Inland

Masterplan Migration: Erneuter Alleingang

Auf die Vorstellung des „Masterplanes Migration“ von Horst Seehofer reagierten die Spitzen der SPD kühl, auf die jünsten Äußerungen des Bundesinnenministers mit deutlicher Kritik.
von Johanna Schmeller · 11. Juli 2018
Klares Zeichen für europäische Lösungen in der Asylpolitik: Die SPD lässt am Willy-Brandt-Haus in Berlin die Europafahne wehen statt der roten Parteifahne.
Klares Zeichen für europäische Lösungen in der Asylpolitik: Die SPD lässt am Willy-Brandt-Haus in Berlin die Europafahne wehen statt der roten Parteifahne.

Seit den umstrittenen Äußerungen zur Abschiebung von Flüchtlingen aus Afghanistan werden Rücktrittsforderungen laut. Ein aus Hamburg nach Kabul abgeschobener Afghane hatte sich bei seiner Rückkehr getötet. Juso-Chef Kevin Kühnert fordert nun den „überfälligen“ Rücktritt von Horst Seehofer: Der sei ein „erbärmlicher Zyniker und dem Amt charakterlich nicht gewachsen.“

„Ein Innenminister hat auch schwierige Entscheidungen zu treffen“, twitterte der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. „Zynismus als Grundlage verbietet sich dafür immer.“ In einem früheren Tweet bezeichnete er Seehofers Verhalten in der Flüchtlingsfrage als „politische Irrfahrt“.

In einem offenen Brief in der Süddeutschen Zeitung wirft SPD-Politikerin Renate Schmidt Seehofer den „Verrat an den Werten, für die wir in Deutschland und Europa stehen" vor. In deutlichen Worten kritisierte sie Seehofers „rüpelhaftes Benehmen gegenüber der Bundeskanzlerin“. Er klettere „mit der AfD auf den Fersen immer höher“ auf sein „Abschottungspodest“. Flüchtlinge setze er in Lagern bewusst Ausbeutung, Vergewaltigungen und sogar Mord aus und nehme es als „Teil der Lösung des Flüchtlingsproblems hin, Menschen wissentlich ertrinken zu lassen“. Der Bundesinnenminister verdiene keine Ehre. „Ab sofort sind die bisher 1400 Toten im Mittelmeer auch Ihre Toten“, so Schmidt.

Diesen Brief retweetete die Vorsitzende der SPD in Bayern und Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen Natascha Kohnen mit dem Zusatz: „Spricht mir aus dem Herzen.“

Auch Bundestagsvize Thomas Oppermann konstatierte in der Welt: „Seehofer benimmt sich wie ein AfD-Politiker.“ Er habe der AfD „einen großen Gefallen“ getan. Ein Innenminister werde an seinen Taten gemessen – und nicht an seinen Masterplänen.

Unabgestimmter „Masterplan“

In Seehofers Masterplan ist unter anderem eine Verschärfung des Asylrechts und eine stärkere Abschottung der deutsch-österreichischen Grenze vorgesehen.

„Herr Seehofer hat aus dem Koalitionsvertrag und seit letzter Woche genügend Aufträge, die er abarbeiten muss. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil gegenüber der FAZ. Die CSU rede das Land schlecht und ließe sich von Wut leiten, so Klingbeil.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner kommentierte: „Die SPD hat keinerlei Bedarf an weiteren Aufführungen im Sommertheater der CSU.“

Seehofer falle hinter die Vereinbarungen in der Koalition von Union und SPD zurück, dies sei „nicht hinnehmbar“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer gegenüber dem „Trierischen Volksfreund“. Es dürfe keinen Unterschied geben zwischen Vereinbarungen in der Koalition und konkretem Regierungshandeln.

„Wir haben ein Vollzugsdefizit (in der Asylpolitik, Anm. d. Red.), dass viele Menschen ohne Bleiberecht oder Straftäter nicht zurück in ihre Länder kehren", so Dreyer. Hier fehle es im zuständigen Bundesinnenministerium an sinnvollen Ideen.

“Die CSU lässt sich von Wut leiten“

Im "vorwärts"-Interview hatte Natascha Kohnen der CSU bereits vor dem erneuten Ausscheren Seehofers vorgeworfen, nur noch eingeschränkt regierungsfähig zu sein. Die Wortwahl von Ministerpräsident Söder sei von Rechtspopulisten kaum noch zu unterscheiden. Die CSU habe Bayern im „Zirkus um den sogenannten Asylkompromiss“ schon lächerlich gemacht. Transitzentren seien nichts anderes als Gefängnisse.

Für die Rückführung von Flüchtlingen innerhalb der EU nach den sogenannten Dublin-Regeln war in der Koalition ein beschleunigtes Verfahren beschlossen worden. Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte zunächst zugesagt, dass das Kabinett noch in diesem Jahr ein Einwanderungsgesetz auf den Weg bringen wolle. Nationale Alleingänge – also die Zurückweisung von Flüchtlingen an europäischen Binnengrenzen – hatte die SPD strikt abgelehnt.

Neben Politikern meldeten sich Intellektuelle zu Wort. Die Publizistin Carolin Emcke etwa, Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und Autorin – unter anderem – des Essays "Gegen den Hass" , brachte bereits Anfang Juli auf Twitter auf den Punkt: „Wenn sich die CSU als Oppositionspartei sieht, soll sie halt in die Opposition gehen.“

 

0 Kommentare
Noch keine Kommentare