Parteileben

"Der Dialog mit den Bürgern steht im Mittelpunkt"

von Gero Fischer · 2. November 2010
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vorwärts.de: Warum war die SPD so lange für Stuttgart 21?

Andrea Nahles: Die SPD in Baden-Württemberg ist nach wie vor für das Projekt, weil es dafür auch Argumente gibt. Aber offensichtlich reicht die derzeitige Legitimationsgrundlage für den Bau des Bahnhofs nicht aus, auch wenn das Projekt demokratisch und legal mit Mehrheit beschlossen wurde. Deshalb werben wir für eine Volksabstimmung über Stuttgart 21. Die Genossen vor Ort sind auch der Meinung, dass man auch Alternativen zum jetzigen Vorschlag prüfen sollte.

Wie sieht die SPD-Strategie zu "open government" aus?

Für uns steht schon immer der Dialog mit den Bürgern im Mittelpunkt. Das ist sozialdemokratisches Politikverständnis und hat bei uns eine lange Tradition.
Ein wichtiges Instrument ist dabei die Nutzung des world-wide-web und all seiner Möglichkeiten der Kommunikation und Information.

Das hilft, unsere Vorstellungen von einem modernen Staat zu verwirklichen. Politik, Staat und Verwaltung müssen offen sein für den direkten Dialog und die Zusammenarbeit mit den Bürgern und sie an Entscheidungen beteiligen. Ohne transparente Entscheidungsprozesse geht das aber nicht.
Das ist unser Verständnis von "open government". Das Prinzip ist eine einmalige Chance, um verlorenes Vertrauen zwischen Politik und Bürgern wieder herzustellen und neue Impulse für unsere Demokratie zu geben.

Wir werden deshalb diesen Prozess auf allen Ebenen und Politikfeldern weiter vorantreiben und an die mit E-Government und anderen Projekten gelegten Grundlagen während unserer Regierungsbeteiligung 1998 bis 2009 weiter entwickeln.

Die SPD fordert einen Fachkräftepakt. Was soll der bewirken?

Es geht darum, dass wir ältere Menschen, Frauen und in Deutschland lebende Migranten als Fachkräftepotenzial ernst nehmen und entsprechend fördern. Denn diese Gruppen haben derzeit große Hürden auf dem Arbeitsmarkt. Qualifizierte Frauen dürfen nicht in Teilzeit abgedrängt werden, nur weil sie eine Familienphase hatten. Daneben müssen wir massive Anstrengungen unternehmen, um Schulabbrecher und nicht ausgebildete Migranten nachzuqualifizieren und mitzunehmen. Und wir dürfen den Älteren nicht länger erklären, dass sie mit 58 nicht mehr wertvoll seien. Dafür brauchen wir eine andere Unternehmenskultur, die Älteren die Chance gibt, möglichst gesund lange im Job tätig sein zu können.

Wie will die SPD den Unterhalt bedürftiger Kinder sicherstellen, die keinen Anspruch mehr auf Unterhaltsvorschussleistungen haben?

Das Sinnvollste wäre, die Altersgrenze von 12 auf 18 Jahre anzuheben und die maximale Bezugsdauer zu verlängern. Denn das Jugendamt springt bisher ein, bis das Kind 12 Jahre alt ist, aber danach hören die ja Probleme nicht auf. Außerdem muss die Position der Alleinerziehenden gestärkt werden, indem man die Verfolgung der Unterhaltssäumigen intensiviert. Denn solche Unterhaltssäumnisse lösen nicht zuletzt auch Schuldenspiralen bei den Alleinerziehenden aus, das ist ein schlimmer Teufelskreis.





Fragen Sie Nahles

Haben Sie eine Frage an die SPD-Generalsekretärin? Dann stellen Sie sie hier. Die vorwärts-Redaktion wird die Interessantesten auswählen und Andrea Nahles im Interview in der kommenden Ausgabe stellen.

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