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Entwicklungshilfe: SPD-Ministerin Alabali Radovan setzt auf die Wirtschaft

Auch wegen massiver Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit will Bundesministerin Reem Alabali Radovan (SPD) nun die deutsche Wirtschaft stärker einbinden. Wie genau, das erklärte sie am Dienstag in Berlin.

von Lars Haferkamp · 7. Oktober 2025
Will die Entwicklungszusammenarbeit trotz Etatkürzungen stärken: Bundesministerin Reem Alabali Radovan (SPD), hier auf dem Weg zur Kabinettsklausur der Bundesregierung am 30. September 2025 in der Berliner Villa Borsig

Will die Entwicklungszusammenarbeit trotz Etatkürzungen stärken: Bundesministerin Reem Alabali Radovan (SPD), hier auf dem Weg zur Kabinettsklausur der Bundesregierung am 30. September 2025 in der Berliner Villa Borsig

SPD und Union sind ich einig: In der Entwicklungszusammenarbeit wird die Bundesregierung „nicht den amerikanischen Weg gehen“. So formulierte es Reem Alabali Radovan (SPD), die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), vor kurzem im Bundestag. Mit dem „amerikanischen Weg“ meint sie die beispiellosen Kürzungen der USA unter Präsident Donald Trump bei der Entwicklungszusammenarbeit. So sollen bereits bewilligte US-Auslandshilfen in Höhe von fast fünf Milliarden US-Dollar gestrichen werden. Die Folgen wären fatal: Experten rechnen mit 14 Millionen Toten bis zum Jahr 2030 besonders in Afrika.

Diesen Weg, das betonte Alabali Radovan immer wieder, werde Deutschland nicht mitgehen, „weil es um Menschenleben geht“. Doch auch ihr Ministerium ist von starken Kürzungen betroffen. Ihr Ressort habe „einen überproportionalen Beitrag zur Konsolidierung erbracht“, erklärte Alabali Radovan im Bundestag. So sank im Bundeshaushalt 2025 der Etat des BMZ um knapp eine Milliarde Euro. Im Haushalt 2026 stehen noch einmal 360 Millionen Euro weniger zur Verfügung.

Alabali Radovan stellt Aktionsplan vor

Ein Ausweg aus dem Dilemma: Die Ministerin will die deutsche Wirtschaft mit an Bord holen. Sie soll stärker in die entwicklungspolitische Arbeit einbezogen werden, um nachhaltiges Wachstum und faire Partnerschaften weltweit zu fördern. Einen entsprechenden „Aktionsplan Wirtschaft und Entwicklung“ stellte Reem Alabali Radovan am Dienstag in Berlin auf der Konferenz „Starke Partnerschaften für eine erfolgreiche Wirtschaft weltweit“ vor.

Danach stellt das BMZ sein Engagement für die wirtschaftliche Zusammenarbeit neu auf. Das Ziel: „zusammen mit der deutschen Wirtschaft an einem Strang ziehen“, wie die Ministerin am Dienstag in Berlin betonte. Drei konkrete Änderungen sind konkret geplant:

Wirtschaft soll früher eingebunden werden

Erstens soll es mehr Dialog zwischen Wirtschaft und Entwicklungspolitik geben. Die deutsche Wirtschaft soll frühzeitig eingebunden werden in wichtige Projekte, erklärte Alabali Radovan. Das bedeutet konkret: Im Vorfeld von Regierungsverhandlungen mit wichtigen Partnern sollen Wirtschaftsvertreter konsultiert werden, also Verbände, Handelskammern oder auch einzelne Unternehmen. Die wirtschaftliche Kooperation soll standardmäßig Thema in bilateralen Regierungsverhandlungen werden.

Reem
Alabali
Radovan

Jetzt ist die Zeit, Brücken zu bauen, wo andere sie einreißen und Mauern errichten wollen.

Zweitens sollen strukturelle Hemmnisse für die deutsche Wirtschaft bei der Entwicklungszusammenarbeit abgebaut werden. Das Ziel: Die Chancen deutscher Unternehmen bei der Auftragsvergabe sollen erhöht werden, etwa bei den Qualitätskriterien in Ausschreibungsverfahren, durch fairere Wettbewerbs- und durch bessere Kooperationsbedingungen. So sollen Entwicklungspolitik und Wirtschaft besser an einem Strang ziehen. Die Expertise und das Know-how der deutschen Wirtschaft sollen die Entwicklungspolitik stärken.

„Win-Win-Ansatz“ für Mittelstand

Die dritte Neuerung ist die gezielte Förderung und Unterstützung deutscher Unternehmen. Dabei legt das BMZ einen Schwerpunkt auf den Mittelstand. Wo deutsche Unternehmen besondere Versorgungs- und Investitionsinteressen haben, will das Ministerium kritische und strategische Rohstoffe stärker in den Blick nehmen. „Wir unterstützen sie“, versprach Alabali Radovan. Dabei setzt ihr Haus auf sozial und ökologisch nachhaltige Lieferketten. Mit seinem „Win-Win-Ansatz“ will das BMZ zeigen, dass Entwicklungspolitik im Sinne der Partnerländer und im Sinne Deutschlands ist.

Der „Aktionsplan Wirtschaft und Entwicklung“ sei „der Startschuss für den Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit“, so Reem Alabali Radovan. Diese soll schnell an Tempo gewinnen. „Jetzt ist die Zeit mutig zu sein“, betonte die Ministerin, gerade in einer Welt, in der alte scheinbar verlässliche Partnerschaften wegbrächen. „Jetzt ist die Zeit, Brücken zu bauen, wo andere sie einreißen und Mauern errichten wollen.“ Es gelte, die Zukunft zusammen mit dem globalen Süden zu gestalten. 

Lars Klingbeil kündigt neue Nord-Süd-Kommission an

Wie wichtig der gesamten Bundesregierung dies ist, zeigte auch die Rede von Vizekanzler und SPD-Chef Lars Klingbeil auf der Konferenz am Dienstag. Er nannte den „Aufbau strategischer Partnerschaften in diesen Zeiten wichtiger denn je“. Klingbeil kündigte die Bildung einer Nord-Süd-Kommission der Bundesregierung an. Sie soll in der Tradition der Nord-Süd-Kommission unter dem Vorsitz von Willy Brandt in den 1970er Jahren stehen und auf Kooperation statt Konfrontation setzen. Dies gelte „gerade in Zeiten, in denen rechtsextreme und populistische Kräfte sich global vernetzen, um zerstörerisch zu sein, völkisch zu denken und ihre Ideologie zu verbreiten“, betonte Klingbeil.

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