion, die Hass und Hetze verbreitet. Das vergiftet die Debatte. Und dagegen gehen wir vor“, sagt Johannes Fechner, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundesfraktion.

Stein des Anstoßes: „Es ist vor allem die AfD-Fraktion, die Hass und Hetze verbreitet. Das vergiftet die Debatte. Und dagegen gehen wir vor“, sagt Johannes Fechner.

Warum will die Koalition aus SPD und Union die Geschäftsordnung des Bundestages reformieren?

Die Geschäftsordnung ist überholt. Sie stammt aus dem Jahr 1980. Und da ist jetzt nach 45 Jahren eine grundlegende Reform erforderlich.

Was genau ist geplant?

Wir wollen einige Regeln modernisieren. Wir wollen die Debatten lebendiger gestalten. Und wir wollen den Bundestag widerstandsfähiger machen gegen das Treiben von Verfassungsfeinden im Parlament.

Welche Rolle spielt dabei das Gebaren der AfD im Bundestag?

Wir wollen ausschließen, dass Verfassungsfeinde – egal welcher politischen Richtung – parlamentarische Abläufe ausnutzen für ihre parteitaktischen Spielchen oder dass sie diese Abläufe verächtlich machen. Einen solchen Missbrauch nehmen wir nicht hin. Denn dahinter steht die Absicht, unsere Demokratie zu schwächen. Und dagegen wehren wir uns.

Was meinen Sie mit „Spielchen“ und „Missbrauch“?

Wir werden klare Wahl- und Abwahlverfahren einführen, etwa für die Ämter der Ausschussvorsitzenden. Damit wollen wir verhindern, dass offensichtlich unqualifizierte Personen wichtige Ämter bekommen. Die Wahlverfahren werden darüber hinaus gestrafft.

Das bedeutet in der Praxis?

Wenn eine Fraktion nicht bereit oder in der Lage ist, für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten einen qualifizierten Vorschlag zu machen, dann benötigt die Fraktion künftig, wenn drei Kandidaten gescheitert sind, für den vierten Vorschlag die Zustimmung von mindestens 25 Prozent der Abgeordneten. Wir beenden das unwürdige Spiel, dass wir in regelmäßigen Abständen Wahlen für die Vizepräsidentschaft haben mit nicht wählbaren unqualifizierten Kandidaten.

Johannes
Fechner

Der Bundestag soll ein Vorbild für die politische Debattenkultur im Land sein. Deswegen nehmen wir es nicht länger hin, dass Hass und Hetze im Bundestag verbreitet werden.

Die Koalition plant auch härtere Strafen, wie ein erhöhtes Ordnungsgeld. Wirkt das?

Davon gehen wir aus. Der Bundestag soll ein Vorbild für die politische Debattenkultur im Land sein. Deswegen nehmen wir es nicht länger hin, dass Hass und Hetze im Bundestag verbreitet werden. Wir verdoppeln die Höhe der Ordnungsgelder auf 2.000 Euro und im Wiederholungsfall auf 4.000 Euro. Und es gibt künftig einen neuen Automatismus: Wer drei Ordnungsrufe erhält, bekommt dann automatisch ein Ordnungsgeld. In der AfD scheinen Ordnungsrufe als „Auszeichnungen“ gesehen zu werden. Dagegen setzen wir nun ein spürbares Zeichen.

Die Bedrohung der parlamentarischen Demokratie durch gesichert verfassungsfeindliche Kräfte im Bundestag ist mit der Geschäftsordnung allein aber nur sehr begrenzt zu bekämpfen, oder?

Allein sicher nicht, aber sie ist ein wichtiger Baustein, den man nicht unterschätzen sollte. Wir gehen im Kampf gegen Verfassungsfeinde über die Geschäftsordnung hinaus mit weiteren Gesetzesvorhaben.

Nämlich?

Wir wollen durch eine Erweiterung des Strafgesetzbuches dafür sorgen, dass eine Person, die mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, nicht mehr für öffentliche Ämter kandidieren darf. Auf keiner Ebene in Deutschland, vom Bund bis zur Kommune.

Ein weiteres wichtiges Ziel der Reform sind lebendigere Debatten im Plenum des Bundestags. Was genau soll sich hier ändern?

Besonders hoch her geht es im Bundestag zu aktuellen Themen, die in einer Aktuellen Stunde debattiert werden. Hier waren bisher keine Zwischenfragen und keine Kurzinterventionen gestattet, beides wollen wir künftig ermöglichen. Denn es macht die Debatte spannender und lebendiger.

Der 
Gesprächspartner

Johannes Fechner ist Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundesfraktion.

Johannes Fechner ist Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundesfraktion.

Manche Beobachter*innen haben den Eindruck, die Plenardebatten seien eher zu lebendig: also aufgeheizt und emotional, statt nüchtern und sachlich.

Es ist vor allem die AfD-Fraktion, die Hass und Hetze verbreitet. Das hat nichts mit einer lebendigen Debatte zu tun, es vergiftet die Debatte. Und dagegen gehen wir jetzt mit den zu beschließenden Verschärfungen vor.

Die AfD sagt, das Vorgehen sei unfair, es richte sich einseitig gegen sie.

Das tut es nicht. Die Regeln gelten für alle Fraktionen im Bundestag gleichermaßen. Die AfD hält sich aber überdurchschnittlich oft nicht an die Regeln und ist dann auch öfter von Sanktionen betroffen. Das hat sie sich aber durch ihr Fehlverhalten selbst zuzuschreiben.

Wann sollen die neuen Regeln in Kraft treten?

Der Bundestag berät das Ganze am 12. September in Erster Lesung. Wir wollen zügig zur Verabschiedung kommen. Dann kann die neue Geschäftsordnung noch in diesem Jahr in Kraft treten.

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