Parteileben

Parteitag bringt Erneuerung der SPD auf den Weg

Mit großer Mehrheit hat der Bundesparteitag der SPD in Berlin den Leitantrag „Die #SPDerneuern“ beschlossen. Die Delegierten haben damit die Weichen für umfangreiche Reformen der Parteistruktur gestellt. Dazu gehört die Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms.
von Kai Doering · 9. Dezember 2017
Beginn des Wegs zu einer neuen Partei: Die Delegierten des SPD-Bundesparteitags haben den Leitantrag „Die #SPDerneuern“ beschlossen.
Beginn des Wegs zu einer neuen Partei: Die Delegierten des SPD-Bundesparteitags haben den Leitantrag „Die #SPDerneuern“ beschlossen.

Der letzte Tag des SPD-Bundesparteitags in Berlin beginnt mit einem eindringlichen Appell des neuen Generalsekretärs. „Ich will, dass wir uns hier in die Hand versprechen, dass die Erneuerung der SPD auf diesem Parteitag anfangen muss“, wendet sich Lars Klingbeil am Samstagmorgen an die rund 600 Delegierten. In den Wochen nach der Wahl wurden dazu – allen voran bei den acht bundesweiten Dialogveranstaltungen – viele Vorschläge und Ideen gesammelt. Viele von ihnen finden sich im Leitantrag „Die #SPDerneuern“ wieder, über die der Parteitag später abstimmen wird.

Junge Menschen besser beteiligen

„Wenn wir die Erneuerung wollen, müssen wir auch Dinge in Frage stellen“, macht Lars Klingbeil klar. Das gilt etwa für die Frage, ob die im Antrag vorgesehen „online-basierten Themenforen“ auch das Recht haben sollen, Delegierte auf Parteitagen zu stellen. Vertreter der Initiative „SPD++“ werben dafür, andere Delegierte sprechen sich dagegen aus. „Wieso sollen Themenforen, die es noch gar nicht gibt, Delegierte stellen, die Arbeitsgemeinschaften aber nicht?“, fragt eine Vertreterin der AG 60plus. Lars Klingbeil will zunächst einen Prüfauftrag an den Parteivorstand geben. So wird es schließlich beschlossen. Ein außerordentlicher Parteitag im kommenden Jahr soll nun über die Delegiertenfrage entscheiden.

Eine Jugendquote, die „SPD++“ ebenfalls angestrebt hatte, ist dagegen vom Tisch. Selbst die Jusos sprechen sich in der Debatte gegen eine starre Regelung aus. Ihr Vorsitzender Kevin Kühnert plädiert aber für eine „verbindliche Regelung, dass Jusos in den Vorständen der Partei vertreten sind“. Dabei stellt Kühnert klar: „Wir fordern das nicht für uns Jusos, sondern im Interesse von uns allen.“ Die gesamte SPD werde von mehr jungen Menschen in den Gremien profitieren. „Das verspreche ich euch.“

Mehr Frauen, auch in Führungspositionen

Die SPD müsse aber nicht nur jünger, sondern auch weiblicher werden. „Politik wird besser, wenn sich Männer und Frauen auf Augenhöhe begegnen und unterschiedliche Blickwinkel in eine Diskussion einbringen“, hatte Generalsekretär Klingbeil bereits im vorwärts-Interview gesagt. „Es darf in der SPD keine Diskussionen mehr geben, bei der sechs Männer auf dem Podium sitzen“, fordert er in der Debatte am Samstag. Eine „Stabsstelle für Gleichberechtigung“ soll künftig sicherstellen, dass alle Themen, denen sich die SPD widmet, „auch aus der Perspektive von Frauen beleuchtet“, werden.

„Die Parität im Parteivorstand ist nur ein erster Schritt zu mehr Parität insgesamt“, sagt die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) Elke Ferner. „Frauen müssen mitmachen können, auch in Führungspositionen.“ Der AsF-Antrag, die Möglichkeit einer Doppelspitze auf Ortsvereinsebene zu ermöglichen, wird schließlich vom Parteitag angenommen.

Stärkung der SPD in Ostdeutschland

Stefan Engel legt die Finger in eine andere Wunde der Partei. „In der sächsischen Schweiz halten 170 Mitglieder in sieben Ortsvereinen die Fahne hoch“, berichtet der Vorsitzende der Jusos in Sachsen. Obwohl die AfD hier ihr bestes Ergebnis bei der Bundestagswahl geholt habe, gebe es nach wie vor „viele Menschen, die an die Sozialdemokratie glauben“. Die SPD könne aber nur zu neuer Stärke finden, wenn die hauptamtlichen Strukturen gestärkt würden.

Dass eine Stärkung der Partei in Ostdeutschland eine „Chance für die gesamte“ SPD wäre, betont der sächsische SPD-Vorsitzende Martin Dulig. Er plädiert dafür „Nachwende-Ungerechtigkeiten“ aufzuarbeiten und „im Labor Ostdeutschland“ Dinge auszuprobieren, von denen die Partei in Ost und West profitieren kann.

Als „Ost-Beauftragter“ wird Dulig dafür künftig Verantwortung tragen. Gemeinsam mit Generalsekretär Lars Klingbeil soll er ein „Zukunftsprogramm Ost“ zur „inhaltlichen, organisatorischen und strukturellen Neuaufstellung der SPD-Ostdeutschlands“ erarbeiten. Dieses soll ein „SPD-Ost-Konvent“ im Herbst 2018 verabschieden.

Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms beginnt 2018

Bereits am Donnerstagabend hatte der Parteitag beschlossen, einen Prozess für die Erarbeitung eines neuen SPD-Grundsatzprogramm zu starten. „Die Fragen der Digitalisierung sind im Hamburger Programm nicht behandelt worden, da sie damals noch gar nicht präsent gewesen sind“, sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. Heute, zehn Jahre später, würden sie aber die gesamte Gesellschaft durchdringen. Deshalb sei ein neues Grundsatzprogramm so wichtig. Dessen Erarbeitung soll auf einen außerordentlichen Parteitag im kommenden Jahr begonnen werden.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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