Inland

EVG-Chef Burkert: „Belegschaft will wieder stolz auf die Bahn sein können“

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn stimmt am Dienstag, 23. September, über eine neue Konzernführung ab. Martin Burkert, der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), beschreibt die Erwartungen der Beschäftigten an das neue Management des Staatskonzerns.

von Nils Michaelis · 22. September 2025
Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert bei einer Pressekonferenz

Martin Burkert, EVG-Vorsitzender, bei einer Pressekonferenz am 22. September in Berlin.

Die Deutsche Bahn bestimmt mal wieder die Schlagzeilen. Am Wochenende war bekannt geworden, dass mit der bisherigen DB-Regio-Vorstandschefin Evelyn Palla erstmals eine Frau an der Spitze des Konzerns stehen soll. Am Dienstag entscheidet der Aufsichtsrat über diesen und weitere Personalvorschläge von Bundesverkehrsminister Patrick Schieder (CDU) für den künftigen DB-Vorstand.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kündigte am Montag an, gegen Palla und den von Schnieder vorgeschlagenen neuen Chef der Infrastruktur-Tochter DB InfraGo, Dirk Rompf, zu stimmen. EVG-Chef Martin Burkert wirft ihm vor, „mit seinem Sparwahn“ eine Mitschuld an den vielen Problemen der Bahn zu tragen. Im Interview beschreibt er, worauf es ankommt, um die Bahn besser aufzustellen und welche Weichenstellungen die Beschäftigten vom künftigen Vorstand erwarten.

Welche Erwartungen haben die Beschäftigten an die neue Bahnführung? 

Die Belegschaft will endlich wieder stolz auf ihre Bahn sein können. Dazu braucht es auskömmliches Personal und mehr Entscheidungskompetenzen in der Fläche vor Ort. Das sind Erwartungshaltungen, die wir neben den tarifvertraglichen Themen haben. Letztere werden wir aber erst im Jahr 2027 bei Tarifverhandlungen angehen können. 

Sie haben vor einem sich verschärfenden Fachkräftemangel bei der Bahn gewarnt. Welche Schritte erwarten sie von der kommenden Konzernspitze, um das Arbeiten in dem Konzern attraktiver zu machen? 

Der Fachkräftemangel wird in naher Zukunft nicht nur die Bahn, sondern sämtliche Branchen in Deutschland treffen. Wir als EVG fordern für das kommende Jahr mindestens 5.000 Auszubildende in 50 Ausbildungsberufen und in 25 Studiengängen. Die Deutsche Bahn hat als Unternehmen im Eigentum des Bundes auch einen gesellschaftlichen Auftrag.

In welchen Konzernbereich ist der Fachkräftemangel am größten?

Neben den Lokführer*innen fehlt es vor allem in den Stellwerken an Personal. Dort muss man hochkonzentriert arbeiten und es herrscht an 365 Tagen im Jahr Schichtdienst. Schon während der Ausbildung zur oder zum Fahrdienstleiter*in gibt es eine hohe Fluktuation.

In den nächsten zehn Jahren werden 100.000 Menschen aus rein demografischen Gründen das Unternehmen verlassen und in Ruhestand gehen. Es müssen also 100.000 Beschäftigte neu hinzukommen. Deswegen spielt die Übernahme von Auszubildenden eine große Rolle, aber auch Quereinsteiger*innen müssen wir gewinnen. Bei der Bahn arbeiten Menschen aus 175 Nationen zusammen, und zwar ausgesprochen gut. 

Sie haben vor allem zusätzliches Personal für die Betreuung von Reisenden in den Zügen gefordert. In welcher Größenordnung muss man sich das vorstellen? 

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder betont in seiner Bahnstrategie, dass es in den Zügen mehr Sauberkeit, Sicherheit und Kundenkomfort braucht. Damit hat er absolut recht. Die Sicherheit muss gewährleistet sein, Kontrollen müssen stattfinden, alle Bordbistros müssen funktionstüchtig sein. Und dafür braucht es genügend Personal. 

Derzeit müssen mitunter zwei Zugbegleiter*innen bis zu 1000 ICE-Fahrgäste betreuen. Die können nicht einmal mehr alle Fahrkarten kontrollieren. So etwas darf nicht sein. Die Kunden, insbesondere viele ältere Menschen, brauchen Ansprechpartner*innen. 

Und das gilt nicht nur für die Züge, sondern auch in den Bahnhöfen. Eigentlich müsste man sofort die Schließung von Bahn-Reisezentren stoppen. Das ist unsere Erwartungshaltung. 

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