AfD-Mitgliedern Waffen entziehen: Warum es so schwierig ist
Extremist*innen dürfen laut Gesetz keine Waffen besitzen. Doch zahlreiche AfD-Mitglieder sind im Besitz von Gewehren und Pistolen. Trotzdem scheitern die Behörden immer wieder bei dem Versuch, sie ihnen zu entziehen.
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AfD-Mitglieder in Deutschland besitzen hunderte Waffen.
Es war einst die meistverbreitete Waffe der Wehrmacht, nun klagt ein AfD-Politiker aus München, weil man ihm die „Karabiner 98k“ abnahm. Ein Gericht hatte geurteilt, dass er „unzuverlässig im Sinne des Waffengesetzes“ sei, denn der Münchener war zum Zeitpunkt der Entscheidung Mitglied in der Jungen Alternativen. Die ehemalige AfD-Jugendorganisation wurde schon 2024 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft, inzwischen ist sie aufgelöst.
Neben dem Münchener klagte auch ein AfD-Abgeordneter des Bayerischen Landtags vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, weil ihm sein Waffenschein entzogen wurde. In beiden Fällen soll eine Entscheidung in der kommenden Woche fallen, und sie könnte Folgen für den Umgang mit weiteren AfD-Mitgliedern mit Waffen haben.
AfD-Mitglieder besitzen hunderte Waffen
AfD-Mitglieder und Unterstützer*innen besitzen deutschlandweit hunderte Waffen. Allein in Thüringen hatte zuletzt die Anfrage einer Linke-Abgeordneten ergeben, dass im dortigen Landesverband 34 Parteimitglieder insgesamt 154 Schusswaffen besitzen. Nach Recherchen der „taz“ besitzen in Sachsen-Anhalt 274 AfD-Mitglieder Waffenbesitzkarten für insgesamt über 330 Schusswaffen.
Die Waffenerlaubnis wird in Deutschland durch Landesbehörden erteilt. Gerichte müssen jeweils im Einzelfall prüfen, ob einer Person im Nachgang die Erlaubnis entzogen werden kann. Doch mit der Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch erhöht sich der Druck auf eine einheitliche Lösung.
In Deutschland können Jagd- und Sportschützen, Sicherheitsbeamte, Militärangehörige sowie Waffensammler die Erlaubnis zum Besitz einer Waffen bekommen, wenn sie nicht vorbestraft sind, als psychisch geeignet und als „zuverlässig“ befunden werden. Laut Waffengesetz ist letzteres Kriterium nicht erfüllt, wenn sie in den letzten zehn Jahren Mitglied einer verfassungswidrigen Partei waren (Paragraph 5, Abs. 1, Nr. 2b) oder „Bestrebungen einzeln verfolgen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind“ (Paragraph 5, Abs. 1, Nr. 3). In den vergangenen Jahren haben mehrere Bundesländer versucht, AfD-Mitglieder auf dieser Grundlage zu entwaffnen – mit unterschiedlichem Ausgang.
NRW: Verdachtsfall reichte nicht aus
Bereits im Juni 2023 wurde Stefan Hrdy aus Neuss in Nordrhein-Westfalen die Waffenerlaubnis entzogen, weil er Mitglied der AfD ist, für die er auf kommunaler, als auch Landes- und Bundesebene kandidierte. Hrdy, der im vergangenen Jahr beim Bundesparteitag der AfD einem Demonstranten ins Bein biss, verfügte in seinem Eigenheim über eine stolze Sammlung an 200 Waffen. Der AfD-Politiker musste seine Waffen abgeben und klagte gegen die Entscheidung, doch das Verwaltungsgericht Düsseldorf wies seine Klage zunächst zurück.
Das Oberverwaltungsgericht Münster aber hob die Entscheidung im April wieder auf: Allein die Einstufung der AfD als Verdachtsfall reiche nicht aus, um einer Person die Waffenerlaubnis zu entziehen, urteilten die Richter*innen. Hrdy bekam neuen Anspruch auf die Eintragung von Waffen.
Die Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch erfolgte nur wenig später. Möglich also, dass der Fall heute anders ausgegangen wäre. Allerdings erwies sich der Waffenentzug bei AfD-Mitgliedern auch in Bundesländern schwierig, in denen die AfD schon länger als „gesichert rechtsextremistisch“ gilt.
Thüringen: Kein Nachweis für „kämpferisch-aggressive Haltung“
Der Thüringer AfD-Landesverband ist seit 2021 als verfassungsfeindlich eingestuft, und Innenminister Georg Maier (SPD) versucht seitdem, konsequent gegen den Waffenbesitz von AfD-Mitgliedern vorzugehen. Doch auch hier entschied das Oberverwaltungsgericht Weimar im Februar 2024 zugunsten eines AfD-Mitglieds. Der Mann aus dem Saale-Orla-Kreis erhielt seine Kurz- und Langwaffe sowie mehrere Waffenbesitzkarten zurück. Die Richter*innen erkannten in ihrem Urteil zwar an, dass der AfD-Landesverband in Thüringen verfassungswidrig sei – allerdings vermissten sie die „Feststellung einer waffenrechtlich relevanten, kämpferisch-aggressiven Haltung“.
Auch in Sachsen-Anhalt gilt die AfD seit 2023 als gesichert rechtsextremistisch. Dort aber unterlagen zwei AfD-Mitglieder und Ex-AfD-Mitglied mit ihrer Klage gegen den Entzug ihrer Waffen, denn das Verwaltungsgericht Magdeburg attestierte dem Landesverband die „kämpferisch-aggressive“ Haltung gegen die Verfassung.
Die Entscheidungen der Gerichte in Münster, Weimar und Magdeburg zeigen, wie komplex es ist, AfD-Mitgliedern aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit die Waffen zu entziehen – selbst wenn die Partei als rechtsextremistisch eingestuft ist. Klarheit könnte ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig bringen, das bundesweit für Fragen des Waffenrechts zuständig ist. Seine Entscheidung wäre für untere Gericht bindend – allerdings hat sich das Gericht bisher noch nicht mit einem entsprechenden Fall befasst.
Innenminister wollen einheitliche Regeln
Die ehemalige SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte während ihrer Amtszeit auf eine Waffenrechtsreform gedrängt, war allerdings am Widerstand der FDP gescheitert. Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung steht nun, man wolle das Waffenrecht evaluieren und dann bis 2026 „fortentwickeln“. Der Waffenbesitz von Extremist*innen und psychisch Erkrankten soll erschwert werden, das Waffenrecht aber auch „anwenderfreundlicher“ werden.
Was das genau heißt, wird sich zeigen. Den Innenminster*innen ist eine einheitliche Handhabe gegen AfD-Mitglieder jedenfalls ein Anliegen, bei der Innenministerkonferenz im Juni beschlossen sie, bundesweit einheitliche Regeln zu erarbeiten. Noch ist unklar, wann eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe dazu ihre Arbeit aufnehmen soll. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) drückt auf die Bremse, und möchte den Ausgang im Rechtsstreit zwischen der AfD und dem Verfassungsschutz abwarten. Die Partei hatte umgehend einen Eilantrag gegen ihre Hochstufung gestellt, das Verfahren könnte noch über ein Jahr dauern.
das versteht niemand. es ist doch
jetzt amtlich bestätigt, dass die Partei offen rechtsextremistisch ist, also gilt das auch für die Mitglieder. was braucht es da noch weitere Rechtsgründe? Oder ist es so, dass das Attribut "rechtsextremistisch" juristisch gar nichts bedeutet?