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Wahlprogramm: Mit diesen Themen will die SPD in den Europawahlkampf ziehen

Am Montag hat der SPD-Parteivorstand den Entwurf für das Programm für die Europawahl beschlossen. Das Papier macht deutlich: Den Sozialdemokraten geht es vor allem darum, den Zusammenhalt in der Europäischen Union zu stärken. Besonders im sozialen Bereich machen sie weitreichende Vorschläge.
von Kai Doering · 18. Februar 2019
Die SPD ist die Europa-Partei: Die Sozialdemokrat*innen wollen die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für eigene Akzente nutzen, sagt ihr Europabeauftragter Udo Bullmann.
Die SPD ist die Europa-Partei: Die Sozialdemokrat*innen wollen die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für eigene Akzente nutzen, sagt ihr Europabeauftragter Udo Bullmann.

Andrea Nahles fand deutliche Worte. „Der Zusammenhalt auch in der Europäischen Union bekommt Risse. Deswegen orientieren wir das Wahlprogramm der SPD auf das, was mehr Zusammenhalt bringt“, schrieb die SPD-Vorsitzende am Sonntagnachmittag auf Facebook. Am Montag hat der Parteivorstand den Entwurf des Europawahlprogramms beschlossen und schon der Titel macht klar, worum es den Sozialdemokraten geht: „Kommt zusammen und macht Europa stark!“, heißt er.

Mehr soziale Leistungen für alle EU-Bürger

Auf knapp 30 Seiten beschreibt die SPD, wie sie die Europäische Union verändern möchte, damit sie nicht weiter auseinanderdriftet, sondern zusammenwächst. Besonders im sozialen Bereich setzen die Sozialdemokraten deutliche Akzente. So schlagen sie die Einrichtung „eines europäischen Fonds als Rückversicherung für die Finanzierung von Sozialleistungen“ vor. Dieser soll von den Mitgliedsländern in Zeiten des Aufschwungs gefüllt werden. Während eines Abschwungs sollen sie dann im Gegenzug aus dem Fonds Kredite aufnehmen können, um ihre nationalen Arbeitslosenversicherungen zu unterstützen. So soll verhindert werden, dass in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Leistungen für Arbeitslose gekürzt werden.

„Mittel- bis langfristig“ sollen die EU-Mitgliedsstaaten nach dem Willen der SPD „das Schutzniveau ihrer Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherungssysteme angleichen“. Auch soll es europaweit länderspezifische Mindestlöhne und „Mindeststandards für nationale Grundsicherungssysteme“ in allen Ländern der EU geben. Für Deutschland fordert die SPD einen Mindestlohn in Höhe von zwölf Euro.

Den europäischen Steuerwettbewerb beenden

Zur Finanzierung sollen Großkonzerne stärker besteuert werden – und zwar europaweit einheitlich. Die SPD will den „Wettlauf um die niedrigsten Unternehmenssteuern zwischen den Mitgliedsstaaten“ beenden und dafür auch das „lähmende Einstimmigkeitserfordernis“ abschaffen. In Steuerfragen soll künftig ein Mehrheitsbeschluss der Staats- und Regierungschefs für alle Mitgliedsländer bindend sein. Diese Forderung hatten SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament Udo Bullmann und EU-Währungskommissar Pierre Moscovici bereits am Rande der Parteivorstandsklausur in der vergangenen Woche erhoben.

Einen weiteren Schwerpunkt will die SPD bei der Absicherung junger Menschen setzen. Um Jugendarbeitslosigkeit, die besonders in Südeuropa hoch ist, zu bekämpfen, fordern die Sozialdemokraten im Entwurf ihres Wahlprogramms „ein Sofortprogramm, das jeder und jedem unter 25 Jahren einen Ausbildungsplatz garantiert“. Auch danach sollen ihnen Angebote gemacht werden, damit sie nicht arbeitslos werden. Bildungsabschlüsse sollen „selbstverständlich und unbürokratisch“ grenzüberschreitend anerkannt werden.

Eine humanitäre und solidarische Flüchtlingspolitik

Die Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik der Europäischen Union soll „humanitär und solidarisch“ sein. So schlägt die SPD einen „europäischen Integrations- und kommunalen Entwicklungsfonds“ vor: Städte und Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen, sollen bei den Integrationskosten unterstützt werden. Zusätzlich erhalten sie in gleicher Höhe Geld für kommunale Investitionen. Die Idee, die auf einen Vorschlag von Gesine Schwan zurückgeht, wurde in letzter Zeit besonders von Katarina Barley offensiv vertreten.

Auch die Seenotrettung im Mittelmeer soll deutlich verbessert werden. Private Hilfsorganisationen sollen die Gewissheit haben, aufgenommene Flüchtlinge schnell in einem europäischen Hafen an Land bringen zu können. In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu Situationen gekommen, in denen Schiffe tagelang auf dem Mittelmeer kreuzen mussten, da sie keine Einlaufgenehmigung erhielten.

Künftig zwei Stimmen bei der Europawahl

Geht es nach dem Willen der SPD, wird sich die EU auch institutionell verändern. So soll die EU-Kommission künftig zur Hälfte aus Frauen und Männern bestehen. Die Parteien sollen „zu ausgewogenen Wahllisten“ verpflichtet werden, um die Anzahl von Frauen im Europaparlament zu erhöhen. Um das Parlament zusätzlich zu stärken, will die SPD ein Zweitstimmen-Wahlsystem – ähnlich dem bei der Bundestagswahl – einführen: Neben einer nationalen soll es künftig eine transnationale Liste geben, die von den gemeinsamen Spitzenkandidaten der europäischen Parteien angeführt wird.

Der Parteivorstand will den Entwurf für das SPD-Wahlprogramm am Montag beschließen. Endgültig entscheidet dann ein Parteikonvent am 23. März in Berlin. Das europäische Wahlprogramm der SPE beschließt ein Kongress bereits Ende dieser Woche in Madrid.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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