SPD-Präsidium: Klingbeil warnt Russland, Esken die Energieunternehmen
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Debattencamp, Verkündung der Kanzlerkandidatur und nun im Jahr 2022 die Sitzung des SPD-Präsidiums: Die SPD kommt offensichtlich gerne auf dem Euref-Campus in Berlin-Schöneberg zusammen. Warum, das können die beiden Parteivorsitzenden am Samstag gut erklären: Für Lars Klingbeil fing an diesem Ort „das Comeback“ an, wie er es bezeichnet: „Als wir hier im August unseren Kanzlerkandidaten gekürt haben.“ Und Saskia Esken geht noch weiter zurück: Das Debattencamp im Jahr 2018 hat sie ebenfalls in guter Erinnerung als Veranstaltung, bei der die Parteiarbeit weiterentwickelt wurde. Das bleibe auch Teil der künftigen Arbeit, kündigt die wiedergewählte Parteivorsitzende an.
Im Mittelpunkt stehen an diesem Tag aber offensichtlich die Themen der Gegenwart – und die werden direkt oder indirekt durch das Verhalten Russlands dominiert. Dass die SPD keinen Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine dulden werde, macht Klingbeil während der Pressekonferenz sehr klar: „Wenn die territoriale Integrität der Ukraine verletzt wird, liegen alle Optionen auf dem Tisch.“
Gleichwohl betont der Parteichef den Wunsch nach einer friedlichen Lösung, ohne kriegerische Auseinandersetzung in Europa. Dabei lobt Klingbeil auch all jene, die weiterhin Gespräche führen, diplomatische Kanäle offen halten, die sich um eine Lösung bemühen.
Energiepreise: Weitere Maßnahmen denkbar
Eine andere Art von Krise, die die Bürger*innen in Deutschland und Europa derzeit ganz unmittelbar betrifft, hat indes auch mit Russland zu tun: Die steigenden Energiepreise. Um Menschen dabei zu entlasten, verweist Esken auf Maßnahmen, die bereits verhandelt würden, beispielsweise einen Heizkostenzuschuss für Haushalte mit geringem Einkommen.
Die Parteivorsitzende macht allerdings auch keinen Hehl daraus, dass sie die gegenwärtigen Verwerfungen auf dem Energiemarkt für untragbar und Eingriffe für denkbar hält: „Energie ist Daseinsvorsorge“, erklärt sie, „Wer Strom anbietet, hat als Lieferant eine Pflicht.“ Dass Verträge gekündigt und so die Grundversorger*innen die Suppe jetzt auslöffeln müssten, verärgert Esken. Es ist einer der Gründe für den Preisanstieg: Unternehmen, die bei der Grundversorgung einspringen müssen, hatten zuletzt mit Preissteigerungen reagiert um die unerwartet vielen neuen Kund*innen auch mit Energie versorgen zu können. „Wir werden uns da mit den Koalitionspartnern zusammensetzen“, kündigte Esken an, es gehe darum, dass am Energiemarkt „Ordnung herrscht“.
Gehaltssteigerungen durch Mindestlohn-Erhöhung
An anderer Stelle liefert die von der SPD geführte Bundesregierung bereits: Der Mindestlohn soll bereits im Oktober auf 12 Euro angehoben werden. Damit setzen die Sozialdemokrat*innen ein Wahlversprechen um. Eine Gehaltssteigerung, die nicht nur diejenigen spüren werden, die aktuell im Mindestlohn-Sektor arbeiten, ist sich Esken sicher. Gehaltssteigerungen würden auch im Bereich knapp oberhalb des Mindestlohns ausgelöst. Aus ihrer Sicht nimmt Deutschland mit dem höheren Mindestlohn nun einen Spitzenplatz in Europa ein – entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik.
Bei der Einführung des Mindestlohns habe man viele Horrorszenarien vorgetragen bekommen, erinnert Esken, „es hat sich nichts davon bewahrheitet“. Im Gegenteil sei der Arbeitsmarkt stabilisiert worden und habe so auch die Coronakrise bisher gut überstanden. Auch die jetzige Erhöhung sei gut für die Wirtschaft. Eine weitere, zusätzliche Erhöhung des Mindestlohns ist für Esken aber keine Antwort auf die gegenwärtige Inflation. Sollte diese andauern werde man dafür andere Instrumente finden müssen. Diskutiert wird unter anderem eine frühere Abschaffung der EEG-Umlage. In der Koalition sei man dazu bereits im Gespräch, ergänzte Klingbeil auf Nachfrage: „Ich bin mir sicher, dass es dort sehr schnell zu Ergebnissen kommen kann.“
Positiver Blick in die Zukunft
Doch trotz der Probleme und Sorgen in der Gegenwart behält die SPD als progressive Kraft die Zukunft im Blick, wie Klingbeil weiter skizzierte. „Die SPD ist die politische Kraft die den Wandel beschreiben muss und die auch Lösungen anbieten muss um Menschen gut da durch zu bringen“, sagt er mit Blick auf die anstehende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Die SPD an der Seite der Menschen, die Sicherheit in diesem Wandel gibt, so beschreibt er die Aufgaben der Sozialdemokratie. „Wir haben viel vor für das Jahr 2022“, meint der Parteichef und nennt dabei konkret den Kampf gegen rechtspopulistische Kräfte in ganz Europa sowie die anstehenden Landtagswahlen in Deutschland.