Mattis Dieterich: Wie ein SPD-Kandidat in Köln 48,2 Prozent geholt hat
In großen Universitätsstädten wie Düsseldorf, Aachen, Münster, Bonn oder Köln tat sich die SPD bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen schwer. Doch in einem Kölner Wahlkreis hat ausgerechnet ein SPD-Kandidat mit 48,2 Prozent das beste Ergebnis geholt. Wie hat Mattis Dieterich das geschafft?
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SPD-Kandidat Mattis Dieterich hat bei der Kommunalwahl in Köln die meisten Stimmen geholt.
Der Kölner Wahlkreis 30 war bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. September einer der Superlative. Grüne, Linke und Volt holten hier ihr schlechtestes Ergebnis, die SPD ihr bestes. Zugleich waren die 48,26 Prozent, die Mattis Dieterich in Chorweiler 3 für die SPD holte, auch das mit Abstand beste Ergebnis aller Kölner Ratskandidierenden. Und das ausgerechnet im Kölner Norden, der noch bei der Bundestagswahl im Februar als Hochburg der rechtsextremen AfD in der ansonsten so weltoffenen Domstadt galt.
Dieterich ging dorthin, wo lange keiner war.
2019 wurde Dieterich SPD-Stadtbezirksvorsitzender in Chorweiler. „Ich habe einfach angefangen, wieder zu den Vereinen zu gehen und Veranstaltungen zu besuchen. Ich habe bewusst geschaut, welche Vereine hier eine große Bedeutung haben und bin dort hingegangen, um Präsenz zu zeigen und ansprechbar zu sein“, erzählt der junge Sozialdemokrat im Gespräch mit dem „vorwärts“. Vielerorts hätten die Menschen ihm berichtet, dass sie seit Langem niemanden mehr aus der Politik gesehen hätten.
Dieterich kam und war ansprechbar, auch über die sozialen Medien. Über Instagram und lokale Facebook-Gruppen erreichten die Menschen ihn und meldeten ihm, wenn ein Stolperstein oder eine Hecke ungepflegt war. Er kümmerte sich dann, nahm Kontakt zur Verwaltung oder den Stadtwerken auf und sorgte dafür, dass das Problem behoben wurde. Manche belächelten ihn dafür. Doch so schaffte Dieterich wieder Vertrauen, in die Demokratie und in sich.
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Ich habe dort auf die richtigen Themen gesetzt.
Zugleich sorgte der 25-Jährige dafür, dass die rechtsextreme AfD, die häufig aus der Demokratieverdrossenheit der Menschen ihre Stärke zieht, im Vergleich zur Bundestagswahl an Stimmen verlor. Im Stadtteil Blumenberg lag die SPD noch hinter der AfD, nun distanzierte Dieterich die Rechten um knapp 15 Prozentpunkte. „Ich habe dort auf die richtigen Themen gesetzt“, sagt er selbstbewusst und nennt beispielhaft einen Sparkassenautomaten, Tore und Spielgeräte für einen Spielplatz, ausreichend Parkplätze und einen regelmäßigen Busverkehr. Lokale Themen, die die Menschen jedoch unmittelbar betreffen. Das zahlte sich aus: „Ich habe an vielen Stellen die Stimmung getroffen“, sagt Dieterich über seine Kampagne.
Weil Köln nicht am Ring endet
Denn viele Menschen hätten das Gefühl gehabt, dass sich die lokale Politik zu sehr auf Probleme in der Innenstadt fokussiere. Er hielt plakativ dagegen, im wahrsten Sinne des Wortes. Zum Beispiel hing er einmal ein Plakat mit der Aufschrift „Köln endet nicht am Militärring“ auf. Die Botschaft war klar: Der Kölner Norden solle nicht abgehängt werden.
Um das zu garantieren, schickten die Menschen in seinem Wahlkreis den 25-Jährigen mit einem Rekordergebnis in den Stadtrat. Dort wolle er klarmachen, dass Köln 86 Stadtteile habe. Ob Kitabetreuung, Nahverkehr oder Radwege – nicht nur die Innenstadt solle davon profitieren.
Wahlkampf für Burmester
Doch bevor die neue Ratsperiode beginnt, macht Dieterich zwei Wochen lang weiter Wahlkampf. Denn auch der SPD-Oberbürgermeisterkandidat Torsten Burmester erreichte im Wahlbezirk Chorweiler 3 sein bestes Ergebnis und schaffte so den Einzug in die Stichwahl. Dieterich will die Menschen in seinem Wahlkreis davon überzeugen, Burmester nun zum Oberbürgermeister zu wählen. Dafür wird er noch einmal flächendeckend Flyer verteilen und nimmt Burmester am Wochenende mit auf die Kirmes im Stadtteil Worringen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo