Inland

Steuerkonzept der SPD: Investieren und trotzdem entlasten

Weniger Steuern und mehr Geld für gebührenfreie Bildung – im Gegensatz zur Union hat die SPD ihre Investitionen in die Zukunft solide durchgerechnet. Ein Beitrag von Thorsten Schäfer-Gümbel und Olaf Scholz.
von Thorsten Schäfer-Gümbel · 11. September 2017
Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Hansestadt Hamburg mit SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz und SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel
Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Hansestadt Hamburg mit SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz und SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel

Der Soli muss abgeschafft werden. „Und zwar für alle“ - wie auch jüngst Frau Merkel zu Protokoll gab. Darum geht es aber im Kern nicht. Denn es ist längst kein Geheimnis mehr, dass der Solidaritätszuschlag in seiner derzeitigen Form vor dem Bundesverfassungsgericht nicht mehr lange standhalten würde. Ende 2019 läuft der Solidarpakt aus, der eine besondere Unterstützung für die ostdeutschen Länder vorsieht.

Soli abschaffen – aber schrittweise

An seine Stelle tritt dann die gerade erst vom Bundespräsidenten unterzeichnete Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Auf ausdrücklichen Wunsch der ostdeutschen Bundesländer wird es dann keine Sonderregelungen mehr für sie geben. Und deshalb geht es nicht um die Frage, ob der Soli für alle abgeschafft wird, sondern wie schnell das für alle der Fall sein wird. Dass die CDU den Soli noch bis zum Jahr 2030 erheben will, hat mit seriöser Politik wenig zu tun.

Die SPD will den Solidaritätszuschlag abschaffen – und zwar in einem ersten Schritt für alle Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Innerhalb weniger Jahre folgt dann der Rest. Das ist eine durchdachte Politik, die Gerechtigkeit schafft und vor Gerichten Bestand hat.

Union ohne Gegenfinanzierung

Das sozialdemokratische Steuerkonzept sieht zudem vor, dass nur noch Diejenigen den Spitzensteuersatz zahlen, die auch spitze verdienen. Deshalb soll der bisherige Spitzensteuersatz von 42 Prozent erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 60.000 Euro (bei einem Single) anfallen. Das entlastet alle Einkommensbestandteile darunter. Die Tatsache, dass die Union unseren Vorschlag wenige Tage nach der Präsentation unseres Steuerkonzeptes  aufgegriffen und exakt das gleiche gefordert hat, freut uns zunächst einmal.  

In einem wesentlichen Punkt unterscheiden wir uns allerdings: die Union verzichtet gänzlich auf einen Gegenfinanzierungsvorschlag! Und das gilt auch für all die anderen Überlegungen – so muss man das wohl nennen – zur Entlastung der Steuerzahler, die sich im Übrigen nur geringfügig von Vorschlägen der SPD, der Grünen und der FDP unterscheiden. Das erklärt auch, warum das Unionsprogramm in Sachen Soli so zurückhaltend und vage bleibt. Würden CDU und CSU bei der Abschaffung des Soli ähnlich klare Kante zeigen wie die SPD, fiele ihr komplettes Steuerkonzept wie ein Kartenhaus in sich zusammen: Die Rechnung stimmt dann hinten und vorne nicht. Falls die Union allen Ernstes darauf spekuliert, dass die Wählerinnen und Wähler diese Taktik nicht durchschauen, wäre das schlecht für die demokratische Debattenkultur in Deutschland. Und ein solches Konzept ist nicht glaubwürdig.

SPD für Netto-Unterstützung von Ländern und Kommunen

Die SPD hat einen Gegenfinanzierungsvorschlag! Indem wir für mehr Steuergerechtigkeit sorgen und dabei Maß halten. Genau davor schreckt das Unionskonzept zurück. Und das ist der Unterschied zwischen SPD und CDU/CSU.

Übrigens gibt es noch eine Testfrage, die an alle Programme der Parteien gerichtet werden sollte. Alle treten mehr oder weniger stark dafür ein, die ganztägige Kinderbetreuung auszubauen, die Gebühren für Kinderbetreuung zu senken oder abzuschaffen, mehr Ganztagsgrundschulen oder überhaupt Ganztagsangebote an den Schulen zu schaffen. Dafür sollen Länder und Kommunen finanziell unterstützt werden. Wer aber diese zusätzlichen Mittel gewähren will und gleichzeitig durch sein Steuerkonzept die Einnahmen von Ländern und Kommunen verringert, macht sicher die Rechnung ohne den Wirt. Ein solches Vorgehen hält die SPD für falsch. Wir wollen eine echte Netto-Unterstützung von Ländern und Kommunen und schaffen damit den erforderlichen Spielraum für den Ausbau von Betreuung und kostenfreier Bildung. Andere Konzepte würden diesen Test wohl nicht bestehen.

Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten

Wer sich die Mühe macht, die vorliegenden Steuerkonzepte durchzurechnen und sich die heterogene Zusammensetzung der im Bundesrat vertretenen Landesregierungen anschaut, muss zu dem Schluss kommen, dass das SPD Konzept die größte Chance auf Realisierung hat.

Mit einem kraftlosen „Weiter so“ lässt sich die Zukunft nicht gewinnen. Die Deutschen haben mehr verdient: mehr Respekt vor ihrer Leistung, mehr Mut zur Gestaltung und vor allem mehr Gerechtigkeit. Das Steuer- und Finanzkonzept der SPD verbindet diese wichtigen Dimensionen. Wir investieren in die Zukunft. Allen voran in bessere Schulen, in denen unsere Kinder gerne lernen. Wir entlasten die Menschen in unserem Land, die immens zu unserem Wohlstand beitragen. Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen – den Bäcker, die Facharbeiterin oder die Übersetzerin. Wir sorgen dafür, dass der Facharbeiter bei Daimler weniger Steuern und Abgaben zahlen wird und die Spitzenmanager mehr zum Zusammenhalt  in unserer Gesellschaft beitragen. Investition, Entlastung, Gerechtigkeit – das schafft nur die SPD.

Autor*in
Thorsten Schäfer-Gümbel

ist stellvertretender SPD-Vorsitzender sowie Fraktions- und Landesvorsitzender der SPD in Hessen. Er ist Vorsitzender des Kulturforums der Sozialdemokratie.

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