Warum wir die Ehe und Lebenspartnerschaft für alle brauchen
Barbara Hendricks lebt seit Jahren mit ihrer Partnerin in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. In der Sendung „Caren Miosga interviewt…“ hat die SPD-Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit nun erstmals öffentlich eine Öffnung der Ehe für Homosexuelle gefordert. In den letzten Jahren sei in Sachen Gleichstellung von Homosexuellen zwar viel passiert, der nächste Schritt sei aber nun „die echte Gleichstellung, so wie es das Grundgesetz vorsieht.“ Die Union allerdings lehnt die sogenannte „Homo-Ehe“ ab.
Pacs: eine Partnerschaft für alle
Schon klar, die Ehe gilt in Deutschland immer noch als heiliges Gut. Ehe und Familie stehen laut Grundgesetz „unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“. Gemeinsam bis ans Lebensende, in guten wie in schlechten Zeiten – zu so einem Gelöbnis gehört schon einiges dazu. Darüber hinaus bietet die Ehe auch eindeutige Vorteile, zum Beispiel steuerliche. Schon allein deshalb heiraten viele Paare. Wer würde nicht gerne ein paar tausend Euro Steuern im Jahr sparen? Der Bund fürs Leben, das wissen wir, ist heutzutage meist eher ein Bund für den Lebensabschnitt. Warum wird also nicht über Alternativen nachgedacht? Warum gibt es eingetragene Partnerschaften nur für Homosexuelle und die Ehe nur für Heterosexuelle?
In Frankreich ist man da schon weiter. Seit 1999 gibt es den sogenannten Zivilen Solidaritätspakt Pacs (Pacte civile de solidarité). Vom damaligen französischen Premierminister Lionel Jospin ursprünglich für homosexuelle Paare erdacht, erfreut er sich heute bei heterosexuellen Paaren größerer Beliebtheit: 2015 schlossen sie 96 von 100 der Pacs. Denn anders als die eingetragene Partnerschaft in Deutschland ist der Pacs ist nicht abhängig von der sexuellen Orientierung oder vom Geschlecht der Partner. Einen Pacs abzuschließen geht ganz schnell und problemlos: Eine gemeinsame Erklärung der beiden Partner beim Amtsgericht ihres gemeinsamen Wohnorts reicht. Dazu wird noch ein Vertrag benötigt, in dem die Partner ihr gemeinsames Leben organisieren: Besitz, Güterteilung nach einer Trennung? Unterschrift drunter und schwups, schon ist man „verpacst“.
Gleichstellung bei Erb- und Steuerfragen
So verpartnerte Paare sind in Erb- und Steuerfragen Verheirateten gleichgestellt. Gegebenenfalls kann der unversicherte Partner die Sozialversicherung seines Partners in Anspruch nehmen und beim Arbeitsplatzwechsel von Beamten wird der Pacs mitberücksichtigt – wie Ehepartner eben auch. Heißt: Durch den Pacs sind Paare offiziell als solche anerkannt, ob vor dem dem Staat, dem Arbeitgeber oder im Krankenhaus. Dafür leisten die durch einen Pacs verbundenen Paare „einander gegenseitige und materielle Hilfe“: Sie wählen zwischen materieller Hilfe in Form eines festgelegten Anteil des Vermögens und einem frei bestimmbaren Betrag. Allerdings, wenn es um Kindsbelange geht, bleibt der Pacs tatsächlich eine „Ehe light“: Verpacst zu sein umfasst keine elterlichen Rechte, gemeinsame Kindesadoptionen beispielsweise sind nicht erlaubt.
Und wenn man den Pacs lösen will? Das geht ebenso schnell und unkompliziert, wie ihn zu schließen. Eine gemeinsame schriftliche Mitteilung an das Amtsgericht des Wohnortes einer der Partner reicht. Sich scheiden lassen ist komplizierter und teurer.
Verantwortung füreinander übernehmen
Warum also nicht auch in Deutschland die eingetragene Lebenspartnerschaft für heterosexuelle Paare öffnen? Und die Ehe für homosexuelle Paare? Entscheidend ist doch, dass sich sowohl bei dem einen als auch bei dem anderen Paare zu einem gemeinsamen Leben entschließen und Verantwortung füreinander übernehmen – egal, wie kurz oder lang. Das sollte der Staat unterstützen und homo- sowie heterosexuellen Paaren die Wahl überlassen, ob sie tatsächlich eine eher religiös-romantisch angelegte Ehe wollen oder eben doch lieber die praktisch gedachte Lebensgemeinschaft. In Frankreich gibt es neben dem Pacs übrigens seit 2013 auch die gleichgeschlechtliche Ehe – die „Ehe für alle“. Es gilt: Chacun à son goût, jeder nach seinem Geschmack.