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„Zwischen Staat und Markt eine neue Balance finden“

von Michelle Schumann · 18. Februar 2009
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"Jeder von Ihnen muss ein Interesse an einem stabilen Finanzsystem in Deutschland haben", sprach Peer Steinbrück die über 400 Zuhörer im Düsseldorfer Capitol-Theater direkt an. Er wolle keine technokratische Argumentation vorbringen, warum die Hilfen in Milliardenhöhe notwendig seien und lieferte seinem Publikum stattdessen eine differenzierte Betrachtung der Ursachen, Zusammenhänge sowie der Auswirkungen der Krise.


Stabiles Finanzsystem für jeden notwendig


Grundsätzlich müsse man natürlich die Frage stellen, ob Banken auch pleite gehen können. Die andere Frage sei aber auch, "was dann passiert - auch im Interesse derjenigen, die dort ihr Geld liegen haben", so Steinbrück. Das seien neben privaten Anlegern auch Sparkassen oder Berufsgenossenschaften und somit Rentner oder junge Familien, Handwerker, Kommunalpolitiker oder Gewerkschafter. Sie alle bräuchten Finanzierungen, Kleinkredite oder Investitionen - das ginge nur mit einem funktionierenden Bankenwesen.


"Viele Unsicherheiten, wenige Informationen"

Für Situationen wie derzeit gäbe es keinen Plan, auch nicht im Regal des Ministerbüros, den er einfach aus dem Schrank nehmen könne, "worin steht, wie verhalte ich mich". Seine Handlungsweise richte sich nach dem Prinzip der Verantwortung - die Politik müsse das Gesamtinteresse, auch gerade das der Steuerzahler berücksichtigen, stabilisieren und Fehler korrigieren. Derzeit gäbe es "viele Unsicherheiten bei wenigen Informationen", so Steinbrück weiter.
Doch trotz der schwierigen Situation erweckte der Finanzminister nicht den Anschein von Unsicherheit. Er bleibe dabei: "Nach der Krise ist nichts mehr so wie vorher", sagte Steinbrück.


Neue Regeln notwendig


Ordnungspolitisch wurde Deutschland lange Zeit das Ideal der sozialen Marktwirtschaft vorgehalten, doch nun zeige sich, das neue internationale Regeln dringend notwendig seien. Zukünftig sollten Finanzprodukte, ähnlich wie Medikamente, zunächst auf Verträglichkeit geprüft und erst dann zugelassen werden. Auch die Bankenaufsicht bedürfe einer Verbesserung, verlangte er. Steuerhinterziehungen und Verlagerungen von Kapital in Länder, die er "aus dem Tourismuskatalog" kenne geißelte Steinbrück scharf und kritisierte auch die jüngsten Forderungen nach Boni-Zahlungen für Manager.


Das Politische wiederbeleben

Es brauche "eine Wiederbelebung des Politischen und der Politik" und einen Staat, der in der Lage sei, Regeln zu erlassen und durchzusetzen. Daran anknüpfend mahnte Steinbrück die Elite in der Gesellschaft, ihre Vorbildfunktion ernst zu nehmen. "Sonst erodiert das Vertrauen."


Das neue Jahrzehnt müsse sozial und demokratisch gestaltet werden - dies sei die Aufgabe für Sozialdemokraten. Und wer sich nicht einmische, so Steinbrücks Apell an die Zuhörer, "der muss sich nicht wundern, wenn er am Ende von Dümmeren regiert wird, als er selbst."

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Autor*in
Michelle Schumann

Volontärin beim vorwärts, Ratsmitglied der Stadt Herne

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