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Rede zur Lage der Europäischen Union: Große Erwartungen an von der Leyen

Mit Ursula von der Leyens „Rede zur Lage der Europäischen Union“ endet am Mittwoch die Sommerpause des Europaparlaments. Nach dem umstrittenen Zoll-Deal mit Donald Trump sind die Erwartungen der Abgeordneten groß wie nie.

von Kai Doering · 9. September 2025
Ursula von der Leyen am Rednerpult im Europarlament

Wie wird sich Ursula von Leyen zum Zoll-Abkommen mit den USA äußern? Die SPD hat klare Erwartungen an ihre Rede zur Lage der Europäischen Union.

Als sich Ursula von der Leyen und Donald Trump Ende Juli in einem Golfclub in Schottland die Hände schüttelten, wechselten sich in Europa Erleichterung und Schockstarre ab. Erleichtert waren Politik und Wirtschaft, da Zölle von 30 Prozent verhindert werden konnten. Schockiert waren sie, weil die EU-Kommission im Gegenzug für geringere US-Zölle ihre eigenen Zölle auf amerikanische Industriegüter streichen will. Von „Erpressung“ Trumps und einer „Unterwerfung“ der EU war die Rede. Im Mittelpunkt der Kritik: Ursula von der Leyen.

Letzte „Rede zur Lage der Union“ 2023 gehalten

Mit Spannung wird daher erwartet, welchen Ton die Präsidentin der Europäischen Kommission am Mittwochmorgen anschlagen wird. Zum Ende der Sommerpause hält von der Leyen im Europaparlament in Straßburg ihre diesjährige „Rede zur Lage der Europäischen Union“. Seit 2010 nimmt der oder die Kommissionspräsident*in in dieser Grundsatzrede Stellung zur aktuellen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation der Europäischen Union und stellt die Vorhaben der Kommission für das kommende Jahr vor. Wegen der Europawahl im vergangenen Jahr hielt von der Leyen ihre letzte „Rede zur Lage der Union“ 2023. Damals ging es vor allem um die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine.

Der tobt zwar immer noch, wird aber inzwischen vor allem politisch instrumentalisiert. So drohte US-Präsident Donald Trump mehr als einmal damit, militärische Unterstützung zu reduzieren, sollte die EU seinen Zollplänen nicht zustimmen. „Trotz unserer ökonomischen Stärke hat die US-Regierung unsere verteidigungspolitischen Schwächen ausgenutzt“, bewertet daher René Repasi den Deal aus Schottland. Repasi ist Vorsitzender der SPD-Abgeordneten im Europaparlament. Er wird sich von der Leyens Rede am Mittwoch besonders aufmerksam anhören.

SPD fordert klare Aussagen von von der Leyen

„Ich erwarte, dass Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union in Straßburg klar anerkennt, dass die EU in einer Position der Schwäche war“, sagt er. Die Kommissionspräsidentin müsse darlegen, wie sie verhindern will, erneut aus einer solchen Position heraus verhandeln zu müssen. „Ich fordere daher konkrete Aussagen und Schritte zur Stärkung der europäischen Verteidigung, des europäischen Wirtschaftsmodells und seiner Wettbewerbsfähigkeit.“

Bei den Sozialdmokrat*innen ist die Sorge groß, dass Donald Trump nach dem Zoll-Deal aus Schottland erst auf den Geschmack gekommen sein könnte – zumal er sich selbst zuletzt nicht an die getroffenen Vereinbarungen hielt: Zwei Wochen nach dem Handshake mit von der Leyen setzten die USA bei mehr als 400 Produkten die Zölle auf 50 Prozent. Die vereinbarte Absenkung auf Auto- und Autoteilimporte von 27,5 auf 15 Prozent fand bis heute nicht statt. „Ein Abkommen, bei dem Verabredungen nicht eingehalten werden, können wir nicht akzeptieren“, sagt deshalb der Vorsitzende der Handelsausschusses des Europaparlaments, der SPD-Politiker Bernd Lange.

Er bezweifelt jedoch, dass Ursula von der Leyen von sich aus dem Zoll-Deal in ihrer Rede am Mittwoch sehr viel Raum geben wird. „Ich glaube, zu dem Thema wird sie gar nicht so viel sagen“, sagt Lange. Von der Leyen wisse, dass sie sich bei den Verhandlungen „nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat“. Sollte das Abkommen am Mittwoch doch ein Thema werden, „wird sie sicher sagen, dass es das Beste war, was sie rausholen konnte, auch wenn es dafür überhaupt keine Belege gibt.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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