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Midyatli gegen Kämpfer: So war das erste Duell für die Spitzenkandidatur

Serpil Midyatli oder Ulf Kämpfer: Wer die SPD in Schleswig-Holstein in den Landtagswahlkampf 2027 führt, entscheiden die Mitglieder per Urwahl. Am Dienstagabend fand die erste Vorstellungsrunde in Kiel statt.

von Kai Doering · 17. September 2025
Ulf Kämpfer und Serpil Midyatli sitzen an einem roten Tisch.

Wollen beide die SPD Schleswig-Holstein in den Landtagswahlkampf 2027 führen: Ulf Kämpfer und Serpil Midyatli

Die SPD hat sogar extrakleine Gummibärchentüten anfertigen lassen. Am Dienstagabend liegen sie auf den Stühlen im Raum „Dänemark“ in der „Wunderino-Arena“ in Kiel. Auf die eine Hälfte der Tüten ist das Gesicht von Serpil Midyatli gedruckt, auf die andere das von Ulf Kämpfer. „Serpil oder Ulf? Du entscheidest die Wahl!“ steht darauf.

Midyatli: „Vieles muss besser werden“

Ab dem 6. Oktober sind die rund 14.000 Mitglieder der SPD in Schleswig-Holstein aufgerufen, in einer Urwahl darüber abzustimmen, wer sie als Spitzenkandidat*in in die Landtagswahl im Frühjahr 2027 führen soll. Serpil Midyatli (50) ist Partei- und Fraktionsvorsitzende, Ulf Kämpfer (53) Kieler Oberbürgermeister. Im Raum „Dänemark“ findet an diesem Abend die erste von mehreren Vorstellungsrunden statt. Rund 150 Genoss*innen sind gekommen.

Los geht es mit der „politischen Acht“: In acht Minuten können sich Midyatli und Kämpfer in einer freien Rede den Anwesenden und den Zuschauer*innen im Livestream vorstellen. Das Los entscheidet, dass Serpil Midyatli anfängt. „Es ist nicht alle schlecht, aber ich bin davon überzeugt, dass vieles besser werden muss“, sagt die Partei- und Fraktionsvorsitzende. „Deshalb möchte ich Ministerpräsidentin werden.“

Kämpfer: „Sorge um die Demokratie raubt mir den Schlaf“

Die schwarz-grüne Landesregierung tue viel zu wenig in der Bildungspolitik und bei der Gesundheitsversorgung, kritisiert sie. Gleichzeitig stiegen die Mieten immer weiter. „Gerade wir müssen uns für die Menschen einsetzen, die es nicht alleine schaffen“, ruft Midyatli die Genoss*innen auf. „Dafür müssen wir Mut und Zuversicht ausstrahlen.“ Immer wieder verweist die 50-Jährige auf ihre Herkunft als Tochter eines türkischen Gastarbeiters. Als Midaytli 2009 erstmals in den Kieler Landtag einzog, war sie die erste muslimische Abgeordnete in der Geschichte Schleswig-Holsteins. „Jetzt möchte ich die zweite Ministerpräsidentin nach Heide Simonis werden.“

„Ich hatte elf Jahre lang den besten Job der Welt“, sagt Ulf Kämpfer in seinen acht Minuten. Seit 2014 ist er Kieler Oberbürgermeister. Dass er bei der Wahl im kommenden Jahr nicht für eine dritte Amtszeit antreten möchte, hat er bereits vor Monaten mitgeteilt. Für den Frühruhestand halte er sich aber für zu jung, sagt Kämpfer am Dienstagabend. Ein Grund für die Spitzenkandidatur anzutreten sei „die selbstzufriedene Behäbigkeit der CDU“ in Schleswig-Holstein. „Ihr glaubt gar nicht, wie mir das auf den Zeiger geht“, sagt er zu den Genoss*innen im Raum „Dänemark“. Ein zweiter Grund sei das Erstarken der AfD, auch hoch im Norden. „Die Sorge um die Demokratie ist etwas, das mir den Schlaf raubt“, sagt Kämpfer.

Midyatli und Kämpfer wollen solidarischen Wahlkampf

Nach der „politischen Acht“ stellen sich Midyatli und Kämpfer mehreren Schnellfragerunden. So sollen sie abwechselnd sagen, ob sie Kaffee oder Tee besser finden, die Nord- oder die Ostsee oder lieber zu einem Buch greifen oder Netflix schauen. Wie in politischen Fragen herrscht auch hier meist Einigkeit zwischen den beiden Kontrahent*innen – beide arbeiten schließlich seit Jahren im Vorstand der SPD Schleswig-Holstein zusammen, Midyatli als Vorsitzende, Kämpfer als ihr Stellvertreter.

Schon vor Monaten versicherten sich die beiden gegenseitige Solidarität im parteiinternen Wahlkampf. Auch am Dienstabend verliert niemand ein schlechtes Wort über den anderen. Stattdessen gibt es gegenseitigen Applaus, am Ende des Abends umarmen sich die beiden.

Beide hätten schon 2022 antreten können

Verbunden sind Midyatli und Kämpfer auch über die Frage, warum sie nicht bereits 2022 als Spitzenkandidat*in angetreten sind. Damals führte der bis dahin recht unbekannte Thomas Losse-Müller die SPD in den Landtagswahlkampf. Die Sozialdemokraten landeten abgeschlagen bei 16 Prozent. 

„Ich habe immer geschaut, was das Beste für die Partei ist und nicht für mich“, sagt Midyatli zur Begründung, Losse-Müller damals den Vortritt gelassen zu haben. Der Ökonom ist Umwelt- und Nachhaltigkeitsfachmann. Damals habe sie geglaubt, die SPD könne mit dem Thema Klima- und Umweltschutz punkten. „Heute würde ich im Nachhinein manche Entscheidung anders treffen“, gesteht Serpil Midyatli.

Und Ulf Kämpfer? „Ich war damals noch nicht so weit“, sagt der Kieler Oberbürgermeister. In der Zwischenzeit habe er sich „nochmal etwas draufgeschafft“, als Stadtoberhaupt, aber auch als stellvertretender Präsident des Deutschen Städtetags. Er habe das Gefühl, „jetzt muss ich auf dem Platz sein“, sagt Kämpfer.

Ergebnis wird am 8. November bekannt gegeben

Ob das die Mitglieder der Schleswig-Holsteiner SPD auch so sehen, wird am 8. November feststehen. Dann wird das Ergebnis der Urwahl in Kiel bekanntgegeben. Die Mitglieder können digital oder per Brief abstimmen. Bis es so weit ist, können sie sich aber erstmal noch bei mehreren Vorstellungsrunden ein Bild von ihrer Kandidatin oder ihrem Kandidaten machen. Die nächste findet am 26. September in Flensburg statt.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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