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Kieler OB Ulf Kämpfer: „Der April kommenden Jahres wird eine Zäsur sein“

30. December 2025 10:29:00

Im Frühjahr endet nach zwölf Jahren die Zeit von Ulf Kämpfer als Oberbürgermeister von Kiel. Doch mit der Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2027 wartet bereits die nächste Aufgabe. Im Interview sagt der SPD-Politiker, was er noch zu Ende bringen und wie er die SPD in Schleswig-Holstein zum Sieg führen will.

Der Kieler Oberbürgermeister Ulf Kämpfer im Interview.

Noch Kieler-Oberbürgermeister Ulf Kämpfer: Alle Bälle in der Luft zu halten ist schon eine Herausforderung.

Welche Vorsätze haben Sie für das neue Jahr?

Auf jeden Fall will ich meine Aufgabe als Kieler Oberbürgermeister, der ich noch bis Ende April 2026 bin, erfolgreich zu Ende bringen. Dann wird es darum gehen, eine starke Kampagne für die Landtagswahl 2027 auf die Schiene bringen. Und ich möchte meine persönliche Bestzeit im Halbmarathon verbessern. Dafür brauche ich noch ein paar Trainingseinheiten.

Ulf Kämpfer: „Ich lebe in einer manchmal seltsamen Zwischenzeit.“

Ihre Zeit als Kieler Oberbürgermeister endet im April nach zwölf Jahren. Sind Sie da jetzt schon auf Abschiedstour?

Ich lebe in einer manchmal seltsamen Zwischenzeit. Es gibt viele Dinge, die ich zum letzten Mal mache, die Aufstellung des Haushalts zum Beispiel. Gleichzeitig möchte ich noch viele Dinge über die Ziellinie bringen, die mir wichtig sind. Kurz vor Weihnachten haben wir zum Beispiel die Pläne für das neue Holstein-Stadion vorgestellt. Im Januar werden wir das sanierte Konzerthaus wiedereröffnen.

Und dann verhandele ich gerade mit dem Verteidigungsministerium über Grundstücke, die wir eigentlich von der Marine übernommen hatten, um dort dringend benötigte Wohnungen zu bauen, die sie aber nun zurückhaben möchte, Stichwort: Zeitenwende. Da bin ich als Oberbürgermeister nochmal richtig gefordert, um eine gute Lösung für beide Seiten zu finden.

All diese Bälle in der Luft zu halten – als schon gewählter Spitzenkandidat für die Landtagswahl, als Kandidat für den SPD-Landesvorsitz, als Oberbürgermeister und nicht zuletzt als Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen – ist schon eine Herausforderung. Insofern wird der April kommenden Jahres eine Zäsur sein, weil ich die 70 bis 80 Stunden, die ich jetzt in der Woche als Oberbürgermeister arbeite, ab dann vollständig für die SPD nutzen kann.

Als Sie im August 2024 angekündigt haben, nicht noch einmal als Kieler Oberbürgermeister kandidieren zu wollen, haben Sie gesagt: „Ich kann mir nichts vorstellen, was diese Arbeit noch toppen könnte.“ Ministerpräsident von Schleswig-Holstein zu sein, käme aber nah dran, oder?

Die Gestaltungsmacht eines Ministerpräsidenten ist größer, wird aber zurzeit viel zu wenig wirklich genutzt. Und je mehr Einblicke ich bekomme hinter die Fassade der betulichen Freundlichkeit dieser Landesregierung, desto mehr wird deutlich, wo sich Dinge in die falsche Richtung entwickeln, sei es beim Wohnungsbau, sei es im Bildungsbereich, sei es beim Thema gute Arbeit oder bei der oft grottenschlechten Verkehrsinfrastruktur. Meine Motivation ist deshalb, es besser zu machen und mich mit all meinen Erfahrungen und Kompetenzen einzubringen, die ich in den letzten Jahrzehnten auf kommunaler, aber auch auf Landesebene erworben habe.

Ulf Kämpfer: „Ich kenne keinen anderen Mitgliederentscheid, der so eindeutig ausgegangen ist.“

War das auch der Grund, jetzt in die Landespolitik zu wechseln?

Das ist der eine Grund. Der andere ist das Erstarken der AfD, vor allem in Ostdeutschland, aber auch zunehmend im Westen. Selbst in Schleswig-Holstein ist die AfD bei der Bundestagswahl nur knapp hinter der SPD gelandet. Deshalb ist der Kampf um die Stabilisierung der demokratischen Mitte für mich ganz zentral. Ein Teil der Antwort auf diese Herausforderung ist eine starke SPD wie wir sie im Norden in Niedersachsen, Hamburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern haben. In diese Riege möchte ich Schleswig-Holstein wieder zurückführen.

Den Rückenwind der Mitglieder dafür haben Sie. Fast 80 Prozent haben Sie im November zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im Frühjahr 2027 gewählt. Wie wollen Sie ihn in den kommenden Monaten nutzen?

Ich bin sehr glücklich, dass mir die Mitglieder in dieser Breite ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Ich kenne keinen anderen Mitgliederentscheid, der so eindeutig ausgegangen ist. Das ist schon etwas Besonderes und gibt mir ein sehr starkes politisches Mandat für den Wahlkampf. Aber nicht nur das deutliche Ergebnis macht mich froh, sondern auch die Art und Weise wie wir diesen innerparteilichen Wahlkampf geführt haben. Er hat die Partei eben nicht auseinandergetrieben, wie wir es während anderer Urwahlen erlebt haben, sondern geeint. Dabei war unser Umgang miteinander vorbildhaft. Wir haben jetzt eine anspruchsvolle Ausgangssituation für die Landtagswahl, aber auch eine, aus der man richtig etwas machen kann. Und gerade, wenn man zu unseren erfolgreichen Nachbarn nach Hamburg guckt, sieht man, dass es einen Unterschied macht, ob ein Bundesland von der SPD oder von der CDU regiert wird.

Ulf Kämpfer: „Was in Kiel gelungen ist, möchte ich gern 2027 auf die Landesebene übertragen.“

Welche Weichen wollen Sie dafür im neuen Jahr stellen?

Zunächst stehen viele strategische Entscheidungen im Hintergrund an. Wir müssen die Agentur auswählen, die unseren Wahlkampf gestaltet. Ich muss mein Wahlkampfteam zusammenstellen. Inhaltlich werde ich mich mit wichtigen Leitanträgen beschäftigen, die wir im Februar verabschieden und die Grundlage für das Landtagsprogramm werden sollen. All das steht früh im neuen Jahr an.

Welche Themen sollten dabei im Vordergrund stehen?

Wichtige Themen sind Bildung, Gesundheit und Wohnen, aber auch den Bereich Wirtschaft und gute Arbeit wollen wir stärker herausstellen. Da geht es um Tarifbindung und den Mindestlohn – eigentlich also Kernthemen der SPD. Uns hier stärker zu zeigen, war einer der ersten Pflöcke, die ich als Spitzenkandidat eingeschlagen habe. Die Kunst wird sein, einen Wahlkampf zu führen, in dem die SPD klassisch sozialdemokratisch unterwegs ist, und gleichzeitig diejenigen anzusprechen, die nicht unsere Stammwähler sind, aber mich als Spitzenkandidaten überzeugend finden.

In Kiel ist das gelungen. Da habe ich die Oberbürgermeisterwahl einmal mit 63 und einmal mit 65 Prozent gewonnen, das waren nicht alles SPD-Fans, aber mancher hat mich gewählt nicht weil, sondern obwohl ich Sozialdemokrat bin. Was in Kiel gelungen ist, möchte ich gern 2027 auf die Landesebene übertragen. Mit den 16 Prozent vom letzten Mal haben wir unser Wählerpotential jedenfalls nur zu einem kleinen Teil wirklich ausgeschöpft.

Ulf Kämpfer: „Ich will als Landesvorsitzender dazu an vorderster Stelle beitragen, damit wir Motivation bis in den letzten Ortsvereinen kriegen, um dann gemeinsam einen tollen Wahlkampf hinzubekommen.“

Im Frühjahr sollen Sie neben der Spitzenkandidatur auch den Landesvorsitz übernehmen. Warum ist es sinnvoll, beide Ämter in eine Hand zu legen?

Ich habe mich sehr über diesen Vorschlag der bisherigen Vorsitzenden Serpil Midyatli und des Landesvorstands gefreut. Wählen muss mich aber natürlich der Parteitag und ich hoffe, dass ich auch hier das Vertrauen erhalte. Als Landesvorsitzender hätte ich eine Stimme für die Partei nach außen und gleichzeitig nach innen die Möglichkeit, zu gestalten. Ich denke, dass die SPD insgesamt nach den Ereignissen der vergangenen Monate insbesondere auf Bundesebene Ermunterung und Aufbruch vertragen kann. Ich will als Landesvorsitzender dazu an vorderster Stelle beitragen, damit wir Motivation bis in den letzten Ortsvereinen kriegen, um dann gemeinsam einen tollen Wahlkampf hinzubekommen.

Nach Ihrer Nominierung zum Spitzenkandidaten haben Sie gesagt: „Ich will ein Kämpfer für alle sein.“ Wird dieses bewusste Wortspiel auch Motto Ihres Wahlkampfs sein?

Es ist zumindest das Motto meiner Mission als Spitzenkandidat, der das Leben einfacher, bezahlbar und gerechter machen will. Und wenn wir uns die Herausforderungen ansehen, vor denen wir stehen, ist der Begriff des Kämpfens sicher passend. Ich habe mir lange verkniffen, Wortspiele mit meinem Namen zu machen, aber vielleicht ist gerade jetzt die Zeit dafür.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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