Vor 25 Jahren: Wie das Lebenspartnerschaftsgesetz das Land verändert hat
Am 10. November 2000 verabschiedet der Bundestag das Lebenspartnerschaftsgesetz – ein Meilenstein für die Rechte homosexueller Paare. Was als umstrittene Reform beginnt, wird zum Symbol gesellschaftlichen Fortschritts und ebnet den Weg zur Ehe für alle.
© epd-bild / Dethard Hilbig
Sie waren Pioniere: Am 1. August 2001 gingen Reinhard Lüschow (l.) und Heinz-Friedrich Harre in Hannover die erste eingetragene Lebenspartnerschaft ein.
Es wird leidenschaftlich debattiert an diesem 10. November 2000 im Berliner Reichstagsgebäude – über Menschenrechte, Gleichberechtigung und die Zukunft von Ehe und Familie. Gegner und Befürworter der sogenannten Homo-Ehe stehen sich unversöhnlich gegenüber. Doch mit der Mehrheit der rotgrünen Koalition verabschiedet der Bundestag das Lebenspartnerschaftsgesetz, gegen die Stimmen von Union und FDP. Erstmals erhalten homosexuelle Paare in Deutschland eine rechtliche Absicherung – ein Schritt, den laut DIMAP-Umfrage 1999 bereits 55 Prozent der Bürger befürworten.
SPD: Das Gesetz ist „ein überfälliger Akt der Wiedergutmachung“
Die Union spricht von einem „verfassungswidrigen Angriff auf Ehe und Familie“. Die SPD-Abgeordnete Margot von Renesse nennt das Gesetz dagegen „einen längst überfälligen Akt der Wiedergutmachung“. Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) betont, der Staat müsse „dauerhafte persönliche Beziehungen mit Rechten und Pflichten fördern“.
Blick zurück: Homosexualität ist seit 1871 im Kaiserreich unter Strafe verboten. Die Kirche verurteilt und sanktioniert sie. Erst in den 1960er Jahren beginnt mit dem gesellschaftlichen Wandel die Entkriminalisierung. 1994 wird der umstrittene „Schwulenparagraf“ 175 StGB abgeschafft. Der Druck auf die Politik wächst, homosexuelle Paare rechtlich anzuerkennen. Doch die Kohl-Regierung ist zu keinen Reformen mehr fähig. Erste Gesetzesentwürfe stammen von Bündnis 90/Die Grünen.
Mit dem Regierungswechsel 1998 kommt Bewegung in die Debatte. Nach 16 Jahren mit Helmut Kohl (CDU) als Bundeskanzler löst die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder den Reformstau auf. Im Koalitionsvertrag von 1998 bekennen sich beide Parteien zu Minderheitenschutz und Gleichstellung: Niemand dürfe wegen seiner sexuellen Orientierung benachteiligt werden. Das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft soll eingeführt werden.
Ein Ausdruck der Modernisierung unter Rot-Grün
Die Gesetzesinitiative ist ambitioniert: Der Entwurf regelt nicht nur Namens-, Unterhalts- und Erbrecht, sondern auch steuer- und beamtenrechtliche Fragen. Um einer Blockade im Bundesrat zu entgehen, wird das Vorhaben in zwei Teile geteilt. Der zustimmungsfreie Teil – das eigentliche Lebenspartnerschaftsgesetz – wird am 10. November 2000 verabschiedet. Der zustimmungspflichtige Teil mit Steuer- und Beamtenrecht bleibt von der Union blockiert.
Während die Union das Lebenspartnerschaftsgesetz als Angriff auf das Leitbild der Ehe brandmarkt, ist es für die SPD ein Ausdruck von Gleichberechtigung und gesellschaftlicher Modernisierung. Als eine der zentralen Reformen der rot-grünen Regierung steht es für den Anspruch, Deutschland liberaler, toleranter und weltoffener zu machen.
Die SPD versteht das Vorhaben als Umsetzung des Grundrechts auf Menschenwürde und als Schritt hin zu einer offenen, verantwortungsvollen Gesellschaft. Ziel ist es, rechtliche Diskriminierungen zu beenden und stabile Partnerschaften unabhängig vom Geschlecht zu fördern. Damit knüpft die Partei an ihr Leitbild einer solidarischen Gesellschaft an, in der individuelle Lebensformen gleichermaßen geachtet und geschützt werden.
Die Auseinandersetzung um das Lebenspartnerschaftsgesetz geht weiter
Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz ist ein Meilenstein erreicht, doch die Auseinandersetzung geht weiter. Die Länder Bayern, Sachsen und Thüringen klagen gegen das Gesetz, scheitern jedoch 2002 vor dem Bundesverfassungsgericht. Die Richter stellen klar, dass die Lebenspartnerschaft die Ehe nicht schwächt, sondern eine zusätzliche Form der Verantwortungsgemeinschaft schützt.
In den folgenden Jahren wird die Lebenspartnerschaft schrittweise erweitert: 2004 mit der Stiefkindadoption, später mit steuerlicher Gleichstellung durch mehrere Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Der entscheidende Schritt folgt am 1. Oktober 2017 mit dem Eheöffnungsgesetz, das die Ehe für alle einführt – also die vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit der Ehe. Seither können Lebenspartnerschaften nicht mehr eingegangen werden.
Innehalten auch, aber noch nicht alle Ziele sind erreicht. Die Pastorin in Berlin hat vorgemacht, wohin die Reise gehen muss. Verehelichung größer 2 personen- das ist die nächste Etappe, und ich hoffe, die Partei ist auf Seiten der Kirche und zieht hier mit voller Kraft mit. Nur Mut, auch wenn es sich im dicke Bretter handelt- wir schaffen das.