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Nach der Wahl: Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel weist Kritik zurück

Im Frühjahr wurde Sigmar Gabriel für den Verzicht auf die SPD-Kanzlerkandidatur gelobt, nach der Wahl wurde die Nominierung von Martin Schulz als zu spät kritisiert. Jetzt nimmt der Ex-Parteichef erstmals Stellung.
von Robert Kiesel · 1. November 2017
Sigmar Gabriel
Sigmar Gabriel

Fünf Wochen nach der Bundestagswahl hat sich der Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel erstmals zur Wahlniederlage der SPD geäußert. „Die Behauptung, die späte Benennung des Kandidaten sei ein Fehler gewesen, ist aus meiner Sicht nur eine Ausrede, um sich mit den wirklichen Gründen für die Wahlniederlage nicht beschäftigen zu müssen“, sagte Gabriel laut Vorabbericht der Zeitung „Der Tagesspiegel“ im Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“. Gabriel nimmt damit Bezug auf die Kritik, wonach die Nominierung seines Amtsnachfolgers Martin Schulz zum Kanzlerkandidat zu spät gekommen sei, um eine ausgereifte Bundestagswahlkampagne vorzubereiten.

Gabriel: Zu viel „Zeit für mehr Gerechtigkeit“

Darüber hinaus kritisierte Gabriel, die SPD habe sich zu sehr auf das Thema soziale Gerechtigkeit versteift. „Der Slogan (Zeit für mehr Gerechtigkeit, Anm. d. Red.) zeigte geradezu sinnbildlich, dass die SPD immer noch nach innen blickt, auf eine schwärende Wunde: die Sozialreformen der Agenda 2010 unter Gerhard Schröder“, sagte Gabriel und ergänzte, der Slogan sei problematisch für eine Partei, die von den letzten 20 Jahren 16 in der Regierung verbracht habe.

Darüber hinaus kritisierte Gabriel, die SPD habe mit ihrer Kampagne wichtige Probleme der Wähler nicht angesprochen: „Ihre Fragen nach Sicherheit, der Bewältigung der Digitalisierung und auch die Zerrissenheit vieler Menschen in der Flüchtlingsfrage sind von uns nicht mit einem optimistischen Zukunftsentwurf beantwortet worden“, sagte Gabriel. Dazu gehörte aus seiner Sicht auch, Sorgen der Menschen vor Zuwanderung nicht offen angesprochen zu haben. Statt das jetzt nachzuholen, würden „irgendwelche Nebensächlichkeiten des Wahlkampfes diskutiert“, so Gabriel weiter. Als Ursache dafür nennt er „panische Angst“ vor der AfD.

Eine Partei ringt um ihren Kurs

Die Kritik Gabriels fällt in eine Zeit, in der die SPD heftig um ihren künftigen Kurs ringt. Unter dem Titel „SPDerneuern“ werden zahlreiche Vorschläge dazu debattiert, wie sich die Partei neu aufstellen sollte. Allein in der vergangenen Woche hatten im Zuge dessen neben Martin Schulz und Olaf Scholz auch Andrea Nahles, Ralf Stegner und Michael Groschek ihre Vorstellungen öffentlich gemacht.

Zudem plant die Partei zahlreiche Dialogkonferenzen, von denen die ersten bereits in Hamburg und Leipzig stattgefunden haben. Parallel dazu startete vorwaerts.de eine Debatte unter dem Titel „SPDerneuern“.

Autor*in
Robert Kiesel

war bis März 2018 Redakteur des vorwärts.

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