Vorstoß von Klüssendorf: Wie die SPD die Erbschaftsteuer reformieren will
In der SPD steht die Erbschaftsteuer schon lange in der Kritik, weil sie hohe Vermögen besonders schützt. Generalsekretär Tim Klüssendorf macht nun konkrete Vorschläge, was sich ändern soll.
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In Deutschland können Eltern alle zehn Jahre 400.000 Euro steuerfrei an ein Kind verschenken oder vererben
Noch in dieser Legislaturperiode will sich die SPD der Erbschaftsteuer annehmen. Auch weil in diesem Jahr Urteile des Bundesverfassungsgerichtes erwarten werden, die sich mit der Verschonung sehr hoher Betriebsvermögen von der Erbschaft- und Schenkungssteuer befassen. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sieht darin eine Chance, „dass wir die Überprivilegierung extrem großer Erbschaften und Schenkungen endlich beenden oder zumindest abbauen“, sagte er dem „vorwärts“. Für ihn ein wichtiger Schritt „in Sachen faire Besteuerung von Vermögen – denn der Großteil des Vermögens in unserem Land wird nicht erarbeitet, sondern vererbt“.
Alle zehn Jahre 400.000 Euro steuerfrei
Nach derzeitigem Gesetz ist es möglich, alle zehn Jahre einen Betrag in Höhe von 400.000 Euro steuerfrei an ein Kind zu vererben oder zu verschenken. Laut Klüssendorf würden Superreiche damit beginnen, wenn ihre Kinder noch sehr klein sind, erklärte er am Dienstag dem „Tagesspiegel“. So kämen im Laufe eines Lebens riesige Summen zusammen, „die steuerfrei übertragen werden“, fügte er hinzu. Für ihn sei dies „unfair und gehört beendet“. Damit nicht genug, schlägt der Generalsekretär einen „Lebensfreibetrag bei der Erbschaft- und Schenkungssteuer“ vor. Gemeint ist laut Klüssendorf eine bestimmte Summe, „die ein Mensch in seinem Leben erben oder geschenkt bekommen kann ohne Steuern zu zahlen“. Alles darüber hinaus möchte Klüssendorf konsequent besteuern.
Auf eine konkrete Höhe dieses Freibetrags wollte sich der SPD-Generalsekretär im Interview mit dem „Tagesspiegel“ nicht festlegen, er sprach sich jedoch für eine „moderate Erhöhung der bisherigen Freibeträge“ aus. Zudem versicherte er erneut, nur „die allerhöchsten Vermögen in den Blick zu nehmen“. Das betreffe auch die Sonderregeln für Betriebsvermögen über 26 Millionen Euro. „Wer ein Unternehmen erbt, das so viel wert ist, muss Verantwortung übernehmen“, betonte er.
Niedrigsteuerland für Milliardenvermögen
Kritik an der aktuellen Besteuerung von Erbschaften kommt nicht nur von der SPD. Schon lange beklagen internationale Organisationen wie Oxfam und Vereine wie das Netzwerk Steuergerechtigkeit, dass kaum ein anderes Land der Welt Arbeitseinkommen stärker und Vermögen geringer besteuert als Deutschland. Auch bei der Besteuerung von Milliardärserbschaften ist Deutschland Schlusslicht in Europa. Für SPD-Fraktionsvizin Wiebke Esdar ist Deutschland „im Prinzip ein Niedrigsteuerland für Milliardenvermögen“, erklärte sie dem „vorwärts“.
Generalsekretär Tim Klüssendorf veranschaulichte das Problem an einem Beispiel so: „In Deutschland kann es passieren, dass jemand mit einer 40-Stunden-Woche als Lehrerin oder Pflegefachkraft auch mal mehr Steuern zahlt als jemand, der 400 Wohnungen in bester Lage erbt.“
Vermögensungleichheit verringern
Angesichts leerer öffentlichen Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden, sieht die SPD in der Reform der Erbschaftssteuer auch die Möglichkeit, die Einnahmen des Staates zu fördern. Dabei helfen könnte ebenfalls die Reaktivierung der seit 1997 ausgesetzten Vermögensteuer. Auch wenn diese Forderung nicht im Koalitionsvertrag vereinbart ist, sei sie für die SPD nicht vom Tisch, wie Klüssendorf im Interview mit dem „vorwärts“ betonte. Die Einnahmen aus der Vermögensteuer kämen genau wie die der Erbschaftsteuer den Länderhaushalten zugute.
Für Klüssendorf verfolgt jedes dieser Instrumente den Ansatz, „dass diejenigen, die am meisten haben, am stärksten beitragen sollten“. Beide Steuereinnahmen dienen ihm zufolge neben der Finanzierung des Gemeinwesens auch dazu, Vermögensungleichheit zu verringern und damit mehr Chancengleichheit zu schaffen.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.