SPD Rheinland-Pfalz: „Wir sind ein Meister der Aufholjagd“
Er nennt sich selbst den „guten Scholz von der guten Ampel“. Im Interview sagt Gregory Scholz, Generalsekretär der SPD in Rheinland-Pfalz, warum Rot-Grün-Gelb hier gut zusammenarbeitet und er trotz Rückstands in den Umfragen optimistisch auf die Landtagswahl im kommenden Jahr blickt.
SPD Rheinland-Pfalz
Will die SPD in Rheinland-Pfalz zum Erfolg bei der Landtagswahl im kommenden Jahr führen: der neue Generalsekretär Gregory Scholz
Seit gut zwei Monaten sind Sie Generalsekretär der SPD in Rheinland-Pfalz. Zu Ihrem Amtsantritt haben Sie sich als den „guten Scholz von der guten Ampel“ bezeichnet. Wie war das gemeint?
Das mit der „guten Ampel“ ist ein Zitat von Alexander Schweitzer in Abgrenzung zur Ampel in Berlin, die sehr schwierig gelaufen und leider auch unschön geendet ist, während unsere Ampel in Rheinland-Pfalz sehr stabil ist und Alexander Schweitzer mit sehr viel Führungsqualität die Drei-Parteien-Konstellation lenkt. Und der „gute Scholz“ unterstützt den Ministerpräsidenten dabei, dass die Ampel in Rheinland-Pfalz auch nach der Wahl die gute Ampel bleibt und die SPD erneut die stärkste Kraft ist.
Was macht die Ampel in Rheinland-Pfalz besser als die frühere Bundesregierung?
Alexander Schweitzer pflegt einen sehr kommunikativen, offenen Stil und führt die Linie fort, die Malu Dreyer gesetzt hat. Ihm gelingt es, die einzelnen Interessen und unterschiedlichen Ausgangslagen zu bedenken und mitzunehmen. Man muss den Koalitionären auch ihre Möglichkeiten und Erfolge lassen. Das darf nicht zu einer Ego-Show für eine Partei oder eine einzelne Person werden, wie es in Berlin phasenweise der Fall war, sondern jeder muss seine Erfolge feiern können.
Gregory
Scholz
Mit 23 Prozent stehen wir deutlich besser da als die SPD im Bund. Das ist bei der Gemengelage ein großes Pfund.
Warum zahlt sich das derzeit nicht in den Umfragen aus? Wäre jetzt Landtagswahl, käme die SPD nur noch auf 23 Prozent, die Grünen auf 10 Prozent, der Wert für die FDP wird gar nicht mehr erhoben, während die CDU mit 29 Prozent klar vorne liegt.
Mit 23 Prozent stehen wir deutlich besser da als die SPD im Bund. Das ist bei der Gemengelage ein großes Pfund. Unterm Strich sind alle Umfragewerte im Moment ein Spiegel der Bundesthemen. Das wird sich in der Fokussierung auf die Landtagswahl deutlich verändern. Und diese Umfragen besorgen uns kein bisschen, denn wir kennen diese Situation. Auch bei vergangenen Wahlen hat die SPD Rheinland-Pfalz immer wieder gezeigt, dass wir Meister der Aufholjagd sind.
Also hat die Ampel noch eine Zukunft in Rheinland-Pfalz?
Aber klar! Alexander Schweitzer ist als Ministerpräsident doppelt so beliebt wie sein Herausforderer. Selbst jeder dritte CDUler hätte lieber Alexander als Ministerpräsidenten. Klarer geht’s nicht. Wir werden thematisch starke Akzente setzen und haben auch sehr viel vorzuweisen.
Welche Themen werden zentral sein?
In Rheinland-Pfalz gibt es in den kommenden Jahren eine Investitionsoffensive von insgesamt 5,45 Milliarden Euro von Land und Bund. Ein wesentlicher Aspekt ist die Handlungsstärke der Kommunen. Deshalb geht der Löwenanteil dieses Geldes direkt in die Kommunen. Die Landesregierung steuert zweimal 300 Millionen Euro bei. Was für ein Kraftpaket. Kommunen bekommen noch mehr Handlungsspielraum, vor Ort kann gestaltet und in die Zukunft investiert werden. Außerdem haben wir mit 44.000 Lehrkräften sowie 10.000 Polizistinnen und Polizisten in diesen Sektoren so viel Personal wie nie.
Unser Bildungsminister Sven Teuber hat Schülerinnen und Schüler in ihrem Alltag entlastet, indem Hausaufgabenüberprüfungen nicht mehr unangekündigt stattfinden dürfen. Unter Bildungspolitikerinnen und -politikern, unter Lehrkräften, unter Eltern und unter betroffenen Kindern war das ein ganz großes Thema und ein ganz wichtiger Schritt, um Druck aus dem pädagogischen Bildungsalltag zu nehmen und den Kindern mehr Möglichkeiten zu geben, sich fokussiert vorzubereiten und jeden Tag besser zu werden.
Ist das auch für Sie als früherer Lehrer ein Herzensthema?
Auf jeden Fall. Denn ich weiß nicht nur als ehemaliger Lehrer, sondern auch als Papa, dass Kinder einen massiven Druck haben durch das, was tagtäglich von ihnen erwartet wird. Erwachsene würden sich mit so einem Druck auch sehr schwertun, bei Kindern geht man immer davon aus, dass das normal sei. Ich bin froh, dass Sven Teuber, ebenfalls ehemaliger Lehrer und jetzt rheinland-pfälzischer Bildungsminister, diese Themen so beherzt angeht und gute Akzente und Schwerpunkte setzt.
Gregory
Scholz
Dass dieses Europa von rechtsnationalen Kräften schlecht geredet und kaputt gemacht wird, betrübt mich sehr.
Sie sind auch Mitglied im Europäischen Ausschuss der Region. Welche Bedeutung hat Europa für Rheinland-Pfalz?
Rheinland-Pfalz liegt im Herzen von Europa, grenzt an Luxemburg, Belgien und Frankreich. Wenn Grenzen geschlossen werden, hat unsere Wirtschaft schnell ein Problem, die Pendler haben ein Problem. Die Menschen, die in ihrer Freizeit auf der anderen Seite der Grenze was essen, trinken oder Freunde besuchen wollen, haben ein Problem. Insofern ist Europa ein sehr wichtiges Thema für die Menschen, aber auch die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz. Die Europäische Union ist ein Freundschafts- und Friedensprojekt, für das wir kämpfen und das wir verteidigen müssen.
Wie sehr besorgt es Sie, dass eine europafeindliche Partei wie die AfD derzeit bei bis zu 23 Prozent in Umfragen zur Landtagswahl steht?
Das besorgt mich sehr, gerade auch in Kombination mit der Stärke des Rassemblement National in Frankreich, aber auch vieler anderer rechter Parteien in Europa. Mein einer Großvater hat auf der deutschen Seite gekämpft, mein anderer Opa hat auf Seiten der Franzosen den Ersten und Zweiten Weltkrieg mitgemacht. Jahre später saßen sie sich friedlich bei uns in der Küche gegenüber und haben sich gut unterhalten. Das ist dieses Friedensprojekt Europa, das viel zu viele Menschen heute als gegeben hinnehmen. Der Krieg in der Ukraine zeigt uns, dass dem nicht so ist.
Ob es unsere wirtschaftliche Stärke, der Verbraucherschutz oder die EU-weite Abschaffung von Datenroaming ist – die EU hat Erfolge vorzuweisen wie kein anderes Friedens- und Freiheitsprojekt in der Welt. Dass dieses Europa von rechtsnationalen Kräften schlecht geredet und kaputt gemacht wird, betrübt mich sehr.
Wie ist Ihr Verhältnis zur CDU? Sie haben den Generalsekretär der rheinland-pfälzischen CDU, Johannes Steiniger, kürzlich auf X als „Stillos-Steiniger“ bezeichnet, der leider nur das Motto „Dreckwerfen“ kenne.
Mit den allermeisten Kolleginnen und Kollegen aus der CDU kann ich normal und gut kommunizieren. Es gibt sogar Leute, mit denen ich ein recht gutes Verhältnis habe. So soll das unter Demokratinnen und Demokraten auch sein. Der Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz ist allerdings meiner Meinung nach auf eine Linie abgebogen, die unserer Demokratie massiv schadet.
Er konstruiert regelmäßig Zusammenhänge, wo keine sind, und stellt Behauptungen auf, die sich letztlich als falsch erweisen. Zum Beispiel hat er Alexander Schweitzer vorgeworfen, gegen seine Verfassungstreue verstoßen zu haben und dies überall prominent als Tatsache formuliert. Ein Gericht hat allerdings entschieden, dass Alexander nicht gegen die Verfassungstreue verstoßen hat. Eine Korrektur dieser Falschaussagen ist nie erfolgt. Das ist stillos – und gefährlich.
Gregory
Scholz
In einem guten Umfeld mit guter Struktur und dem richtigen Kandidaten bzw. der richtigen Kandidatin ist die Sozialdemokratie jederzeit in der Lage, Wahlen zu gewinnen.
In Rheinland-Pfalz fanden jüngst zwei wichtige Oberbürgermeisterwahlen statt. In Ludwigshafen musste sich der SPD-Kandidat schließlich in der Stichwahl geschlagen geben. In Koblenz hat hingegen der SPD-Amtsinhaber die Oberbürgermeisterwahl deutlich gewonnen. Was lässt sich für die Landesebene herauslesen?
Auch wenn wir es uns in Ludwigshafen anders gewünscht hätten, hat unser Kandidat bei einer denkbar schwierigen Ausgangslage ein gutes Ergebnis eingefahren. Entscheidend ist, die Gegebenheiten rund um die Wahl aufzuarbeiten. Aber es bleibt eine lokale Wahl und ich leite da nichts für die Landespolitik ab. In Koblenz war es mit mehr als 67 Prozent Zustimmung für David Langner ein fulminanter Sieg. Das zeigt uns: In einem guten Umfeld mit guter Struktur und dem richtigen Kandidaten bzw. der richtigen Kandidatin ist die Sozialdemokratie jederzeit in der Lage, Wahlen zu gewinnen.
Welche Schlagzeile wünschen Sie sich für den Abend der Landtagswahl am 22. März auf vorwärts.de?
SPD wieder klar stärkste Kraft. Alexander Schweitzer bleibt Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo