Corona-Aufarbeitung im Bundestag: So funktioniert die Enquete-Kommission
Lange Zeit wurde um sie gestritten, nun ist es so weit: Die Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie nimmt diese Woche ihre Arbeit auf. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu.
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Kontaktbeschränkung, Maske, Test, Impfung: Die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus waren vielfältig - und umstritten.
Mehr als fünf Jahre ist der erste Corona-Lockdown im März 2020 nun her. Damals konnte niemand voraussehen, welche Folgen die Corona-Maßnahmen für die verschiedenen Gruppen und Bereiche der Gesellschaft haben würden. Doch nun soll genau das in einer Enquete-Kommission aufgearbeitet werden, die mit der konstituierenden Sitzung am Montagnachmittag dieser Woche ihre Arbeit aufnimmt.
Was ist eine Enquete-Kommission?
Eine Enquete-Kommission wird dann eingesetzt, wenn es darum geht, Themen von besonderem Umfang und besonderer Bedeutung genauer zu untersuchen. Das kann auf Bundes-, aber auch auf Länderebene der Fall sein.
Enquete-Kommissionen bestehen aus Abgeordneten des Parlaments und – anders als Untersuchungsausschüsse – auch aus Sachverständigen aus der Gesellschaft, die am Ende ihrer gemeinsamen Arbeit einen Abschlussbericht vorlegen.
Wer ist Teil der Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Coronapandemie?
Die Kommission setzt sich aus 28 Mitgliedern zusammen. 14 von ihnen sind Fachleute aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft – beispielsweise Lehrer*innen, Wissenschaftler*innen und medizinische Fachkräfte. Weitere 14 sind Abgeordnete des deutschen Bundestags.
Alle derzeit im Bundestag vertretenen Parteien sind in der Enquete-Kommission vertreten: Die Union mit fünf Abgeordneten, SPD und AfD mit jeweils drei Abgeordneten, die Grünen mit zwei Abgeordneten und die Linke mit einem. Die SPD-Mitglieder der Kommission sind die Abgeordneten Jens Peick, Daniel Rinkert und Lina Seitzl. Designierte Vorsitzende der Kommission ist die CDU-Bundestagsabgeordnete Franziska Hoppermann.
Wie arbeitet die Corona-Enquete im Bundestag?
Sitzungen der Kommission sind prinzipiell nicht-öffentlich, auch wenn öffentliche Anhörungen, beispielsweise von Expert*innen, möglich sind. So soll auch die Perspektive von Bürger*innen einbezogen werden.
Am Ende der Untersuchung steht dann der für den 30. Juni 2027 angekündigte Abschlussbericht der Corona-Enquete, der die Ergebnisse zusammenfassen und Handlungsempfehlungen beinhalten soll. Bedeutende Zwischenergebnisse sollen jedoch auch vorher schon der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Welche Themen soll die Enquete-Kommission behandeln?
Die Kommission soll sich mit einer großen Bandbreite an Themen befassen. Dazu gehören einerseits gesellschaftliche Aspekte wie beispielsweise die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf Kinder, Jugendliche und ältere Menschen, aber auch die Corona-Hilfen und die Folgen der Pandemie für Kultur, Tourismus, Ehrenamtliche und Vereine.
Andererseits soll sich die Enquete-Kommission auch mit politischen Aspekten befassen, wie etwa dem Krisenmanagement in den Bund-Länder-Runden der Ministerpräsidentenkonferenz, die Einbindung wissenschaftlicher Expertise, dem rechtlichen Rahmen der Coronamaßnahmen und der Beschaffung von beispielsweise Schutzmasken und Coronatests.
Welches Ziel hat die Enquete-Kommission?
Im Interview mit dem „vorwärts“ sagte die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt: „Ziel der Enquete-Kommission ist es, die staatlichen und gesellschaftlichen Reaktionen in der Pandemie umfassend zu analysieren, Fehler wie Erfolge ehrlich zu benennen und daraus konkrete Lehren für die Zukunft zu ziehen.“ Dabei gehe es nicht um Schuldzuweisungen, betonte Schmidt, sondern vielmehr darum, für die Zukunft zu lernen.
Die Kommission soll also dabei helfen, in Zukunft besser auf eine Pandemie vorbereitet zu sein. Gleichzeitig erhoffen sich viele auch, dass eine umfangreiche Aufarbeitung auch gesellschaftlich mehr Sachlichkeit in die Debatte über die Corona-Politik bringen könnte.