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Sozialabgaben: Was eine Anhebung der Bemessungsgrenze wirklich bedeutet

Bundesarbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas hat für das Jahr 2026 eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die Sozialversicherung angekündigt. Der Schritt sorgt für Diskussionen, dabei ist er gängige Praxis. Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den neuen Schwellenwerten.

von Nils Michaelis · 11. September 2025
Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales

Bärbel Bas, Bundesministerin für Arbeit und Soziales, hat für 2026 eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze angekündigt.

„So viel Geld verlieren Gutverdiener“, titelte in diesen Tagen die „Rheinische Post“. Es war nicht die einzige Spitze von konservativer Seite gegen die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die gesetzliche Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung im kommenden Jahr. Anstatt einen höheren Anteil der Einkommen für Sozialbeiträge heranzuziehen, solle man lieber am Versicherungssystem sparen, so der Tenor auch unter einigen Wirtschaftswissenschaftler*innen. Ein Blick auf die Fakten zeigt, was von dieser Kritik zu halten ist.

Was ist die Beitragsbemessungsgrenze?

Die Beitragsbemessungsgrenze bestimmt, bis zu welchem Betrag die Einnahmen von gesetzlich Versicherten für die Berechnung der Beiträge für die gesetzliche Sozialversicherung herangezogen werden. Der Teil der Einnahmen, der die jeweilige Grenze übersteigt, bleibt bei der Beitragsberechnung außen vor. Es gibt jeweils einen Wert für die gesetzliche Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung.

Wie wird sie berechnet?

Der Beitrag zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung wird in einem Prozentsatz vom sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt bemessen. Übersteigt dies die Beitragsbemessungsgrenze, wird der Versicherungsbeitrag von diesem Grenzbetrag erhoben. 

Vom Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze an bleiben die absoluten Beiträge zur jeweiligen Versicherung konstant, sodass der prozentuale Anteil am Bruttoeinkommen sinkt. Das bedeutet, dass Bezieher*innen höherer Einkommen, die jenseits der Beitragsbemessungsgrenze liegen, profitieren. Steigt dieser Schwellenwert hingegen, wächst auch der Anteil des Einkommens der Besserverdienenden, der für die Beiträge herangezogen wird.

In welchen Abständen wird die Beitragsbemessungsgrenze erhöht?

Die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze folgt der allgemeinen Entwicklung der Löhne und Gehälter, daher wird sie jährlich überprüft. Seit dem Jahr 1959 gibt es diesen Automatismus. Steigen die Einkommen, wird auch die Beitragsbemessungsgrenze durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung entsprechend angepasst, und zwar in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter im Vorjahr zu den Bezügen im Kalenderjahr davor stehen. 

Die Regierung hat hierbei keinen Ermessensspielraum, sondern folgt gesetzlichen Vorgaben. Heißt konkret: Die Ankündigung von Bundesarbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas bewegt sich im Rahmen des Üblichen. Die „Ärzte Zeitung“ spricht von einem „Routinevorgang“ und kritisiert die „mediale Aufregung“ darüber. Auch aus der Union kam Unterstützung für Bas.

Welche Erhöhung ist für 2026 geplant?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geht für das Jahr 2024 von einem Einkommensplus von 5,14 Prozent aus. Um etwa diesen Anteil soll auch die Beitragsbemessungsgrundlage für 2026 angehoben werden. Laut einem Referentenentwurf soll der Schwellenwert für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung von gegenwärtig 66.150 Euro auf 69.750 Euro im Jahr steigen. Bei der Renten- und Arbeitslosenversicherung ist eine Anhebung von 96.600 Euro auf 101.400 Euro vorgesehen.

Welche Auswirkungen hat die Erhöhung auf das Einkommen?

Bei der gesetzlichen Rentenversicherung steigt die Beitragsbemessungsgrenze um fünf Prozent auf 8450 Euro pro Monat. Es werden also 400 Euro mehr vom Einkommen als bislang für Rentenversicherungsbeiträge herangezogen. Der maximale Beitrag zur Rentenversicherung erhöht sich nach Berechnungen der „WirtschaftsWoche“ für Arbeitnehmer*innen um 37,20 Euro im Monat. Wie auch bei den anderen Sparten der Sozialversicherung zahlen Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen die Rentenbeiträge zu gleichen Anteilen, in diesem Fall sind dies jeweils 9,3 Prozent.

In der gesetzlichen Krankenversicherung soll die Beitragsbemessungsgrenze auf 5812,50 Euro klettern, das wäre ein Plus von rund 300 Euro. Der Beitrag für die Pflegeversicherung orientiert sich ebenfalls an dieser Grenze. Die angehobene Bemessungsgrenze bringt bei der Krankenversicherung eine zusätzliche monatliche Belastung von maximal 25,50 Euro für Arbeitnehmer*innen mit sich. Für die gesetzliche Krankenversicherung sind 14,6 Prozent vom Bruttogehalt fällig. Hinzu kommen Zusatzbeiträge. 

Wie ist der Stand der Umsetzung?

Der Entwurf einer Rechtsverordnung wurde an die anderen Ministerien verschickt und muss von der Bundesregierung beschlossen werden. Anschließend bedarf sie der Zustimmung des Bundesrats.

Strebt die SPD eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze über das übliche Maß hinaus an?

Um die chronischen Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen, wird in der SPD über höhere Krankenkassenbeiträge für Besserverdienende diskutiert. Und zwar mittels einer deutlicheren Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze. Christos Pantazis, der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hat sich dafür ausgesprochen, den Schwellenwert auf das Niveau der Rentenversicherung anzuheben, also auf derzeit 8050 Euro. Der Sozialverband SoVD begrüßte den Vorstoß. Offizielle Beschlusslage der SPD ist das allerdings nicht. 

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Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Do., 11.09.2025 - 16:57

Permalink

Unsere Genossin Bärbel Bas hält die Grundgedanken der SPD in der Bundesregierung aufrecht, während sie z.T. gerade bezüglich der Steuergerechtigkeit leider sehr vernachlässigt werden. Insoweit sind ihre Vorschläge, auch andere Berufsgruppen in die Rentenversicherung einzubeziehen, sehr gut und angesichts der kapitalhörigen Unionsminister mutig.
Den Schwellenwert der ges. Krankenversicherung auf das Niveau der Rentenversicherung anzuheben, fände ich ebenfalls sehr positiv. Wenn dies auch nicht offizielle Beschlusslage der SPD ist, sollte dies baldigst nachgeholt werden.

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Do., 11.09.2025 - 17:14

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folgendes: Alle Vermögenswerte gehören in die Hand des Staates, der damit alles auskömmlich finanziert, also auch die Versorgung der Kranken und Bedürftigen. jeder bekommt ein Grundeinkommen, wer mehr hat, gibt ab, wer weniger hat, bekommt dazu.

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