SPD-Niederlage in Bayern: Nahles gegen rote Linien für große Koalition
Dirk Bleicker
Das Wahlergebnis tue unglaublich weh, auch am Tag danach, sagt Natascha Kohnen. Ihre Erfahrung aus dem zurückliegenden Wahlkampf bringt die SPD-Spitzenkandidatin aus Bayern so auf den Punkt: „Menschen begegnen uns mit großer Skepsis und unheimlicher Distanz.“ Um den Glauben an ihre Partei wieder zu wecken kündigt sie an, „in allen Gremien mit aller Offenheit über alles reden zu wollen“.
Keine „rote Linien“ für Fortbestand der großen Koalition
Am Tag nach der bitteren Niederlage bei der bayerischen Landtagswahl zieht Kohnen gemeinsam mit SPD-Parteichefin Andrea Nahles auf einer Pressekonferenz im Berliner Willy-Brandt-Haus Bilanz. Die SPD müsse jetzt zusammenstehen und nach vorne sehen, sagt Nahles. „Wir müssen klarer werden, in dem was wir wollen“, fügt sie hinzu. Allerdings habe man nicht alles alleine in der Hand, räumt sie mit Blick auf das schlechte Erscheinungsbild der großen Koalition ein. Die Regierungsbeteiligung der SPD sei Teil des Problems.
Rote Linien für den Fortbestand der großen Koalition will die Parteivorsitzende deshalb aber nicht verfolgen. Nahles: „Rote Linien zu definieren, halte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht für angesagt.“ Sie wolle den Fortbestand der Koalition nicht allein vom Ergebnis der Landtagswahl abhängig machen, sondern von der Frage, „inwieweit wir Themen umsetzen können“, erklärt sie. Klar sei aber auch, dass der Stil der Zusammenarbeit überarbeitet werden müsse, betont sie.
Nahles: „vom Ballast der Vergangenheit befreien“
Gleichzeitig mahnt Nahles mehr Tempo bei der Neuausrichtung der Partei an. „Die SPD muss sich vom Ballast der Vergangenheit befreien“, ist sie überzeugt. Ein neues Sozialstaatskonzept müsse eine Antwort auf die Frage bieten: „Was kommt nach Hartz IV?“. Die inhaltliche Neuausrichtung sei bereits angelegt, fügt sie hinzu und verweist damit auf Äußerungen in einem Interview mit der „Zeit“. Dort hatte Nahles erklärt, dass sich die SPD aus dem gedanklichen Gefängnis der Agendapolitik befreien und stattdessen ein neues Sozialstaatskonzept 2025 entwickeln müsse, das eine sozialdemokratische Antwort auf die Herausforderungen des digitalen Kapitalismus bietet.
Im Zusammenhang mit Fragen nach der inhaltlichen Neuausrichtung der SPD verwies Nahles zudem auf das bevorstehende Debattencamp der SPD im November. Dies ist Teil der Erneuerungsdebatte der Partei und wird sich inhaltlich mit vier Themenbereichen, wie „Wachstum für alle“, „Arbeit von morgen“, „neues Miteinander“ und „Wir in der Welt“ beschäftigen.
Auf Hessen-Wahl konzentrieren
Doch bevor die SPD alle Energie in die inhaltliche Debatte setze, gelte es zunächst, alle Power in den hessischen Wahlkampf zu stecken, betont Nahles. In Hessen wolle die SPD vor allem mit den Themen Wohnen, Zukunft der Arbeit und Mobilität punkten. Sie sehe sich durch Umfragen darin bestätigt, dass das die richtigen Themen seien, sagt die SPD-Chefin.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.