Krankenhäuser: Warum SPD-Politiker den Milliarden-Sparplan kritisieren
Die Bundesregierung will höhere Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung im kommenden Jahr verhindern. Deswegen hat sie Einsparungen beschlossen, die vor allem Krankenhäuser betreffen. Das stößt nicht nur in der SPD auf Kritik.
IMAGO/Paul-Philipp Braun
Operationssaal in einem Erfurter Klinikum: Der Bund will im kommenden Jahr 1,8 Milliarden Euro bei Krankenhäusern streichen.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte in den letzten Wochen immer wieder versichert, dass die Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung zum Jahreswechsel nicht steigen sollen. Nun ist klar, wie dieses Ziel erreicht werden soll.
Die automatische Anpassung der Klinikbudgets wird reduziert
Die Vergütungsanstiege im Krankenhausbereich werden im kommenden Jahr reduziert. Damit ist eine automatische Anpassung der Klinikbudgets gemeint, um steigende Kosten im laufenden Betrieb aufzufangen. Allein dadurch sollen laut dem am 15. Oktober gefassten Kabinettsbeschluss 1,8 Milliarden Euro eingespart werden. Außerdem werden die Verwaltungskosten der Krankenkassen sowie die Mittel für den Innovationsfonds der Kassen begrenzt. Hier wird das Einsparvolumen mit 200 Millionen Euro angegeben.
Der Löwenanteil entfällt also auf die Kliniken, von denen ohnehin schon etliche finanziell angeschlagen sind. Das stößt auf scharfe Kritik. Clemens Hoch (SPD), Gesundheitsminister in Rheinland-Pfalz, wirft Warken und dem Bund vor, bei der finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung einseitig vorzugehen.
„Die aktuellen Vorschläge sind Gift für die Krankenhäuser und keine echten strukturellen Reformen“, so der SPD-Politiker. Das Ansinnen, die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherungen stabil halten zu wollen, sei richtig und wichtig. Die geplante Abschaffung der automatischen Budgetanpassung bei steigenden Kosten treffe die Krankenhäuser in einer Zeit massiv steigender Kosten und wachsender personeller Herausforderungen.
Gesundheitsminister Hoch: Die finanzielle Basis der Kliniken wird geschwächt
„Insbesondere zur Zeit der Umsetzung unserer Krankenhausstrukturreform belastet der Vorschlag der Bundesministerin die Krankenhäuser im ganzen Land zusätzlich und gefährdet das Gelingen der gemeinsamen Umsetzung der notwendigen Reform“, so Hoch. „Statt die Kliniken zu stärken, wird hier ihre finanzielle Basis geschwächt.“
„Eine Verteilung auf mehrere Bereiche des Gesundheitssystems wäre für eine ausgewogenere Lastenverteilung erstrebenswert gewesen“, kommentierte Christos Pantazis, der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, den Kabinettsbeschluss. Insgesamt habe die Bundesregierung aber wichtige Schritte unternommen, um einen Anstieg des durchschnittlichen ausgabendeckenden Zusatzbeitrages der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2026 zu vermeiden und das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr zu decken.
Für die SPD bleibe entscheidend: „Wir wollen die Finanzstabilität der gesetzlichen Krankenversicherung und der Pflegeversicherung sichern, ohne die Beitragszahlenden zusätzlich zu belasten. Mit den eingesetzten Kommissionen werden wir zügig tragfähige Reformvorschläge erarbeiten – mit dem Ziel, den Sozialstaat solidarisch, leistungsfähig und zukunftssicher weiterzuentwickeln.“
Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht eine Kehrtwende
Auch in der der CSU sieht man den Sparplan kritisch. Klaus Holetschek, der Vorsitzende der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, kritisierte, dass die in der Koalition vereinbarten vier Milliarden Euro für die Krankenhäuser nun wieder gekürzt würden. „Die Krankenhäuser in Deutschland stehen weiter unter massivem Druck“, so Holetschek laut einem Bericht des „Münchner Merkur“. „Planvolles und verantwortungsbewusstes Handeln sieht anders aus.“
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) reagierte mit einem offenen Brief an Warken auf die Sparbeschlüsse. Die geplanten Einsparungen träfen die Kliniken in einer Phase der wirtschaftlichen Unsicherheit. „Die Bundesregierung begeht mit ihrem Beschluss nichts anderes als Wortbruch gegenüber den Krankenhäusern", heißt es in dem Schreiben. Wer nach jahrelangem Druck aus Krankenhäusern und Ländern den Kliniken endlich den dringend benötigten Ausgleich der seit 2022 extrem gestiegenen Preise zukommen lasse, ihnen aber das Geld über die Hintertür wieder abziehe, habe eine völlige Kehrtwende vollzogen.
Landkreistag-Präsident: Bund spart auf Kosten der Patient*innen
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Achim Brötel (CDU), warf der Bundesregierung vor, auf Kosten der Krankenhauspatient*innen Einsparungen vorzunehmen. Vor wenigen Wochen sei der dringend erforderliche Inflationsausgleich für 2022 und 2023 beschlossen worden. „Wenn die Kliniken nur wenig später schon wieder eine Milliardensumme verlieren sollen, treibt das hingegen nur den kalten Strukturwandel voran und gefährdet die Existenz selbst versorgungsrelevanter Krankenhäuser, gerade in den ländlichen Räumen“, erklärte der CDU-Politiker.
Verena Bentele, die Präsidentin des Sozialverbandes VDK, forderte „nachhaltige Maßnahmen, um die Ausgabenentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung auf sozial gerechte Weise an die Einnahmenentwicklung anzupassen und so die Beitragsstabilität langfristig zu sichern“. Das Bundesfinanzministerium solle einen erhöhten Bundeszuschuss bereitstellen. Dieser müsse sich auf 37,7 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.