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Die USA unter Donald Trump: „Kaum jemand traut sich, etwas zu sagen“

Während Donald Trumps Regierung in den USA immer autoritärer agiert, wirkt die demokratische Opposition fast unsichtbar. Doch es gibt einzelne Momente des Widerstands.

von Finn Lyko · 3. April 2025
Demonstrant*innen vor dem Trump Tower in New York City

Immer wieder demonstrieren in den USA kleinere Gruppen gegen Donald Trump - eine große zivilgesellschaftliche Protestbewegung blieb bislang jedoch aus.

249 Jahre ist die Demokratie in den USA alt. Lange galten die Vereinigten Staaten damit als Vorbild – und doch waren ihr demokratisches System und der Rechtsstaat offenbar selten so gefährdet wie jetzt, nach einem knappen Vierteljahrtausend.

Denn seit dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump agiert seine Regierung zunehmend autoritär: So häufen sich beispielsweise Berichte über Festnahmen von Tourist*innen an den US-Grenzen, bestimmte Begriffe sollen in offiziellen Dokumenten künftig nicht mehr vorkommen, unliebsame Staatsbeamt*innen werden unter dem Vorwand der Ineffizienz gekündigt, Ministerien sollen komplett aufgelöst werden, Forscher*innen bangen um ihre Fördermittel und einzelne Studierende, die sich gegen Israels Krieg in Gaza aussprechen, werden festgenommen.

Die Zivilgesellschaft zieht sich zurück

Gegenpositionen scheinen dabei quasi keine Rolle mehr zu spielen. „Die zivilgesellschaftliche Opposition ist sehr schwach“, meint auch Marlies Murray. Die deutsch-amerikanische Politikwissenschaftlerin arbeitet bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Washington, D.C. – und beobachtet seit Trumps Amtsantritt eine zunehmende Selbstzensur unter der Bevölkerung. Protest und Widerstand gebe es kaum, bestätigt sie.

Das hat vor allem einen Grund: Viele Menschen befürchten, ihre Jobs oder gar ihre Visa oder Aufenthaltsgenehmigungen zu verlieren, sollten sie beispielsweise an Anti-Trump-Protesten teilnehmen, erklärt Murray weiter. Insbesondere in der Forschung und an den Universitäten seien solche Ängste weit verbreitet. Manche hätten sich sogar ein zweites Handy zugelegt aus Angst, abgehört zu werden, berichtet sie. „Kaum jemand traut sich, etwas zu sagen“, so Marlies Murray. Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen empfänden viele bereits als zu großes Risiko.

Kleine Momente des Widerstands bei den Demokraten

Auch auf der politischen Gegenseite wurde es nach dem Wahlsieg von Trump für viele überraschend still. Uneinig über den zukünftigen Weg und ohne eine starke Figur an der Spitze der Partei gelang es ihnen kaum, eigene klare Akzente zu setzen. Zuletzt stimmten einige Demokraten sogar für den Übergangshaushalt der Republikaner, und ermöglichten es dem Präsidenten damit, ungehindert weiterzuregieren.

Trotzdem gibt es auch noch Momente des politischen Widerstands. Erst diese Woche brach der demokratische Senator Cory Booker den Rekord für die längste Rede im US-Senat – mit 25 Stunden Redezeit. Dass Abgeordnete ungewöhnlich lange Reden halten, ist in den USA an sich keine Seltenheit, denn die Redezeit ist, anders als in Deutschland, nicht begrenzt. Mit seiner Marathon-Rede setzte Booker jedoch gleich zwei Zeichen. Zum einen brach er damit den bisherigen Rekord aus den 1950ern, mit dem damals die Verabschiedung der Bürgerrechtsgesetze in den USA verhindert werden sollte. 

Zum anderen positionierte er sich in seiner Rede immer und immer wieder klar gegen die Politik der Trump-Regierung. In seinen Schlussworten appellierte er an die Bevölkerung, für die Demokratie im Land einzustehen: „Es geht nicht um links oder rechts, es geht um richtig oder falsch“, sagte Booker, bevor er das Podium nach mehr als einem Tag verließ.

„Eine demokratische Anti-Establishment-Alternative“

Der linke Senator Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez, Kongressabgeordnete der Demokraten, sind zu diesem Zweck aktuell „auf Tour“. Unter dem Motto „Fight Oligarchy“ (Deutsch etwa: „Kampf den Oligarchen“) machen sie in verschiedenen Städten der Vereinigten Staaten halt. Zu ihren Kundgebungen Ende März kamen bereits jeweils mehrere Zehntausend Menschen.

Sowohl Sanders als auch Ocasio-Cortez gelten als tonangebende Persönlichkeiten unter den US-amerikanischen Linken. Sanders trat 2016 bei den Vorwahlen der Demokraten als Präsidentschaftskandidat an, unterlag aber letztlich Hillary Clinton. Sowohl er als auch Alexandria Ocasio-Cortez erfreuen sich insbesondere unter jüngeren Demokrat*innen im linken Lager großer Beliebtheit, auch wenn ihnen Kritiker*innen immer wieder Populismus vorwerfen.

Murray sieht jedoch in genau diesem Populismus eine Chance. Ihrer Meinung nach vereine viele Amerikaner*innen, egal ob Republikaner oder Demokraten, der Wunsch nach grundlegender Veränderung. Joe Biden und zuletzt auch Kamala Harris hätten zu sehr am Status quo festgehalten, und dadurch viele Menschen verloren, meint Murray. „Wir brauchen jetzt eine demokratische Anti-Establishment-Alternative zu MAGA“, also zur Bewegung um Donald Trump, findet sie – vielleicht würde das auch die Zivilgesellschaft wieder stärker mobilisieren. 

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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