COP 30: Darum geht es bei der Klimakonferenz in Brasilien
Ab dem 10. November trifft sich die Weltgemeinschaft zum Klimagipfel im brasilianischen Bélem. Was soll bei der COP 30 entschieden werden? Und welche Positionen vertritt Deutschland? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
IMAGO/Anadolu Agency
Wohin geht es mit dem weltweiten Klimaschutz? Vom 10. bis 21. November findet die Weltklimakonferenz COP im brasilianischen Belém statt.
Alle Jahre wieder findet kurz vor Weihnachten irgendwo auf der Welt die UN-Klimakonferenz statt. Zur 30. Ausgabe seit dem ersten Treffen 1995 in Berlin reisen die Delegierten in den brasilianischen Regenwald nach Belém. Die sogenannte COP 30 (Conference of the Parties) steht unter verschärfter Beobachtung, nachdem feststeht, dass die USA unter Donald Trump Anfang kommenden Jahres aus dem Pariser Klimaabkommen austreten werden.
Worüber wird bei der Klimakonferenz in Belém verhandelt?
Die Weltgemeinschaft will die Erderwärmung auf „deutlich unter zwei Grad“, möglichst auf 1,5 Grad gegenüber der Zeit vor der industriellen Revolution im 18. Jahrhundert begrenzen. Darauf haben sich 195 Vertragsparteien 2015 mit dem Pariser Klimaabkommen geeinigt. Dafür haben sie sich verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen zu senken und ihre nationalen Klimaziele alle fünf Jahre zu verschärfen. In Bélem steht nun die zweite Überprüfung der Klimaziele an.
Neben Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel wurde 2015 in Paris auch ein „globales Anpassungsziel“ beschlossen: Die Länder müssen Pläne und Werkzeuge entwickeln, um mit den Folgen des Klimawandels wie einem steigenden Meeresspiegel und zunehmenden Stürmen umzugehen. Um Fortschritte bei der Anpassung messen zu können, braucht es einheitliche Messgrößen, sogenannte Indikatoren. In Belém wollen sich die Staaten einigen, welche Anpassungsindikatoren sie künftig nutzen wollen.
Ist das 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch realistisch?
Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres kritisierte in der vergangenen Woche, die Weltgemeinschaft sei damit gescheitert, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten. Und tatsächlich geht das UN-Umweltprogramm (UNEP) davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel bereits innerhalb des kommenden Jahrzehnts überschritten wird. Einer Studie der Vereinten Nationen zufolge steuert die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts auf 2,8 Grad Erderwärmung zu, wenn die Staaten nicht deutlich massiver auf klimafreundliche Technologien setzen.
Andere, wie das Umweltbundesamt (UBA) in Deutschland, sind optimistischer. „Um das Ziel von 1,5 Grad zu erreichen, müssten die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2019 reduziert werden, bis 2035 dann um 60 Prozent, und spätestens in den frühen 2050er Jahren muss die Bilanz des Ausstoßes und der Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre mittels Senken ausgeglichen sein – also globale CO2-Neutralität erreicht werden“, rechnet das UBA vor. Auch die Bundesregierung will sich nicht vom Pariser Klimaziel verabschieden. „Wir halten an der 1,5-Grad-Grenze fest“, sagte Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan kurz vor ihrem Abflug nach Brasilien.
Warum ist das 1,5-Grad-Ziel so wichtig?
Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und Studien sind die Folgen des Klimawandels bis zu einer Erhöhung der Temperatur um 1,5 Grad weitestgehend beherrschbar. Eine Erwärmung über 1,5 Grad hinaus hätte dagegen schwerwiegende und möglicherweise unumkehrbare Auswirkungen auf das Klima. Sogenannte Kipppunkte würden den Klimawandel zusätzlich beschleunigen. Doch schon bei 1,5 Grad Erwärmung ist mit einem deutlichen Anstieg des Meeresspiegels, dem Verlust großer Eisflächen, Hitzewellen und dem Untergang von Inselstaaten zu rechnen.
Mit welcher Position reist Deutschland zur Klimakonferenz?
Die deutsche Position ist gleichzeitig auch die europäische. Zwar nehmen mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Umweltminister Carsten Schneider (SPD) und Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (SPD) hochrangige Vertreter*innen der Bundesregierung an der COP 30 teil, doch stimmen sie sich eng mit ihren Kolleg*innen aus den anderen EU-Staaten ab. Die EU bündelt damit die Positionen aller 27 EU-Staaten. Deren Umweltminister*innen haben sich erst in der vergangenen Woche auf ein gemeinsames Klimaziel für 2040 geeinigt. Dieses liegt unter dem Vorschlag, das die EU-Kommission im Sommer vorgeschlagen hatte.
Demnach soll der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bis zu fünf Prozentpunkte sollen ab 2031 allerdings durch den Kauf von Klimagutschriften in Drittstaaten eingespart werden können. Die EU muss ihre eigenen Emissionen bis 2040 also nur um 85 Prozent reduzieren. Umweltverbände kritisierten das als „Klima-Ablasshandel“. „Auf die Europäische Union ist beim Klimaschutz Verlass“, sagte dennoch Umweltminister Schneider vor seinem Abflug nach Brasilien. Und Entwicklungsministerin Alabali Radovan versprach: „Deutschland bleibt ein verbindlicher und verlässlicher Partner.“
Die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Delara Burkhardt, warnte dagegen: „Europa war lange Taktgeber und Brückenbauer im internationalen Klimaschutz. Doch diese Rolle droht die Europäische Union zu verlieren.“ Gerade nach dem Ausfall der USA habe Europa künftig eine noch wichtigere Funktion für den Klimaschutz. „Die EU muss ihre Vorreiterrolle behalten“, forderte Burkhardt.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.