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Steuern erhöhen? Worum es in der aktuellen Debatte in der Koalition geht

Die Koalition will die Einkommenssteuer reformieren. Die Vorstellungen gehen auseinander: Die SPD will Reiche etwas stärker zur Kasse bitten, die Union lehnt Steuererhöhungen pauschal ab. Worum es in der Debatte um Höchst- und Spitzensteuer geht.

von Vera Rosigkeit · 18. August 2025
Monopolyfeld Zusatzsteuer mit Schriftzug Reichensteuer

Im Bundeshalt gilt es eine Lücke von 30 Milliarden Euro zu füllen. Die SPD möchte sehr hohe Einkommen über den Einkommenssteuertarif stärker zu belasten. Die Union lehnt das ab.

Die SPD will einen großen Teil der Steuerzahler*innen entlasten. Mit diesem Plan ist die Partei in den Wahlkampf gezogen. Nicht ohne eine Gegenfinanzierung zu benennen. Denn dem Bundeshaushalt soll durch die geplante Entlastung von geringeren und mittleren Einkommen kein Minus entstehen, so der Plan. 

Was steht im Koalitionsvertrag?

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht: „Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken.“ Nicht im Koalitionsvertrag steht, ob es eine Gegenfinanzierung im Bundeshaushalt geben wird und wie die aussehen könnte.

Was sagt Bundesfinanzminister Lars Klingbeil?

Im ZDF-Sommerinterview erklärte Vizekanzler Klingbeil am 17. August, dass es ein Gesamtpaket brauche, um die aktuelle Lücke von 30 Milliarden Euro im Bundeshaushalt zu füllen. Die SPD sei immer der Meinung gewesen, dass Menschen, die viel verdienen und super hohe Vermögen haben, einen Teil dazu beitragen müssten, dass diese Gesellschaft gerechter wird.

Was sagt Dirk Wiese, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion? 

Dirk Wiese will bei der Einkommenssteuerreform zur Entlastung für kleine und mittlere Einkommen zeitnah zu Ergebnissen kommen. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion ist der Meinung, „dass starke Schultern mehr zum Allgemeinwohl beitragen könnten“, sagte er dem Magazin Stern vom 17. August mit Bezug auf die Gegenfinanzierung. Sein Vorschlag, den Spitzensteuersatz später greifen zu lassen und dafür beim Einkommenssteuertarif sehr hohe Einkommen stärker zu belasten, greift die Idee der SPD im Wahlkampf auf. 

Was ist der Unterschied zwischen Spitzensteuer und Höchst- bzw. Reichensteuer?

Aktuell zahlen Singles den Spitzensteuersatz in Höhe von 42 Prozent bei einem Jahreseinkommen zwischen 68.481 Euro und 277.825 Euro. Dieser Steuersatz wird nicht auf das gesamte Einkommen berechnet, sondern nur auf jeden Euro, der über 68.481 Euro liegt. Liegt ein zu versteuerndes Einkommen über 277.826 Euro (Ledige), wird jeder Euro, der über diesem Betrag liegt, mit dem Höchststeuersatz von 45 Prozent besteuert. Der Höchststeuersatz wird auch Reichensteuer genannt.

Was ist der Plan der SPD?

Die SPD will 95 Prozent aller Steuerzahler*innen entlasten. Mit diesem Vorhaben ist die SPD in den Bundestagswahlkampf 2025 gezogen. Als Gegenfinanzierung hatten die Sozialdemokrat*innen höhere Abgaben für Topverdiener*innen und hohe Vermögen vorgeschlagen. Betreffen soll das ein Prozent der Steuerzahler*innen. Für die SPD greift der aktuelle Spitzensteuersatz von 42 Prozent zu früh. So hatte beispielsweise der Seeheimer Kreis, ein Zusammenschluss von Bundestagsabgeordneten der SPD, im vergangenen Jahr in einem Strategiepapier zur Stärkung der „arbeitenden Mitte“ folgenden Vorschlag unterbreitet:

Danach soll der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer für Singles erst ab einem Jahresbruttoeinkommen oberhalb von 80.000 Euro greifen, gleichzeitig von 42 auf 45 Prozent steigen. Der Höchststeuersatz, der ab knapp 278.000 Euro greift, soll von 45 auf 48 Prozent angehoben werden.

Kann sich die Koalition aus SPD und Union einigen?

Lars Klingbeil will innerhalb der Koalition über alle Fragen reden, erklärte er im ZDF-Interview und sprach in diesem Zusammenhang von einem Gesamptpaket an Maßnahmen, um die Haushaltslücke zu füllen. Da nehme er keine Option vom Tisch. Dirk Wiese schätzt die Diskussion mit dem Koalitionspartner nicht einfach ein, da CDU und CSU Steuererhöhungen pauschal ablehnten. Trotzdem ist er der Meinung, dass man sie führen sollte. So mache es die Union auch bei Themen, die ihr wichtig seien, erklärte er dem „Stern“. 

Wem kommen die Einnahmen aus der Einkommensteuer zugute?

Die Einnahmen aus der Einkommen- und Höchststeuer fließen zu jeweils 42,5 Prozent in die Kassen von Bund und Ländern. Die restlichen 15 Prozent stehen den Gemeinden zu.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Di., 19.08.2025 - 11:33

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Wie nicht anders zu erwarten war, lehnt die Union eine gerechte Steuerpolitik ab. Diese Scheinchristen plädieren stattdessen für weitere Steuergeschenke an die Reichen und kürzen mal wieder lieber bei den Armen.
Wo bleibt da der Aufschrei der SPD?

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Di., 19.08.2025 - 14:24

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Eine mustergültige Erklärung des sogenannten Spitzensteuersatzes (Grenzsteuersatzes) – nur das Finanzamt macht es noch etwas besser. Es gibt nämlich auf jedem Einkommensteuer-Bescheid den sogenannten Durchschnittssteuersatz an. Das ist der Steuersatz, mit dem das Finanzamt das ganze steuerpflichtige Einkommen der Steuerpflichtigen belastet.
Ein Lediger ohne Kinder mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 70.000 € z. B. hat den Spitzensteuersatz von 42%, muss aber (nur) 18.488 € Steuern zahlen, also 26,4% vom Einkommen. Bei 140.000 € würde das Finanzamt 34,2% einbehalten (ohne Soli): Bei der politischen Diskussion über Steuersätze, sollte die SPD eher über Durchschnittsteuersätze als über Grenzsteuersätze sprechen.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Di., 19.08.2025 - 14:25

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Ein anderes Problem der SPD „in der aktuellen Debatte in der Koalition“ besteht darin, dass Klingbeil als Parteivorsitzender etwas anderes in der Öffentlichkeit verlangt, als er im Koalitionsvertrag verhandelt hat, etwas anderes, als er als Mitglied der Regierung durchsetzen kann aber als Regierungshandeln mittragen muss. Die Mitglieder der SPD mögen das noch verstehen; bei den potentiellen Wählern bin ich da aber nicht sicher.

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