Weltklimakonferenz COP30: Gemeinsamer Beschluss droht zu scheitern
Können sich die Teilnehmer*innen der Weltklimakonferenz auf einen Beschluss einigen? Am offiziell letzten Verhandlungstag sieht es nicht danach aus. Expert*innen in Berlin teilten ihre Sicht auf die Ereignisse in Belém.
IMAGO/Kyodo News
Die UN-Mitgliedstaaten ringen in Brasilien um eine gemeinsame Abschlusserklärung zu Klimafragen.
Fast zehn Jahre nach Abschluss des Pariser Klimaabkommens ist die Frage nach einem gemeinsamen Fahrplan zum Ausstieg aus fossilen Energien am Ende der 30. UN-Klimakonferenz (COP30) weiter offen. Im Dezember 2015 hatten 195 Staaten und die Europäische Union sich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Doch im Beschlussentwurf der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém wird das Wort „fossil“ nicht einmal erwähnt.
Die Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém ging am Freitag weiter, nachdem das Gelände am Donnerstag kurzfristig wegen eines Feuers evakuiert wurde. Die Klimaschutzverhandlungen sollten eigentlich offiziell enden, könnten allerdings, wie bereits in vergangenen Jahren, verlängert werden.
Enorme Chancen, hohe Erwartungen
In Berlin zog die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen in den Räumen der Schwedischen Botschaft eine erste Bilanz. „Die Bewältigung der Klimakrise ist eine der dringendsten Aufgaben unserer Zeit“, sagte die schwedische Botschafterin Veronika Wand-Danielsson zur Begrüßung. Die Klimakrise biete gleichzeitig enorme Chancen für Länder, die Vorreiter einer innovativen Klimapolitik sein wollen.
Ambitionierte Maßnahmen seien dringender denn je, sagte auch Karsten Sach, ehemaliger Klimadiplomat und deutscher Chefverhandler beim Rahmenübereinkommen UNFCCC, das 1992 in Rio de Janeiro vereinbart wurde. Die Erwartungen an einen gemeinsam gefassten Prozess zur Lösung der Klimakrise nannte er „überbordend“.
Wie schwer sich die UN-Mitgliedstaaten tatsächlich mit einer gemeinsamen Abschlusserklärung tun, wurde in den vergangenen Stunden in Bélem deutlich. UN-Klimakonferenzen müssen in der Regel mit einem einstimmigen Beschluss enden. Doch der zweite Beschlussentwurf, den die brasilianische COP30-Präsidentschaft am Freitag vorlegte, verzichtete erneut auf einen Fahrplan für den Ausstieg aus fossilen Energien. Stattdessen soll der Ausstieg ohne Fristen erfolgen.
Abschlusserklärung wackelt
2015 hatten sich die Staaten verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen zu senken und ihre nationalen Klimaziele alle fünf Jahre zu verschärfen. In Bélem wurden die Klimaziele zum zweiten Mal überprüft. Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva hatte dabei vorgeschlagen, einen konkreten Fahrplan für einen Ausstieg aus den fossilen Energien aufzunehmen. Am Mittwoch änderte Lula seine Meinung und forderte, die Länder sollten den Ausstieg entsprechend ihrer „Möglichkeiten“ vollziehen, „ohne irgendjemandem etwas vorzuschreiben, ohne eine Frist festzulegen“.
Rund 30 Länder, darunter Deutschland, die Niederlande und Kolumbien, hatten daraufhin damit gedroht, das Dokument nicht zu unterschreiben. „Wir können kein Ergebnis unterstützen, das keinen Fahrplan für die Umsetzung eines gerechten, geordneten und fairen Übergangs weg von fossilen Energieträgern enthält“, hieß es in einem Schreiben der Staaten.
Für Deutschland ist unter anderem Bundesumweltminister Carsten Schneider nach Brasilien gereicht. Der SPD-Politiker sagte, die bisherigen Zusagen zur Reduktion der CO₂-Emissionen reichten nicht aus. Schneider forderte, dass über das Jahr 2050 hinaus kein Gas oder Öl mehr genutzt werden. Deutschland vertritt in Brasilien eine gemeinsame Linie mit allen anderen 26 EU-Staaten. Demnach soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bis zu fünf Prozentpunkte sollen ab 2031 durch den Kauf von Klimagutschriften in Drittstaaten eingespart werden.
Kann das 1,5-Grad-Ziel noch eingehalten werden?
Das UN-Umweltprogramm (UNEP) geht davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen bereits innerhalb des kommenden Jahrzehnts überschritten wird. In der Schwedischen Botschaft in Berlin blickte Ex-Klimadiplomat Sach dennoch positiv auf das Klimaabkommen.
„Aus meiner Sicht funktioniert Paris“, sagte er. Für den Fall, dass keine Klimaschutzmaßnahmen vorgenommen worden wären, hätten Klimawissenschaftler*innen ursprünglich eine Erderwärmung um vier Grad bis Ende des Jahrtausend vorhergesagt. Diese Prognosen habe man inzwischen auf rund 2,5 Grad runterkorrigiert, wenn die Länder ihre Klimazusagen einhalten. „Die große Frage ist für mich nicht, was wir im Prozess noch verbessern können, sondern wie wir es schaffen, alle gesellschaftlichen Akteure mitzunehmen“, sagte Sach.