Koalitionsvertrag in Berlin: Die rot-grün-rote „Zukunftshauptstadt“
imago images/Jürgen Ritter
Ein paar Tage hatten sich die Verhandlungen noch hinausgezögert, doch am Wochenende verkündeten SPD, Grüne und Linke dann schließlich die Einigung in Berlin. Die drei Parteien konnten sich in der Hauptstadt auf einen Koalitionsvertrag einigen, den sie nun ihren jeweiligen Parteigremien und Mitgliedern zur Abstimmung vorlegen wollen. Insgesamt ist das Werk auf rund 150 Seiten angewachsen - Ressortverteilung der Parteien inklusive.
Das Personal selbst ist zwar noch nicht gesetzt, aber auch so versteckt sich in der Zuteilung die eine oder andere Überraschung, da die drei Parteien mit anderer Stimmenverteilung bereits zuvor in Berlin gemeinsam regierten. Aus Rot-Rot-Grün wird Rot-Grün-Rot.
SPD Berlin stellt fünf Senator*innen
Als Wahlsieger gehen an die SPD Berlin demnach fünf Senatsverwaltungen:
- Senatskanzlei
- Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
- Inneres, Digitalisierung und Sport
- Wirtschaft, Energie und Betriebe
- Bildung, Jugend und Familie
Die Grünen erhalten demnach die Finanzverwaltung, die zuvor die SPD innehatte. Außerdem gehen die Ressorts Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und Verbraucherschutz, sowie Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung an die Grünen. An die Linke gehen drei Senatsverwaltungen: Kultur und Europa, außerdem Integration, Arbeit und Soziales, sowie Justiz, Vielfalt und Anti-Diskriminierung. Die Koalitionäre haben sich weitergehend darauf geeinigt, dass jede Partei eine*n Stellverter*in der Regierenden Bürgermeisterin entsenden wird.
Anders als ihr noch amtierender Vorgänger Michael Müller (SPD), will Wahlsiegerin Giffey nach eigenen Angaben kein zusätzliches Fachressort in die Senatskanzlei holen. „Ich glaube, dass es gut ist, wenn die Fachressort-Arbeit in den Fachressorts stattfindet“, erklärte sie dazu. In der Senatskanzlei solle es vorrangig um Kooperation und Koordination, aber auch um die Präsenz Berlins in Deutschland, Europa und international gehen. „Eine funktionierende Stadt“, wie Giffey an anderer Stelle noch betonte, sei der zentrale Aspekt für viele Berlinerinnen und Berliner.
Alle im Blick in der „Zukunftshauptstadt Berlin“
Überschrieben ist der Koalitionsvertrag mit „Zukunftshauptstadt Berlin – Sozial. Ökologisch. Vielfältig. Wirtschaftsstark.“ Um all diese Punkte zu vereinen, geht es laut Giffey nur mit Ausgleich und Balance. „Es geht nur, wenn wir alle im Blick haben“, erklärte sie am Montag mit Verweis auf ein Wahlkampf-Motto der SPD Berlin. Sie stellte dabei vor allem eine soziale und nachhaltige Stadtpolitik in den Mittelpunkt. Angefangen beim Versprechen, viele neue Wohnungen zu bauen, über den Anspruch, die Verwaltung zu verbessern und zusätzliches Personal einzustellen, bis hin zur Sicherheitspolitik gegen die organisierte Kriminalität in der Stadt (Zum gesamten Koalitionsvertrag „Zukunftshauptstadt Berlin“).
Gleichzeitig betonte sie auch die besondere Bedeutung Berlins nach innen und außen. „Wir sind Weltstadt, Hauptstadt und trotzdem immer auch Kiez“, sagte sie. Ihr Anspruch: Berlin zur alten Wirtschaftsstärke vor der Pandemie zurückführen, „nicht aus der Krise heraussparen, sondern investieren“. Dafür sollen die Haushaltsausgaben in der Zukunft angehoben, zusätzliches Personal eingestellt und eine Schulbauoffensive gestartet werden. „Wir werden nicht alle Wünsche erfüllen können, wir werden nicht alles sofort tun können“, warb Giffey dabei um Geduld. Gleichwohl nannte ihr Co-Parteivorsitzender Raed Saleh das Motto des Koalitionsvertrags ein „Versprechen“, noch besser Politik zu machen als die frühere Koalition in Berlin.
Wie es weitergeht
Während die Ressortverteilung und die Themen nun in den Verhandlungsteams vereinbart wurden, sind jetzt die Parteigremien der Koalition in spe dran: SPD und Grüne wollen jeweils auf Parteitagen über den Vertragsentwurf abstimmen – und zwar am 5. und 12. Dezember. Die Linke leitet eine Mitgliederbefragung ein, deren Ergebnis am 17. Dezember vorliegen soll.
Stimmen alle drei Parteien zu, könnte Franziska Giffey am 21. Dezember – also kurz vor Weihnachten – zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt werden und dann auch den Senat vorstellen. Genug Zeit sei dann dafür jedenfalls noch, meinte Giffey mit einem Lächeln am Montag.