NRW-Kommunalwahl: Wo die SPD gute Chancen in der Stichwahl hat
Die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen sind für die SPD historisch schlecht ausgegangen. Die Landesvorsitzenden Sarah Philipp und Achim Post sehen darin Licht und Schatten. Zugleich hoffen sie auf ein positives Ergebnis ihrer Kandidierenden bei den Stichwahlen am 28. September.
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Sarah Philipp und Achim Post, Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, geben im Johannes-Rau-Haus, der Parteizentrale, ein Statement zu den Kommunalwahlen ab.
„Das Erstarken der AfD darf niemanden kaltlassen“, sagt die NRW-SPD-Vorsitzende Sarah Philipp am Tag nach den Kommunalwahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands in einem gemeinsamen Pressestatement mit ihrem Co-Vorsitzenden Achim Post in Düsseldorf. Die rechtsextreme Partei hat ihr Ergebnis in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu vor fünf Jahren ungefähr verdreifacht, ist gar in drei Städten in die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters eingezogen.
Am besten abgeschnitten hat die rechtsextreme Partei in Gelsenkirchen, wo sie sowohl bei der Stadtrats- als auch bei der Oberbürgermeisterwahl knapp 30 Prozent der Stimmen erzielte. Vorne liegt dennoch klar die SPD, in Person von Andrea Henze. Sie erhielt die Zustimmung von 37 Prozent der Wähler*innen und besitzt damit beste Chancen, die Wahl im zweiten Anlauf am 28. September für sich zu entscheiden.
Gute Chancen für die SPD in Duisburg, Bochum und Dortmund
Zur gleichen Konstellation kommt es auch in Duisburg, wo der beliebte SPD-Amtsinhaber Sören Link mit 46 Prozent nur knapp an einem Sieg im ersten Wahlgang vorbeischrammte. Die Ausgangslage gegenüber seinem AfD-Kontrahenten, der auf 19 Prozent Zustimmung kam, scheint daher klar.
Gute Chancen, das Rathaus zu verteidigen, hat die SPD auch in weiteren Ruhrgebietsstädten. In Bochum will der frühere Polizeipräsident Jörg Lukat seinen Parteikollegen Thomas Eiskirch beerben, der nicht wieder antrat. Im ersten Wahlgang kam Lukat auf 41,3 Prozent – fast 20 Prozentpunkte mehr als sein Kontrahent von der CDU. Auch in Dortmund liegt Amtsinhaber Thomas Westphal mit 27,4 Prozent vor der Stichwahl klar auf Kurs Titelverteidigung.
Aufgrund dessen sprechen Post und Philipp in ihrer Bilanz am Tag danach mit Blick auf das Ergebnis der Kommunalwahlen von Licht und Schatten. „Die Kandidatenlage ist besser, als man denkt, wenn man die 22 Prozent sieht. Für uns ist sehr klar, dass man eine Menge machen muss, um aus 22 Prozent wieder mehr Prozente zu machen“, sagt Post und fordert von der Bundesebene einen klareren Fokus auf Sachthemen und weniger Streit über Nebensächlichkeiten.
Auch Sarah Philipp macht deutlich: „Die Parteien der Mitte müssen gemeinsam die Probleme im Land anpacken.“ Von der NRW-Landesregierung fordert sie das Bekenntnis, 80 Prozent der Mittel aus dem Infrastruktur-Sondervermögen den Kommunen zur Verfügung zu stellen. Denn der Auftrag des Grundgesetzes, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, sei das beste Mittel, um die AfD einzudämmen.
Aufholjagd in Essen, Oberhausen und Bielefeld
Mit Blick auf die Stichwahl geht es vielerorts für die SPD-Kandidat*innen am 28. September aber erst einmal darum, einen Rückstand gegenüber der CDU aufzuholen. So gehen die SPD-Kandidatinnen in Mülheim/Ruhr und Essen als Außenseiterinnen in die Stichwahl. Nadia Khalaf liegt in Mülheim mit 28 Prozent klar hinter ihrem CDU-Kontrahenten Marc Buchholz, der am Sonntag auf 38,3 Prozent Zustimmung kam.
In Essen kam Julia Klewin mit 20,2 Prozent als Zweitplatzierte hinter dem amtierenden CDU-Oberbürgermeister Thomas Kufen in die Stichwahl. Dieser holte 42,3 Prozent. Auch Ingo Nürnberger in Bielefeld und Thorsten Berg in Oberhausen wollen für die SPD Rückstände aufholen.
Besser sieht es für die SPD im Bergischen Städtedreieck Solingen-Remscheid-Wuppertal aus. In Remscheid lag der SPD-Landtagsabgeordnete Sven Wolf mit 41,5 Prozent am Sonntag klar vor seinem CDU-Mitbewerber Markus Kötter mit 24,1 Prozent. Auch in Wuppertal hat die SPD-Kandidatin Miriam Scherff nach 33,3 Prozent im ersten Durchgang gute Chancen, das Rathaus nach fünf Jahren für die SPD zurückzuerobern.
In Solingen will der Landtagsabgeordnete Josef Neumann seinen Parteikollegen Tim Kurzbach beerben, der sich nach zehn Jahren im Amt entschieden hatte, nicht wieder anzutreten. Allerdings lag Neumann am Sonntag rund sechs Prozentpunkte hinter dem CDU-Kandidaten.
Torsten Burmester soll Köln für die SPD erobern
Spannend wird das Rennen in der Stichwahl am 28. September gleich in mehreren Städten am Rhein. In Mönchengladbach hat SPD-Amtsinhaber Felix Heinrichs nach 43,4 Prozent im ersten Wahlgang beste Chancen, das Rathaus zu verteidigen. Auch Frank Meyer geht in Krefeld mit einem Vorsprung von fünf Prozentpunkten gegenüber seinem CDU-Kontrahenten in die Stichwahl. Uwe Richrath muss hingegen in Leverkusen einen eben solchen Rückstand aufholen.
In Köln kommt es in der Stichwahl zum einzigen Duell von Grünen und SPD zwischen der Landtagsabgeordneten Berivan Aymaz und dem SPD-Kandidaten Torsten Burmester. Beide kämpfen darum die parteilose Oberbürgermeisterin Henriette Reker zu beerben. Achim Post spricht von guten Chancen, „in der größten Stadt Torsten Burmester durchzubringen“. Er fügt an: „Es ist ein offenes Rennen, aber wir gehen mit Selbstbewusstsein und Zuversicht ran.“
Landratswahlen: SPD führt klar im Kreis Siegen-Wittgenstein
Offen sind auch die Rennen um eine ganze Reihe von Kreishäusern in NRW. Im Kreis Siegen-Wittgenstein liegt Andreas Müller für die SPD mit 44,2 Prozent klar in Führung vor seiner Konkurrentin Susanne Ute Otto (CDU, 29,5 Prozent). Ungefähr gleichauf liegen Karsten Schneider (SPD, 36,3 Prozent) und Bodo Klimpel (CDU/FDP, 39,8 Prozent) im Kreis Recklinghausen sowie Frank Diembeck (SPD/Grüne, 40,6 Prozent) und Mirco Schmidt (CDU, 43,6 Prozent) im Kreis Herford. Dagegen will Sara Zorlu gegen den CDU-Amtsinhaber Sebastian Schuster fast 15 Prozentpunkte Rückstand aufholen und erste Landrätin des Rhein-Sieg-Kreises werden.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo