Parteileben

Vom Notnagel zum Erfolgsmodell

von ohne Autor · 8. November 2011
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An diesem frühen Dienstagabend fühlt sich Sigmar Gabriel sichtbar wohl im Willy-Brandt-Haus. "Es ist richtig schön, mal nur unter Genossen zu sein", erklärt der SPD-Chef seine gute Laune. Zwar sind die, die vor ihm sitzen, nicht alle Mitglied seiner Partei, aber zumindest Mitglied einer Genossenschaft, "Genossen" im besten Sinne des Wortes also.

"Genossenschaften sind immer ein wichtiger Teil der Arbeiterschaft gewesen", betont Gabriel. Schon Ferdinand Lassalle, einer der Urväter der Sozialdemokratie, rief im 19. Jahrhundert die Arbeiter dazu auf, Genossenschaften zu gründen, "um ihre legitimen Interessen zu befriedigen", wie es Lassalle ausdrückte. "Genossenschaften wurden von den Arbeitern in Notwehr gegen Hunger und Elend gegründet", erinnert Gabriel an diese Ursprünge.

Wirtschaften mit Verantwortung

Dennoch entwickelten sie sich zu einem wirtschaftlichen Erfolgsmodell in den unterschiedlichsten Ausprägungen. Heute gibt es Genossenschaften fürs Wohnen, um Geld anzulegen oder Energie zu erzeugen. Und gerade die andauernde Wirtschaftskrise zeige, dass die allein Gewinn orientierte Wirtschaft gescheitert sei. Es sei wichtig, dass die Leistung eines Unternehmens nicht nur nach seinem Wirtschaftswachstum, sondern auch an sozialen Kriterien gemessen werde. "Und Wirtschaften mit Verantwortung zeichnet Genossenschaften aus."

Grund genug für die SPD und ihre Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger (AGS), in diesem Jahr drei Genossenschaften mit dem Innovationspreis auszuzeichnen. Und da die "Renaissance des Genossenschaftsgedankens" vor allem den Energiegenossenschaften zu verdanken sei, lag auch die Wahl der " Elektrizitätswerke Schönau" nah. Gegründet nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 versorgen die Baden-Württemberger mittlerweile 115 000 Abnehmer mit regenerativer Energie - in Eigenregie.

Das größte Gründerzentrum Europas

Eine Erfolgsgeschichte ist auch die " WeiberWirtschaft" aus Berlin. Seit ihrer Gründung 1989 ist die Frauengenossenschaft deutlich gewachsen. In einem alten Fabrikgebäude beherbergt sie mittlerweile knapp 1700 Frauen aus mehr als 50 Unternehmen. Mitten in der Hauptstadt steht damit offiziell das größte Gründerinnenzentrum Europas.

"Neue Ansätze im Genossenschaftswesen" verspricht der dritte Preisträger. Die " innova eG" aus Leipzig unterstützt bundesweit Genossenschaftsgründer und hilft ihnen bei der Abwicklung der Formalitäten. Sie sorgt damit auch dafür, dass sich Genossenschaften weiter verbreiten. Doch nicht nur ihretwegen kommt Sigmar Gabriel bei der Verleihung des Innovationspreis zu seiner Prognose: "Wer für eine solidarischere Wirtschaft eintritt, kommt an den Genossenschaften nicht vorbei."

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