Warum nur mit der SPD die Digitalisierung gelingen kann
Michael Gottschalk/photothek.net
Der Ort, den der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel gewählt hat, um sein neues Buch vorzustellen, ist wahrscheinlich kein Zufall. Hier, in den modern eingerichteten Räumlichkeiten einer Telekommunikationsfirma in Berlin-Mitte, hat die SPD bereits am Montag ihr Arbeitsprogramm zur Erneuerung vorgestellt. Um Erneuerung geht es auch Schäfer-Gümbel in seinem an diesem Mittwoch erscheinenden Buch – allerdings geht es ihm um die Digitalisierung, deren Dimensionen das Leben vieler Menschen umzukrempeln vermag.
Selbstbestimmung, nicht Fremdbestimmung
Der Titel des Buchs: „Die sozialdigitale Revolution“. Und für Schäfer-Gümbel ist klar: „Nur die SPD wird die Digitalisierung gesellschaftlich organisieren können.“ Sie sei die Partei der gesellschaftlichen Transformation. Die Aufgabe der SPD sei es, aus technologischem Fortschritt sozialen Wohlstand für alle zu machen. Vor diesem Hintergrund beschäftigt er sich in seinem 180 Seiten starken Werk mit mehreren Bereichen, in denen er Handlungsbedarf für die SPD sieht.
Eines davon ist der Datenschutz, für den Schäfer-Gümbel mehr Aufklärung der Gesellschaft sowie Debatten dazu fordert. Schließlich sei seit langem bekannt, dass in der digitalen Welt die privaten Daten das Zahlungsmittel seien. „Das ist legitim, aber es muss transparent geschehen“, sagt er. Hinsichtlich der erfassten Daten gehe es um die Selbstbestimmung der Menschen. Den Datenschutz betrachtet der hessische SPD-Landesvorsitzende auch als relevantes Thema für die Arbeitnehmer, zum Beispiel wenn zurückgelegte Wege erfasst und kontrolliert werden. „Der Beschäftigungsdatenschutz spielt in der Zukunft eine große Rolle.“
Arbeitnehmerrechte absichern
Diskussionen erhofft er sich auch zur digitalen Ethik, beispielsweise ob ein Algorithmus über Leben und Tod entscheiden dürfe. Eine Frage der Moral sieht er zudem in der Gesichtserkennung, die Menschen überall erfassbar macht. Dabei erwähnt er auch das bereits existierende „Sozialkreditsystem“, mit dem Chinas Bürger digital überwacht und in ihrem Verhalten bewertet werden. „Wir müssen die Debatte endlich gesellschaftlich führen und nicht nur in Fachkreisen.“
Thorsten Schäfer-Gümbel ist sich sicher, dass es aufgrund der Digitalisierung „kein Ende der Arbeit“ geben werde, auch wenn in vielen Bereichen – etwa der Logistik und im Einzelhandel – die Folgen des Wandels bereits ersichtlich seien. Dafür sieht er zukünftig „enormen Bedarf“ an Arbeit im Sozial- und Bildungsbereich.
Fit für die Digitalisierung
In den kommenden Jahren werde sich die Arbeitsweise weiter wandeln, deshalb bräuchten die Beschäftigten mehr Flexibilität. Er geht davon aus, dass Crowdworking wichtiger wird. Damit ist gemeint, dass Menschen mit unterschiedlichen Berufen für Projekte länderübergreifend zusammenarbeiten. „Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Arbeitnehmer erhöhen“, fordert Thorsten Schäfer-Gümbel, stellt allerdings klar, dass dabei die Arbeitnehmerrechte abgesichert werden müssten.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen als Antwort auf die Digitalisierung lehnt der SPD-Vize-Chef ab. Seine Formel: „Grundsicherung ja, bedingungslos nein.“ Arbeit sei ein Teil der Identität und ermögliche die Teilhabe der Menschen. Es gehe darum, Sicherheit im Wandel herzustellen und Veränderungsprozesse so zu organisieren, dass niemand Angst haben müsse. Ein Instrument dafür sieht er etwa im „Chancenkonto“, mit dem auch ältere Menschen fortgebildet und für die Digitalisierung befähigt werden könnten.
Thorsten Schäfer-Gümbel: „Die sozialdigitale Revolution: Wie die SPD Deutschlands Zukunft gestalten kann“, 180 Seiten, ISBN: 3867745978; 180 Seiten, Murmann-Verlag