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Sarah Süß: Jüngste NRW-Bürgermeisterin will es noch mal wissen

2020 wurde Sarah Süß mit 28 Jahren in der Gemeinde Steinhagen zur jüngsten Bürgermeisterin in Nordrhein-Westfalen gewählt. Die Sozialdemokratin blickt auf fünf turbulente Jahre zurück. Doch ihr Gestaltungswille ist ungebrochen.

von Jonas Jordan · 12. September 2025
Sarah Süß ist die jüngste Bürgermeisterin in Nordrhein-Westfalen.

Sarah Süß ist die jüngste Bürgermeisterin in Nordrhein-Westfalen.

Mehr als 90 Prozent der Bürgermeister*innen in Deutschland sind männlich. Das hat gerade eine Auswertung der Potsdamer Gisma University of Applied Sciences ergeben. Ähnlich sieht es im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen bislang auch aus. In Steinhagen, einer Gemeinde mit rund 20.000 Einwohner*innen, in Ostwestfalen ist das anders. Dort amtiert seit 2020 Sarah Süß im Rathaus. Die 33-Jährige ist die jüngste Bürgermeisterin in NRW und blickt auf fünf bewegte Jahre zurück. Am 14. September kandidiert sie erneut und hätte nichts gegen eine etwas ruhigere zweite Amtszeit.

26 Jahre Bürgermeisterin? Süß kann es sich vorstellen

Denn als sie am 1. November 2020 als erste Bürgermeisterin in der Geschichte der Gemeinde ihren Dienst antrat, musste Sarah Süß nicht nur von heute auf morgen die Verwaltung mit mehr als 200 Mitarbeiter*innen leiten. Es war zugleich auch der erste Tag eines erneuten Corona-Lockdowns. Hinzu kamen in den Folgejahren die globale Energiekrise infolge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und in Steinhagen ein Großbrand in einem Chemiewerk. Auch privat waren es bewegte Jahre. Süß heiratete, bekam einen Sohn, ihre Eltern starben.

Vor ihrer erneuten Kandidatur strotzt die Bürgermeisterin vor Selbstvertrauen und Tatendrang. Ihr SPD-Vorgänger war 26 Jahre im Amt. Auch Süß könnte sich das vorstellen, aber erst mal gilt ihr Augenmerk der Mission Titelverteidigung. „Dieser Amtsinhaber-Bonus ist schon da“, sagt sie im Gespräch mit dem „vorwärts“ und hofft darauf, trotz dreier Gegenkandidat*innen schon im ersten Wahlgang am 14. September siegen zu können. 

Einfach die Bürgermeisterin bei Instagram fragen

Unter Süß‘ Führung ist in den vergangenen Jahren in Steinhagen vieles digitaler geworden. Das alte, dicke Kalenderbuch wurde aussortiert, statt einem Gemälde hängt nun ein Fernseher an der Wand ihres Büros. „Ich mache sehr viel Social Media, auch weil ich finde, dass man darüber ansprechbar sein muss. Ich glaube, das wird auch so von der Bevölkerung gut angenommen. Es ist einfach eine niedrigere Hemmschwelle“, ist Sarah Süß. Viele gingen nicht mehr ins Rathaus, wenn sie eine Frage haben, sondern schrieben der Bürgermeisterin einfach bei Instagram.

Sarah
Süß

Es braucht Vorbilder. Denn es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass Frauen und Mädchen oft noch nicht so viel zugetraut wird.

Süß will nahbar sein, ein Vorbild für andere, insbesondere junge Frauen, damit es bald deutlich mehr Bürgermeisterinnen in Deutschland gibt. „Es braucht Vorbilder. Denn es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass Frauen und Mädchen oft noch nicht so viel zugetraut wird“, ist die 33-Jährige überzeugt. Wenn Mädchen sich fürs Fliegen interessierten, werde ihnen häufig geraten, Flugbegleiterin zu werden, Jungs dagegen Pilot. Bürgermeister würden in Serien wiederum häufig als korrupte, dicke, alte Männer dargestellt.

Als Bürgermeisterin ein Vorbild für junge Frauen

Dass es auch anders geht, will Sarah Süß mit ihrer eigenen Amtsführung zeigen und berichtet von Gesprächen mit Schulklassen: „Dann sagen manchmal auch Mädchen: ,Wenn ich groß bin, will ich auch mal Bürgermeisterin werden.‘ Das finde ich cool, sie damit aufwachsen zu sehen, dass das normal ist, aber dafür braucht es auch Frauen, die sich trauen.“

Sarah Süß

Vereinbarkeit von Politik und Familie – Sarah Süß zeigt, dass das funktionieren kann. Damit will sie auch ein Vorbild für andere junge Frauen sein.

Sarah Süß mit ihrem Sohn

Das gilt auch für die Vereinbarkeit von Politik und Familie. Jüngst musste Bundesbauministerin Verena Hubertz erst eine Welle von frauenfeindlichen Hasskommentaren über sich ergehen lassen, nachdem sie ihre Schwangerschaft verkündet hatte. Auch Sarah Süß bekommt bisweilen solche Sprüche zu hören. Wenn sie ihren Sohn zu einem Termin mitnimmt, gebe es Kritik, dass das Kind auf Fotos zu sehen sei. Hat sie ihn nicht dabei, heißt es: „Noch nicht mal ein Jahr alt und schon wird das Kind fremdbetreut.“

Bildung soll in Steinhagen spitze bleiben

Häufiger sei der Kleine aber auch im Rathaus mit dabei und fühle sich dort ähnlich wohl wie seine Mutter, die keine Ambitionen für einen Wechsel auf Landes- oder Bundesebene verspürt. Im Gegenteil: Sarah Süß hat in Steinhagen noch einiges vor: Schulwege sicherer machen, die medizinische Versorgung verbessern und den hohen Bildungsstandard aufrechterhalten. Gerade wird eine Grundschule neugebaut. Alle anderen Schulen in Steinhagen werden ausgebaut. Dazu gibt es kostenlose Schülertickets und iPads für den Unterricht. „Das soll auch so bleiben“, sagt die Bürgermeisterin.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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