Parteileben

Vorabend der Revolution

von Kai Doering · 25. Januar 2014

Diesmal wird vieles anders. Bei der Europawahl im Mai entscheiden erstmals die Bürger, wer der künftige Präsident der EU-Kommission wird. Die historische Bedeutung dieser Wahl war auch beim "vorwärts"-Presseabend spürbar, bei dem sich Parteispitze und Journalisten auf Europadelegiertenkonferenz und Parteitag einstimmten.

Hier spielten schon Louis Armstrong, Duke Ellingtong und Ella Fitzgerald vor einem begeisterten Publikum. Hier feierten David Bowie, Lou Reed und Romy Haag die Nächte durch. Und hier, im Ellington-Hotel nahe es Berliner Kurfürstendamms, stimmte sich die SPD auf zwei Konferenzen ein, bei denen sie wichtige Positionen neu besetzt und eine "historische Entscheidung" vorbereitet. Das zumindest ist für Parteichef Sigmar Gabriel die geplante Wahl von Martin Schulz zum Spitzenkandidaten aller sozialdemokratischen Parteien Europas.

Die Entscheidung fällt zwar erst im März in Rom, doch wichtige Weichen wird die SPD bereits am Sonntag stellen: Auf ihrer Europadelegiertenkonferenz stellt sie ihre nationale Kandidatenliste für die Europawahl am 25. Mai auf - und wählt Martin Schulz zum nationalen Spitzenkandidaten. Im Anschluss findet ein außerordentlicher Bundesparteitag statt, auf dem Yasmin Fahimi zur neuen Generalsekretärin, Dietmar Nietan zum neuen Schatzmeister und Ralf Stegner zum sechsten Vizevorsitzenden gewählt werden sollen.

Martin Schulz zeigte sich am Vorabend beim traditionellen Presseempfang des "vorwärts" im Ellington siegesgewiss: "Ein Sieg bei der Europawahl wird die erste Aufgabe der SPD im Jahr 2014", rief er den rund 400 Gästen aus Politik und Presse zu. Zwar liege eine schwierige Aufgabe vor den Sozialdemokraten, aber "wir haben allen Grund, stolz vor unsere Wähler zu treten": Schließlich kämpfe die SPD bereits seit 150 Jahren für Solidarität.

"Ein Europawahlkampf wie wir ihn noch nie geführt haben"

Die hat Europa zurzeit bitter nötig. Die Krise ist noch nicht überwunden und hat für ein Auseinanderdriften des Staatenverbunds gesorgt. "Viele Menschen haben angefangen, das europäische Einigungswerk in Zweifel zu ziehen", klagte Schulz. Auch die Presse leiste ihren Anteil dazu. Doch Schulz stellte klar: "Die EU ist kein Selbstzweck zur Bereicherung Superreicher, sondern ein Schutzprojekt für die kleinen Leute." Um dieses weiter voranzutreiben, möchte Schulz, zurzeit Präsident des Europäischen Parlaments, Präsident der EU-Kommission werden. Der wichtige Posten dürfe nicht weiter "nach taktischen Spielchen" der Staats- und Regierungschefs vergeben werden, sondern müsse anhand der Ergebnisse der Parteifamilien bei der Europawahl besetzt werden. "Wir streben nicht weniger als eine Revolution an", versprach Schulz.

Auf die Unterstützung seiner Partei kann er sich dabei verlassen. "Wir werden einen Europawahlkampf führen, wie wir ihn noch nie geführt haben", versprach SPD-Chef Sigmar Gabriel. Es gebe nach dieser Wahl die "historische Chance, zum zweiten Mal einen Kommissionpräsidenten aus Deutschland zu stellen". Der erste und bisher letzte war Walter Hallstein, der das Am von 1958 bis 1967 inne hatte. Dass Martin Schulz der erste gemeinsame sozialdemokratische Spitzenkandidat werden wird, mache die "deutschen Sozialdemokraten außerdordentlich stolz".

Hier sehen Sie einige Eindrücke des Abends in einer Bildergalerie.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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