Inland

Umgang mit AfD: Scharfe Kritik an Brandmauer-Aus der „Familienunternehmen“

Für seine Öffnung gegenüber der AfD erntet der Verband der „Familienunternehmen“ scharfe Kritik aus den Reihen der SPD. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnt vor einem „Spiel mit dem Feuer“. 

von Kai Doering · 27. November 2025
Handy mit der Internetseite der AfD vor einer Rossmann-Filiale

Reden mit der AfD? Für die Drogeriemarktkette Rossmann kommt das nicht infrage. Sie ist aus dem Verband der Familienunternehmen ausgtreten, nachdem dieser die Brandmauer zur AfD für beendet erklärt hatte.

Um Mitglied im Verband „Die Familienunternehmen“ zu werden, gibt es klare Regeln. Eine Voraussetzung ist, dass das Unternehmen mindestens eine Millionen Euro Jahresumsatz erzielt und mindestens zehn Mitarbeiter*innen hat. Nach eigenen Angaben hat der Verband rund 6.500 Mitglieder und sieht sich als Interessenvertretung für 180.000 Unternehmen bundesweit.

Scharfe Kritik aus der SPD-Bundestagsfraktion

Eine andere Regel dagegen gilt seit einigen Wochen nicht mehr. Das jahrelang geltende „Kontaktverbot“ zu AfD-Bundestagsabgeordneten hat der Verband Anfang Oktober aufgehoben und Abgeordnete der Rechtsaußenpartei zum parlamentarischen Abend in die Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Bank in Berlin eingeladen. „Wir halten es für wichtig, dass man sich mit den Inhalten der Parteien auseinandersetzt, und bei dieser Veranstaltung konnten sich Politiker und Unternehmer austauschen“, heißt es auf der Internetseite des Verbands. Und: „Mit einem Andersdenkenden zu diskutieren, heißt nicht seine Positionen zu akzeptieren. Reden heißt nicht zusammenarbeiten.“

Das sehen in der Politik viele anders. „Wer glaubt, man könne die AfD ‚stellen‘, indem man sie zum Häppchen-Essen bei parlamentarischen Abenden einlädt, der irrt gewaltig“, erklärte Esra Limbacher, stellvertretender Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. „Wer als Vertreter der Wirtschaft die AfD auch nur in die Nähe einer Partnerschaft rückt, legt die Axt an die soziale Marktwirtschaft.“

„Die AfD schadet der deutschen Wirtschaft“

„Für die Verteidigung der Demokratie braucht es statt Gesprächen mit Verfassungs- und Demokratiefeinden klare Kante“, betonte Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Offenbar machten sich „einige bereit, einer nachweislich verfassungsfeindlichen Partei den Teppich auszurollen“. Dieses Verhalten sei brandgefährlich, warnte Piel. „Wer glaubt, damit demokratische Parteien wirtschaftspolitisch unter Druck setzen zu können, spielt mit dem Feuer und ignoriert die Lehren aus der Geschichte.“

Kritik am Verhalten der „Familienunternehmer“ äußerte auch das Wirtschaftsforum der SPD. „Die AfD schadet der deutschen Wirtschaft und damit dem Standort Deutschland mit ihrem antieuropäischen und realitätsfernen Wunschdenken“, sagte Präsidentin Ines Zenke. „Mit rationaler Wirtschaftspolitik hat dies nichts zu tun. Dies sieht auch die Mehrheit der Wirtschaftsvertreter so.“ Konstruktive und lösungsorientierte Debatten sind nach Beobachtung des SPD-Wirtschaftsforums mit der AfD nicht zu erwarten.

Große Unternehmen treten aus dem Verband aus

„Wir Familienunternehmer wollen keine Regierung mit AfD-Beteiligung“, bemühte sich Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann, die Wogen zu glätten. Das Weltbild der AfD passe nicht zur freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Grundüberzeugung der „Familienunternehmen“. Deshalb scheue der Verband nicht „die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD“.

Diese Haltung teilen jedoch nicht alle der rund 6.500 Mitgliedsunternehmen. Am Mittwoch erklärten die Drogeriemarktkette „Rossmann“ und der Staubsauger- und Küchenmaschinenhersteller „Vorwerk“ ihren Austritt aus dem Verband. Wenig später folgte auch der Limonade-Hersteller „Fritz-Kola“. „Wir unterstützen die Haltung des Verbands ‚Die Familienunternehmer‘ nicht und haben die Mitgliedschaft gekündigt“, teilte „Rossmann“ mit.

Der „Seeheimer Kreis“, ein Zusammenschluss von als pragmatisch geltenden SPD-Bundestagsabgeordneten, hat ein geplantes Treffen mit dem Verband der Familienunternehmer unterdessen abgesagt. Der Austausch mit Familienunternehmern bleibe zwar „äußerst wichtig“, betonte SPD-Fraktionsvize Esra Limbacher, aber „dafür brauche ich keinen Verband, der mit der AfD arbeiten will“.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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