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Premiere bei der SPD: So läuft der erste hybride Wahlparteitag ab

Zum ersten Mal wird ein Bundesparteitag der SPD mit Vorstandswahl hauptsächlich digital veranstaltet. Für Lars Klingbeil ist es zugleich ein Abschied und ein Neuanfang.
von Jonas Jordan · 9. Dezember 2021
Lars Klingbeil beim außerordentlichen SPD-Parteitag zur Abstimmung über den Koalitionsvertrag. Auch der Parteitag am Samstag findet hybrid statt.
Lars Klingbeil beim außerordentlichen SPD-Parteitag zur Abstimmung über den Koalitionsvertrag. Auch der Parteitag am Samstag findet hybrid statt.

Zweimal hat es die Partei schon erprobt: Bereits im Mai verabschiedete die SPD auf einem digitalen Parteitag ihr Wahlprogramm und kürte Olaf Scholz mit mehr als 96 Prozent der Delegiertenstimmen zum Kanzlerkandidaten. Am Samstag voriger Woche gaben die Delegierten dem Koalitionsvertrag mit 98,8 Prozent ihre deutliche Zustimmung.

Jüngster SPD-Vorsitzender in der Bundesrepublik

An diesem Samstag findet aufgrund der Corona-Pandemie nun zum ersten Mal auch ein Wahlparteitag in hybrider Form statt. Nur eine geringe Anzahl an Menschen – Parteivorstandsmitglieder, Minister*innen, Ministerpräsident*innen – wird vor Ort im CityCube auf dem Berliner Messegelände sein. Die rund 600 Delegierten werden digital zugeschaltet. Zudem wurde der Parteitag von drei Tagen auf einen verkürzt. Nichtsdestotrotz steht die Neuwahl des kompletten Parteivorstands an. Lars Klingbeil möchte als Nachfolger von Norbert Walter-Borjans, der nach zwei Jahren im Amt nicht mehr wieder antritt, gemeinsam mit Saskia Esken zum Parteivorsitzenden gewählt werden.

Der Niedersachse wäre mit 43 Jahren der jüngste Parteivorsitzende in der Geschichte der SPD nach dem Zweiten Weltkrieg. Zugleich endet für den SPD-Bundestagsabgeordneten mit dem Parteitag seine vierjährige Amtszeit als Generalsekretär. Acht Vorsitzende, 32 Regionalkonferenzen, drei Mitgliederentscheide, zwei Koalitionsverträge in diesen vier Jahren zählt Klingbeil auf. Zum erfolgreichen Abschluss wurde am Mittwoch Olaf Scholz als erster Sozialdemokrat seit 16 Jahren zum Bundeskanzler gewählt. 

Klingbeil: „Diesen Hunger hat Kevin“

Für Lars Klingbeil verschmelzen gerade zwei Rollen, wie er sagt: die des scheidenden Generalsekretärs und die des kommenden Parteivorsitzenden. „Die letzten Tage waren schon sehr intensiv. Es waren bedeutende Tage und entscheidende Wochen. Ich bin aber auch sehr stolz, das als Generalsekretär zu begleiten“, sagt er in einem Pressegespräch. Im Amt nachfolgen soll ihm sein Freund Kevin Kühnert, bislang stellvertretender Parteivorsitzender und bis Jahresbeginn Juso-Vorsitzender.

„Die Politik muss auf der Höhe der Zeit sein. Das bedeutet, sich organisationspolitisch und programmatisch immer wieder neu aufzustellen. Diesen Hunger hat Kevin“, lobt Klingbeil seinen designierten Nachfolger. Deswegen sei er der Richtige für das Amt des Generalsekretärs, auch um Erstwähler*innen besser zu erreichen.

Stellvertreter*innen: Heil, Rehlinger, Midyatli, Geywitz, Kutschaty

Neben Klingbeil und Esken als Parteivorsitzende sowie Kühnert als Generalsekretär werden auch fünf Stellvertreter*innen dem SPD-Parteivorstand angehören. Dafür kandidieren erneut die saarländische Landesvorsitzende Anke Rehlinger, die schleswig-holsteinische Landeschefin Serpil Midyatli, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und die neue Bundesbauministerin Klara Geywitz. „Es ist ein großer Verdienst von Klara Geywitz, dass die SPD in Ostdeutschland deutlich zugelegt hat und in drei ostdeutschen Bundesländern bei der Bundestagswahl stärkste Kraft geworden ist“, lobt Klingbeil auf Nachfrage. 

Neu hinzu kommen soll Thomas Kutschaty, Landesvorsitzender der SPD in Nordrhein-Westfalen und Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Mai. Alle Kandidat*innen werden am Samstag zunächst digital gewählt. Anschließend erhalten die rund 600 Delegierten ein „Schlussdokument“, das sie per Briefwahl bestätigen müssen. Annahmeschluss dafür ist Samstag, der 18. Dezember, um 12 Uhr. Erst dann ist die Wahl des neuen Parteivorstandes auch rechtsgültig. 

Am Samstag kommt es gleich zu einer weiteren Premiere: Olaf Scholz wird seine erste Rede als Bundeskanzler auf einem Bundesparteitag halten. Geplant ist diese für 15.15 Uhr. Zuvor wird die neue schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson ein Grußwort sprechen. Genau wie Scholz leitete sie zunächst das Finanzministerium und ist seit kurzem Regierungschefin, die erste in der Geschichte Schwedens.

2022 Fokus auf inhaltliche Arbeit

Da aufgrund des verkürzten Parteitages auch bei der Antragsberatung Abstriche gemacht werden müssen, verspricht Klingbeil einen stärkeren Fokus auf die inhaltliche Arbeit im kommenden Jahr. Dann soll es wieder ein Debattencamp, einen Parteikonvent und mehrere regionale Veranstaltungen geben.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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