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Michael Müller: Warum aus seinem Abgeordnetenbüro ein Diskussionsraum wurde

24. December 2025 09:15:00

Als Michael Müller im Februar aus dem Bundestag ausschied, behielt er sein Abgeordnetenbüro. Unter dem Namen „Die Setzerei“ finden hier nun Lesungen und Gespräche statt. Warum?

Michael Müller vor einer schwarzen Rückwand, auf der in weißer Schrift das Logo seiner "Setzerei" gedruckt ist

Wagt etwas Neues: Berliner ehemaliger Regierender Bürgermeister Michael Müller in seiner „Setzerei“

Michael Müller ohne Politik kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Sieben Jahre war der 61-Jährige Regierender Bürgermeister von Berlin, Zwölf Jahre Vorsitzender der Landes-SPD und zuletzt vier Jahre Bundestagsabgeordneter, Fachgebiet Außenpolitik. Bei der Bundestagswahl im Februar verpasste Müller den Wiedereinzug ins Parlament. „Ich habe keinen Plan B“, sagte er damals im Interview mit dem rbb. „Ich werde ein aktiver und politischer Mensch bleiben und mal gucken, was kommt.“

Michael Müller bezahlt sein Büro jetzt aus eigener Tasche

Als Michael Müller 2017 Bundestagsabgeordneter wurde, bezog er große Räume in der Nähe des Ku’Damms mitten in seinem damaligen Wahlkreise Charlottenburg-Wilmersdorf. Abgeordnete erhalten dafür eine Pauschale von etwas mehr als 5.000 Euro im Monat. Zieht ein Abgeordneter nicht wieder ins Parlament ein, wird daher normalerweise auch das Abgeordnetenbüro wieder geschlossen. Doch Michael Müller behielt seines, bezahlt Miete und Nebenkosten seither ohne Abgeordnetenpauschale komplett aus eigener Tasche und mithilfe eines privaten Freundeskreises.

Der einzige Unterschied, der nun sofort auffällt, ist das neue Schild über der Eingangstür. Statt Müllers Name steht dort nun „Die Setzerei“ – ein Wortspiel, wie Müller erklärt. Zum einen stehen in dem großen Raum nämlich Druckmaschinen und Setzkästen, die Müller aus der früheren Familiendruckerei in Tempelhof hatte hierherbringen lassen. Als er im Berliner Abgeordnetenhaus saß, stand Michael Müller noch regelmäßig mit seinem Vater an den Maschinen und druckte Familiendrucksachen wie Visitenkarten und Briefpapier.

Ein Raum, in dem Vertrauen entstehen kann

Zum anderen sei „Setzerei“ aber auch im übertragenen Sinne zu verstehen. „Wir setzen uns hier zusammen, um uns mit Themen auseinander zu setzen“, sagt Müller. Seit aus dem Abgeordnetenbüro „Die Setzerei“ wurde, war schon DFB-Präsident Bernd Neuendorf zu Gast, die frühere Wehrbeauftragte Eva Högl oder die Schriftstellerin Anne Rabe. „In einer Zeit wachsender Polarisierung und zunehmender Erschöpfung im politischen Diskurs braucht es Räume, in denen Vertrauen entstehen kann – durch Austausch, durch Ernsthaftigkeit, durch Resonanz“, ist Michael Müller überzeugt.

Wer ein Gespräch erleben will, muss in der Regel zehn Euro pro Veranstaltung bezahlen – auch das ist eine Änderung zum früheren Abgeordnetenbüro. „Ich will damit nicht reich werden, aber auch nicht draufzahlen“, nennt Müller als Ziel. Der Eintritt dient in erster Linie der Finanzierung von Miete und Nebenkosten. Ob die Rechnung aufgeht, wird sich Ende des Jahres zeigen - dann will Müller Bilanz ziehen. Bisher sehe es aber so aus, dass am Ende eine schwarze Null steht.

Ein Preis für soziales Engagement

„Nach den vielen Jahren in politischer Verantwortung weiß ich, wie wertvoll Räume sind, in denen nicht nur diskutiert, sondern auch gemeinsam weitergedacht und gesellschaftliche Verantwortung geteilt wird“, sagt Müller. „Die Setzerei“ soll solch ein Ort sein. „Das zahlt am Ende auch bei der SPD ein“, ist Müller überzeugt. Wer will, kann die Räume der „Setzerei“ auch für eigene Veranstaltungen mieten. Neulich sei die IG Metall da gewesen, erzählt Müller. Und auch SPD-Ortsvereine, die in Berlin „Abteilungen“ heißt, hätten schon einige Male in der „Setzerei“ getagt, „natürlich ohne dafür zu bezahlen“, wie Michael Müller betont.

Ende November gab es in den Räumen eine Premiere. Erstmals wurde der „Michael Müller hilft Award“ verliehen. „Der Preis war die Idee meiner Kinder“, erzählt Müller. Mit ihm will er „unterschiedliches ehrenamtliches Engagement in Berlin“ würdigen. Die erste Auszeichnung ging an einen Verein, der Familien mit chronisch erkrankten Kindern Erholungszeiten ermöglicht und damit einen wichtigen Beitrag zur Entlastung im Alltag leistet. „Wir wollen das unbedingt im nächsten Jahr wiederholen“, kündigt Müller an.

Und auch der nächste Gast in der „Setzerei“ steht bereits fest. Am 19. Februar wird die Direktorin des Deutschen Literaturarchivs Marbach, Sandra Richter, über ihre Biografie über Rainer Maria Rilke sprechen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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