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Bärbel Bas zum Mitgliedervotum: „SPD will Korrektiv in der Regierung sein“

Noch einen Tag lang können Genoss*innen über den Koalitionsvertrag abstimmen. Spitzenpolitikerin Bärbel Bas wirbt in einer letzten Dialog-Veranstaltungen um Vertrauen: Die SPD werde in einer künftigen Regierung klar Stellung beziehen – kurz zuvor hatte Merz sein künftiges Regierungsteam bekannt gegeben.

von Vera Rosigkeit · 29. April 2025
Bärbel Bas war an den Koalitionsverhandlungen für die SPD führend beteiligt – hier ist sie auf dem Weg zum Konrad-Adenauer-Haus am 31. März 2025.

Bärbel Bas war an den Koalitionsverhandlungen für die SPD führend beteiligt – hier ist sie auf dem Weg zum Konrad-Adenauer-Haus am 31. März 2025.

Die letzte Dialog-Veranstaltung zur Abstimmung über den Koalitionsvertrag steht unter besonderen Vorzeichen. Wenige Stunden zuvor hatte Friedrich Merz als Kanzler einer möglichen Regierung von Union und SPD die künftigen Kabinettsmitglieder der CDU bekannt gegeben. Die SPD hingegen will dies erst nach Ende ihres Votums tun. Ihre Stimme abgeben können ihre Mitglieder noch am heutigen Dienstag bis 23:59 Uhr.

Es habe Vor- und Nachteile, das Personal vorher zu benennen, sagt SPD-Spitzenpolitikerin und ehemalige Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zum Vorgehen ihrer Partei in einer Online-Konferenz am Montagabend. Die SPD wolle eine inhaltliche Diskussion über den Koalitionsvertrag führen und sie nicht mit Personaldebatten belasten, erklärt sie einem Genossen aus Gütersloh, der die Besetzung der künftigen Regierungsposten seitens der SPD gerne vor Abschluss des Mitgliedervotums erfahren hätte. Seiner Meinung nach müssten „wirklich durchsetzungsfähige Genossinnen und Genossen“ in der neuen Regierung sein – gerade angesichts einiger Bestrebungen führender CDU-Politiker, den Umgang mit der rechtsradikalen AfD zu normalisieren, sagt er. 

Zum Umgang mit der AfD

Bas greift die Kritik auf. Mit Blick auf Aussagen zur AfD, etwa des künftigen CDU/CSU-Fraktionschefs Jens Spahn und dem von Merz als Außenminister vorgeschlagenen Johann Wadepfuhl, verweist sie auf die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. Hier sei klar formuliert, „dass wir keine Abstimmung gegen den Koalitionspartner machen“, betont sie. Es werde nur gemeinsam abgestimmt, und das gelte auch, „was den Umgang mit der AfD angeht“. Die SPD werde „sehr großen Wert darauflegen, dass das an der Stelle eingehalten wird“.

Überhaupt sieht Bas die SPD in einer möglichen kommenden Regierung, für die sie am Montagabend bei den Mitgliedern um Zustimmung wirbt, in einer großen Verantwortung. Die Demokratie sei nicht nur von außen bedroht. Auch von innen versuchten Demokratiefeinde, „insbesondere uns Sozialdemokraten anzugreifen“. 

Abschaffung des Achtstundentags als Kompromiss

Eine Koalition aus Union und SPD sei die „einzige demokratische Option“ und „keine leichte Aufgabe“, ist die Duisburgerin überzeugt. Bei vielen Themen habe man Kompromisse finden müssen und ja, da „sind auch ein paar Kröten drin, die wir schlucken mussten“. Als Beispiel hierfür wird sie im weiteren Verlauf des Gesprächs die Abschaffung des Achtstundentags nennen. Man habe im Bereich Arbeit und Soziales mit dem Mindestlohn, dem Tariftreuegesetz und der Stabilisierung des Rentenniveaus vieles durchsetzen können. Die Forderung der Union, die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche zu ersetzen, sei ein Kompromiss gewesen, um anderes zu erreichen. 

Doch Bas hofft, im laufenden Gesetzgebungsverfahren an dieser Stelle noch nachverhandeln zu können. Überhaupt gibt sie sich zuversichtlich, viele Dinge im Laufe der möglichen Regierungsarbeit noch ausgestalten zu können. Denn zahlreiche Formulierungen im Koalitionsvertrag seien offen und im parlamentarischen Verfahren hätten stets die Abgeordneten das letzte Wort, um Gesetzentwürfe zu gestalten, erklärt Bas.

Bas: „Wollen das Korrektiv sein“ 

Es sei gut „einen Spielraum zu haben“, sagt sie, die für ihre Arbeit als Bundestagspräsidentin in der vergangenen Legislaturperiode an diesem Abend von den Genossinnen und Genossen oft und viel Lob erfährt. Und die bleiben in Sorge, was einen möglichen Rechtsdrift der kommenden Regierung mit der Union betrifft. Ob die SPD genug dagegenhalten könne und nicht zu anständig sei und zu wenig deutlich in ihrer Sprache, will eine Genossin aus Franken wissen.

Bas versteht. Auch sie sei nicht begeistert. „Es ist nicht so, dass wir jetzt dicke Freunde geworden sind mit der CDU/CSU“, sagt sie. Die Aufgabe der SPD in einer möglichen Regierungsverantwortung liegt für Bas vor allem darin, die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen. Da stecke sehr viel drin. Sie setze dabei auch immer auf die Kolleginnen und Kollegen, die im Parlament sitzen, dass „wir das auch einfordern“. 

Von den Mitgliedern der SPD erhofft sich Bas dafür Vertrauen. Das „wir aus der Regierung heraus, am Kabinettstisch und auch im Parlament, die Flagge hochhalten“, sagt sie. Auch gegen rechts, fügt sie hinzu. Die Alternative zu einer möglichen Koalition wäre eine Minderheitenregierung oder eventuell Neuwahlen. „Besser wird’s nicht“, warnt Bas. Stattdessen gelte es, Stellung zu beziehen. „Ich verstehe mich auch – ebenso wie die Kolleginnen und Kollegen, die verhandelt haben – dass wir das Korrektiv sein wollen und dass wir natürlich dagegen halten.“

Das Mitgliedervotum der SPD endet am Dienstag, 29. April, um 23:59 Uhr. Das Ergebnis wird am 30. April gegen 10.30 Uhr von Generalsekretär Matthias Miersch vorgestellt. Sollten die Genossinnen und Genossen mehrheitlich mit Ja stimmen, will die Parteiführung die Minister-Kandidat*innen am 5. Mai bekanntgeben. 

Alle weiteren wichtigen Informationen zur Regierungsbildung finden Sie in unserem Nachrichtenticker.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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